Wolf Dieter Blümel

Wüsten


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Die weiter nach Osten liegende Kalahari ist ein Gebiet ohne Oberflächenwasser und vor allem mit Dünen besetzt, aber aufgrund seines Bewuchses ist der ehemalige Erg heute als Dornbusch- oder Wüstensavanne einzustufen.

      Australien gilt als „Kontinent der Wüsten“. Die meisten Teilwüsten (Große Sandwüste, Gibson-, Simpson-, Great Victoria-, Sturt-, Strezlecki- und Tanami-Wüste) sind genetisch zu den Wendekreiswüsten zu rechnen. Es wurde bereits angemerkt, dass Australiens Wüsten aufgrund ihres Bewuchses den Charakter von Halbwüsten, Buschland (shrub lands) o.Ä. tragen. Die Niederschläge sind im Durchschnitt auch in meeresfernen, trockensten Gebieten meist nicht niedriger als 125/100 mm/Jahr. Andererseits ist in den teilweise weidewirtschaftlich genutzten Halbwüsten und angrenzenden feuchteren Gebieten das Dürrerisiko sehr hoch. Grund dafür ist die sehr hohe Variabilität der Niederschläge, die sich aus dem Grenz- bzw. Überlappungsbereich des tropischen Sommerregenregimes mit der außertropischen Westwinddrift ergibt. Beide großen Regime sind nur mit ihren Rändern und Ausläufern über Australien wirksam, daher auch wenig ergiebig und verlässlich (Kap. 14).

      4.2 Kontinental-klimatische Wüsten

      Auch in dieser Wüstenkategorie der trockenen sowie winterkalten Mittelbreiten ist der klimatische Wassermangel für die Existenz wüstenhafter Naturzustände verantwortlich. Es ist die meeresferne, extrem kontinentale Lage nahe den Zentren größerer Landmassen, die nur noch geringe Niederschläge ermöglicht. Regenbringende Tiefdruckwirbel haben bereits einen Großteil ihrer Feuchte abgegeben, wenn sie das Innere der Kontinente erreichen. Je größer die Distanz zum Meer, desto größer die Aridität. Mit zunehmender Trockenheit wächst auch die raum-zeitliche Variabilität der Niederschläge als ein Wesensmerkmal der Trockengebiete und darin der Wüsten. Solche kontinental-klimatischen Wüsten (Binnenwüsten) finden sich vor allem im russisch-asiatischen Raum östlich und südlich der Steppengebiete bis etwa 50° nördlicher Breite. Zu den binnenklimatischen, winterkalten Wüsten (BWk-Klima nach Köppen) zählen die Kysylkum (Usbekistan) und die Karakum (Turkmenistan) im aralo-kaspischen Tiefland. Sehr häufig werden das Tarim-Becken mit der Takla Makan, Teile der Gobi (Shamo) oder die Dsungarei dieser Wüstenkategorie zugerechnet, ebenfalls die Tengger Shamo und Badain Jaran Shamo (China). In Nordamerika zählt das Great Basin der USA zu den Binnenwüsten (Abb. 11).

      Abb. 11

      Verbreitung der Trockengebiete und Wüsten in den Mittelbreiten. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt in den kontinental-klimatischen Bereichen Eurasiens und Nordamerikas (ungefähr zwischen 35° und 55° N). Zusätzlich wirken die Rocky Mountains oder die innerasiatischen Gebirge als Niederschlagsfänger. In Südamerika verursacht die Anden-Leelage das ostpatagonische Trockengebiet (aus Schultz 2000).

      Zwei große Windsysteme stehen im Kontext mit kontinentalen Wüsten: Es sind zum einen vor allem abgeschwächte, auslaufende Tiefdruckausläufer (Westwindzone), also advektive Niederschläge, die die innerkontinentalen Wüsten verursachen. Es ist jedoch zu beachten, dass die (meist) extreme lagebedingte Trockenheit durch orographische Effekte verstärkt wird: So schirmen Pamir-Hochland und Tianschan-Gebirge das Tarim-Becken, Gebirgszüge wie Altai sowie West- und Ostsajan die Gobi von westlichen, potenziell Regen bringenden Winden ab. Zum anderen verhindern die Himalaya-Ketten und das weite Tibet-Plateau mit dem nördlichen Kunlunschan-Gebirge und Hinterindien monsunale Niederschläge in Innerasien. Demzufolge müssten diese Regionen eigentlich zu den komplexen Wüstentypen gerechnet werden (Kap. 4.7).

