Ben Godde

Einführung Gerontopsychologie


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Designs erlauben keine kausalen Aussagen, etwa in dem Sinne, dass z. B. aufgrund des Alters die kognitive Leistung schlechter sei. Es lässt sich für dieses Beispiel lediglich schließen, dass Ältere in der Regel neben dem höheren Lebensalter auch eine schlechtere kognitive Leistung aufweisen.

      Der Vorteil des korrelativen Designs liegt insbesondere darin, dass keine Altersgruppen gebildet werden müssen, sondern Alter als kontinuierliche Variable verwendet werden kann (Abbildung 3.2).

      Korrelationen können scheinbare Zusammenhänge zwischen Variablen vorspiegeln, wenn beide gleichermaßen oder gegensätzlich von einer dritten Variablen beeinflusst werden. Aus dem Befund, dass ein aktiver Lebensstil positiv mit der kognitiven Leistung älterer Personen korreliert, folgt also keineswegs, dass ein aktiver Lebensstil die kognitiven Fähigkeiten im Alter verbessert oder umgekehrt. So könnte z. B. eine hohe Bildung sowohl einen aktiven Lebensstil als auch die kognitive Leistung positiv beeinflussen, und es könnte dadurch zu einer hohen Korrelation zwischen diesen beiden Variablen kommen.

      Korrelationsstudien mit Alter als Variable erfordern in der Regel hohe Fallzahlen, um einerseits einen großen Altersbereich (optimaler Weise den gesamten Lebensverlauf) abzudecken und andererseits genügend statistische Erklärungskraft (statistische Power) für die Kontrolle der konfundierenden Faktoren zu haben. Verwendet werden deshalb häufig große Datensätze aus repräsentativen Umfragen oder Panelstudien mit vielen hundert bis mehreren tausend Individuen.

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      Eine große sozial- und verhaltenswissenschaftliche Panelstudie in Deutschland ist das sogenannte Sozio-ökonomische Panel (SOEP, s. Linkliste im Anhang). Diese jährliche repräsentative Befragung von ca. 30.000 Personen in fast 11.000 Haushalten läuft bereits seit mehr als 30 Jahren. Auskunft geben die Teilnehmer u. a. zu Einkommen, Beruf, Bildungs- und Familienstand sowie zu Gesundheitsfragen und psychologischen Aspekten, wie z. B. der kognitiven Leistung oder Persönlichkeitsmerkmalen. Diese Studie erlaubt es, individuelle Veränderungen über die Zeit miteinander oder mit langfristigen sozialen oder gesellschaftlichen Veränderungen in Beziehung zu setzen.

      Solch große Datensätze wie das SOEP können außer mit Korrelationsanalysen auf unterschiedliche Art und Weise ausgewertet werden. Hierzu gehören die (multiple) Regression, die logistische Regression, Strukturgleichungsmodelle (SEM) oder hierarchische lineare Modelle (HLM).

      Multiple Regression

      Die (multiple) Regression erlaubt im Unterschied zur einfachen Korrelationsanalyse, die Vorhersagekraft einer unabhängigen Variablen (z. B. Alter) auf die abhängige Variable, aber auch die spezifische und gemeinsame Vorhersagekraft verschiedener unabhängiger Variablen, wie z. B. Alter, Bildung und Gesundheit zu untersuchen. In der Tat findet man häufig, dass scheinbare Alterseffekte (gefunden in der Korrelations- oder einfachen Regressionsanalyse) gar nicht primär dem Alter zugeschrieben werden dürfen, sondern die Vorhersagekraft des Alters geringer wird oder verschwindet, wenn weitere Faktoren in das Regressionsmodell aufgenommen werden. Insbesondere erlauben solche multivariaten Regressionsmodelle jedoch Aussagen über kausale Zusammenhänge, indem die statistische Signifikanz wechselseitiger Einflüsse (von x auf y und von y auf x) bestimmt und verglichen werden kann.

      Logistische Regression

      Mithilfe der logistischen Regression testen Forscher die Wahrscheinlichkeit, dass ein Individuum einen bestimmten Wert auf einer Ja/Nein-Skala erhält, also zum Beispiel eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, an Demenz zu erkranken, oder zu der Gruppe der Survivors zu gehören, also derjenigen Mitglieder einer Kohorte, die bis zum Messzeitpunkt überleben. Strukturgleichungsmodelle oder hierarchische lineare Modelle erlauben gegenüber der multiplen und logistischen Regression noch komplexere Aussagen über die Zusammenhänge zwischen gemessenen und auch über nicht gemessene, sogenannte latente Variablen.

