Familiensachen“ (§ 111 Nr. 10 FamFG) bedarf der näheren Bestimmung. Sie findet sich in § 266 FamFG. „Sonstige Familiensachen“ sind danach Verfahren, die folgende Bereiche betreffen:
1. Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 BGB zwischen einer solchen und einer dritten Person (Horndasch/Viefhues 2014). In allen Fällen ist Voraussetzung, dass ein Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses besteht. Dritte Personen sind danach nur beteiligt, sofern Ansprüche aus den §§ 1298, 1299 BGB geltend gemacht werden, z. B. Verfahren auf Rückgabe von Geschenken oder sonstigen Zuwendungen.
2. Aus der Ehe herrührende Ansprüche, wie z. B. die aus § 1353 BGB herzuleitenden Ansprüche, etwa auf Mitwirkung bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung, Ansprüche, die das absolute Recht zur ehelichen Lebensgemeinschaft verwirklichen, wie etwa Abwehr- und Unterlassungsansprüche gegen Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe gegenüber dem anderen Ehegatten oder einem Dritten (sog. Ehestörungsklagen) oder diesbezügliche Schadensersatzansprüche.
3. Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil. Voraussetzung ist ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe, z. B. auch die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten außerhalb des Güterrechts, wie auch die Auseinandersetzung zwischen einem Ehegatten und dessen Eltern oder den Eltern des anderen Ehegatten aus Anlass der Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe, z. B. die Rückabwicklung von Zuwendungen der Schwiegereltern.
4. Aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche – ergänzend zur Zuständigkeit in Kindschaftssachen. Hierunter fallen z. B. Streitigkeiten wegen der Verwaltung des Kindesvermögens, auch soweit es sich um Schadensersatzansprüche handelt. Der Anspruch muss allerdings im Eltern-Kind-Verhältnis selbst seine Grundlage haben, ein bloßer Zusammenhang hierzu genügt nicht.
5. Aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche wie etwa Schadensersatzanspruch wegen Nichteinhaltens der Umgangsregelung, jedoch nicht das Verfahren wegen des Umgangsrechts selbst.
Zuständigkeitsvorbehalt
Für alle fünf genannten Bereiche gilt jedoch, dass es sich nur um „sonstige Familiensachen“ handelt, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k der Zivilprozessordnung (ZPO) genannten Sachgebiete (siehe dort), das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften ohnehin um eine Familiensache handelt.
Schließlich fallen unter „sonstige Familiensachen“ auch Verfahren über einen Antrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 BGB, mit dem ein Ehegatte die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen möchte.
1.3 Materielles Recht
Das Familiengericht wendet zur Entscheidungsfindung – unter Beachtung der angesprochenen Verfahrensregelungen des FamFG – das materielle Familienrecht an.
BGB
Die wesentlichen Inhalte des materiellen Familienrechts sind im 4. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. Es enthält u. a. Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Ehe und Familie mit den Schwerpunkten Eheschließung, Scheidung und Unterhalt, und auch über die Rechtsbeziehung der Eltern zu den Kindern, also insbesondere das Sorgerecht und das Vaterschaftsrecht (Abb. 2).
Abb. 2: Aufbau des Familienrechts im BGB
2 Paarbeziehungen
2.1 Verlöbnis, § 1297 BGB
Das Familienrecht regelt in den §§ 1297 bis 1302 BGB zunächst, als eine wichtige Institution, das Verlöbnis (u. a. Eingehung, Wirkungen) als Vorstufe der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft (Prütting et al. 2017).
2.1.1 Begriff und Rechtsnatur
Definition
Das Verlöbnis ist ein gegenseitiges formfreies Versprechen, künftig miteinander die Ehe einzugehen (Gernhuber/Coester-Waltjen 2010). Es begründet ein erhöhtes Einstehenmüssen und zwar auch im Sinne einer Garantenstellung gemäß § 13 StGB mit einer daraus resultierenden strafbewehrten Verpflichtung zum aktiven Handeln zum Schutz des Partners, weil ein familienrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet wird (Dethloff 2015, Anmerkung: vgl. auch § 1 Abs. 4 LPartG).
Vertrag
Die Rechtsnatur des Verlöbnisses ist umstritten (hierzu Dethloff 2015). Das Eheversprechen und das dadurch begründete Rechtsverhältnis sind nach herrschender Vertragstheorie ein Vertrag, auf den die allg. Vorschriften der §§ 104 ff., 145 ff. BGB Anwendung finden, jedoch mit Ausnahme der §§ 164 ff. BGB, sodass Stellvertretung ausgeschlossen ist (Gernhuber/Coester-Waltjen 2010).
Folgt man der Einordnung als Vertrag, so gelten die Vorschriften über das Wirksamwerden von Rechtsgeschäften. Die Verlobten müssen, damit ein Verlöbnis als wirksam zustande gekommen gilt, zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben, die dem jeweils anderen zugegangen sein müssen. Inhalt der Erklärungen muss das ernsthafte gegenseitige Versprechen sein, einander zu heiraten. Eine Form ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass diese Willenserklärungen auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, abgegeben werden können. Es kann daher unter Umständen sogar schon ausreichen, die Eheringe zu kaufen, wenn dem ein entsprechender übereinstimmender Erklärungswert zukommt.
Aufgrund der Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ist aber weitere Voraussetzung für den Abschluss eines Verlöbnisses auch die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlobung. Bei Geschäftsunfähigkeit eines der Beteiligten liegt daher kein wirksames Verlöbnis vor. Bei beschränkter Geschäftsfähigkeit gelten die §§ 106 ff. BGB. Eine minderjährige Person bedarf demnach für eine wirksame Verlobung der vorherigen Einwilligung oder nachträglichen Genehmigung der gesetzlichen Vertreter (§§ 107, 108 Abs. 1 BGB).
Unwirksamkeit
Das Verlöbnis eines Verheirateten ist sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) und zwar unabhängig von der Kenntnis eines oder beider Beteiligten.
Rückforderung
Ist ein Verlöbnis wegen eines in der Person eines Verlobten liegenden Grundes, etwa weil er verheiratet oder schon verlobt ist, nichtig, kann der gutgläubige andere Verlobte Geschenke, die er im Vertrauen auf die Verlobung gemacht hat, gemäß § 1301 BGB herausverlangen (OLG Schleswig, Beschluss vom 06.12.2013, 10 UF 35/13; Palandt 2017). § 1301 BGB ist also auch anwendbar, wenn das Verlöbnis nichtig ist, der Schenkende jedoch die Schenkung im Vertrauen auf die Gültigkeit des Verlöbnisses vollzogen hat.
2.1.2 Wirkungen
nicht klagbar
Das Verlöbnis begründet keine klagbare Verpflichtung zur Eingehung der Ehe (§ 1297 Abs. 1 BGB). Das Versprechen zur Eingehung der Ehe ist daher gemäß § 120 Abs. 3 FamFG auch nicht vollstreckbar (Prütting/Helms 2013) und kann nach § 1297 Abs. 2 BGB nicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert werden.
Sonderrechte
Im Zivil- und im Strafprozess können sich Verlobte auf Zeugnisverweigerungsrechte (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und im Strafprozessrecht auf Auskunftsverweigerungsrechte (§ 55 StPO) berufen.
2.1.3 Beendigung des Verlöbnisses
Gründe
Das Verlöbnis wird durch die Eheschließung, durch den Tod, durch eine einvernehmliche Entlobung oder durch Rücktritt nach §§ 1298 ff. BGB beendet. Nach § 1298 BGB ist ein Rücktritt ohne wichtigen Grund jederzeit möglich.
Folgen
Der