      4.3 Orographische Wüsten (Regenschattenwüsten)

      Aufgrund der jungen tertiären Gebirgsbildung sind Reliefsituationen entstanden, in denen quer zu den dominanten Windregimen Höhenzüge verlaufen, die bereits alleine Aridität erzeugen. Aus der Existenz und räumlichen Anordnung von höheren Gebirgen können Wüsten entstehen, auch wenn die großklimatische Lage dies nicht erwarten lassen würde. So ist eine der touristisch bekanntesten Wüsten – das Tal des Todes (Death Valley) in Kalifornien – eine Regenschatten- oder Leeseiten-Wüste. Die 86 m unter dem Meeresspiegelniveau liegende Depression erstreckt sich im Lee der Sierra Nevada (), die in starkem Maße die Niederschlag bringenden Westwinde abfängt (Steigungsregen). Beim bzw. nach dem Übersteigen der NNW – SSE streichenden Hochlagen (Mt. Whitney: 4400 m; Panamint Range: 3366 m) lösen sich die restlichen Wolken auf. Beim trocken-adiabatischen Abstieg über mehrere tausend Meter erwärmt sich die Luftmasse weiter und erreicht die Längsfurche des Death Valley mit sehr geringer relativer Luftfeuchte (Foto 4). Die starke Einstrahlung bewirkt Tagestemperaturen von oft über 50 °C. Es ist somit ein Föhn-Effekt, der die Aridität und damit die wüstenhaften Lebensbedingungen erklärt. Gerade bei sehr hoch aufragenden Gebirgen ist auch der Erwärmungs- und Untersättigungseffekt der absteigenden Luftmassen entsprechend hoch.

      Foto 4

      Das Death Valley (Tal des Todes) in Kalifornien gilt als Prototyp einer extremen orographischen Wüste: Die im Lee der Panamint Range (Sierra Nevada) mit über 3000 m Höhe auf unter den Meeresspiegel (– 86 m u.M.) absteigenden Luftmassen erreichen den Boden der Senke extrem trocken (untersättigt) und verhindern Kondensation.

      Weitere orographische Wüsten finden sich im Südwesten der USA im Windschatten der Sierra Nevada (Mojave, Foto 1), in den Basin-Range-Strukturen (Sonora) und im Norden Mexikos (Chihuahua). In Südamerika liegen Wüsten im Lee der Anden-Kette – die Atacama im Lee des Monsuns, die Halbwüste/Steppe der argentinischen Pampa im Regenschatten der Westwindzone (Abb. 11). Topographische Ariditätseffekte wirken sich auch in der Namib, Tharr, Gobi o.a. aus, gekoppelt an weitere oder übergeordnete Trockenheitsursachen. Zahlreiche Wüsten haben de facto komplexe Ursachen (z. B. Namib; Abb. 12) oder sind in ihrem Gesamtcharakter als Wüsten regional zu differenzieren (Kap. 4.7).

      4.4 Edaphische Wüsten

      Diese Kategorie von Wüsten verdankt ihre Entstehung den Eigenschaften des oberflächennahen Untergrundes. Sie existieren dort, wo sie aus klimatischen Gründen nicht zu erwarten wären: Trotz potenziellen Halbwüsten-Klimas stellt sich eine Vollwüste ein. Wo die Niederschläge eine Trockensavanne, einen Buschwald oder eine Steppe hervorbringen könnten, sind regional wüstenhafte Zustände mit nur karger Vegetation entwickelt.

      Edaphische Wüsten sind auf die mangelnde Wasserspeicherungskapazität der Böden oder Substrate zurückzuführen. Der Großteil des Wassers versickert rasch in klüftigen oder sehr porösen Gesteinen, Krustenbildungen oder Verwitterungsdecken und steht im potenziellen Wurzelraum von Gräsern, Kräutern oder niedrigen Sträuchern nicht zur Verfügung.

      Edaphische Wüsten finden sich oft auf jungen Vulkaniten oder grobkörnigen Sedimentkörpern (Schuttdecken, Geröllakkumulationen usw.). Bisweilen treten Bäume darin auf, die es geschafft haben, ein tief reichendes Wurzelsystem zu entwickeln und damit tieferes Bodenwasser zu erreichen. Als Beispiel sei auf die heute fixierten Kalahari-Dünen verwiesen (Fotos 37, 59, 60). Hier wachsen auf dem gut durchlässigen Sand vermehrt Bäume, während in den nur wenig oder gar nicht übersandeten Dünentälern Gräser, Kräuter und Halbsträucher vorkommen.

      Besondere Substrate wie Salztonebenen oder Salzpfannen (Salare, Sebkhas, Playas) können ebenfalls als edaphischer Spezialfall innerhalb einer klimatischen Wüste aufgefasst werden, da sie nur spezielle, Salz verträgliche Pflanzen zulassen. Wenn der Begriff edaphische Wüste für einen wüstenhaften Standort benutzt wird, sollten die umgebenden Vegetationsformationen bei gleichem Klima einen deutlich stärkeren Pflanzenbesatz zeigen und damit einer anderen Formation als der Wüste zugerechnet werden.

      4.5 Küstenwüsten

      Aufquellende küstennahe polare Kaltwassermassen mit Oberflächentemperaturen zwischen 14 und 17 °C im Humboldt-Strom bzw. 14 °C