      Latente und manifeste Variablen

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      Unter latenten Variablen versteht man theoretische Konstrukte, die sich nicht direkt beobachten lassen und deshalb durch sogenannte manifeste, d.h. messbare Variablen, operationalisiert werden müssen. Von beobachteten manifesten Variablen kann auch auf das Vorhandensein von latenten Variablen geschlossen werden.

      Längsschnittdesigns

      In Längsschnittdesigns werden dieselben Probandengruppen (z.B. unterschiedliche Altersgruppen) wiederholt zu verschiedenen Messzeitpunkten untersucht, um Veränderungen im Entwicklungsverlauf festzuhalten. So können gemeinsame Entwicklungsmuster sowie individuelle Unterschiede erkannt werden. Aber auch längsschnittliche Studien haben Nachteile (Abbildung 3.2). Diese sind beispielsweise, neben dem zeitlichen Aufwand und der wiederholten Belastung der Probanden, Veränderungen der ursprünglichen Stichprobe durch mögliches Ausscheiden einzelner Teilnehmer (Selektionseffekte). Auch können durch Wiederholungen der Tests Bekanntheit und Vertrautheit zu verfälschten Ergebnissen führen (Testwiederholungseffekte). Auch bei längsschnittlichen Designs muss der Kohorteneffekt berücksichtigt werden.

      Selektionseffekte

      Die Anforderungen einer Studie an die Teilnehmer können bereits die Auswahl der Stichprobe beeinflussen. Beispielsweise kann die Teilnahme an einer Studie erfordern, dass die Probanden dazu in der Lage sind, zur Testung das Forschungsinstitut zu besuchen. Potenzielle Teilnehmer, die hierzu nicht mobil genug sind, werden somit von vorneherein ausgeschlossen.

      Auch kann im Verlauf der Studie ein solcher Selektionseffekt durch das Ausscheiden von einzelnen Teilnehmern entstehen und die Endstichprobe beeinflussen. Um diesem Problem begegnen zu können, müssen Selektivitätsanalysen durchgeführt werden. Hierbei wird untersucht, ob sich die Stichprobe am Ende der Studie in wesentlichen Kriterien signifikant von der Ausgangsstichprobe unterscheidet. Wenn dies der Fall ist, muss das mit geeigneten statistischen Verfahren kontrolliert werden. Auch ist es erforderlich, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Studienteilnehmer zu motivieren, bis zum Ende an der Studie teilzunehmen.

      Sequenzdesigns

      Die bisher vorgestellten quer- und längsschnittlichen Designs lassen keine Trennung der altersbedingten, historisch bedingten und nichtnormativen (nicht zeitgebundenen) Einflüsse zu. Zur Lösung dieses Problems werden in Sequenzdesigns deshalb quer- und längsschnittliche Untersuchungsansätze verbunden. So kann die querschnittliche Sequenz beispielweise einen wiederholten Vergleich unterschiedlicher Altersgruppen zu verschiedenen Messzeitpunkten und damit unterschiedlicher Kohorten umfassen. Dabei umfasst die längsschnittliche Sequenz eine zu verschiedenen Zeitpunkten beginnende längsschnittliche Untersuchung von Stichproben unterschiedlicher Geburtskohorten, aber gleichen Alters zu Studienbeginn. So werden verschiedene Altersgruppen über mehrere Jahre hinweg beobachtet (Abbildung 3.3). Kohorteneffekte zeigen sich durch den Vergleich von Personen desselben Alters, aber verschiedener Jahrgänge. Zeitlich umschriebene historische Einflüsse (Periodeneffekte) können ebenfalls identifiziert werden. Ein prominentes Beispiel für ein Kohortensequenzdesign ist die Seattle Longitudinal Study.

      Vor- und Nachteile von Forschungsdesigns

      Korrelation

      + Beziehungen zwischen Variablen

      – Keine Kausalzusammenhänge

      Experiment

      + Schlussfolgerungen über Kausalzusammenhänge

      – Im Labor: künstliche Bedingungen

      – Im Feld: geringere Kontrolle

      Querschnitt

      + Kein Dropout

      + Keine Übungseffekte

      – Mögliche Kohorten- und Selektionseffekte

      – Keine Information über Entwicklungsverläufe

      Längsschnitt

      +