der Atmosphäre – mit der Wellenlänge variiert. Bei Trennung der optischen Dicke in die Beiträge verschiedener beteiligter Substanzen werden die Teilbeiträge, die sich zur gesamten optischen Dicke summieren, durch entsprechende Indices ergänzt.
Für die STG wird die optische Dicke so gezählt, dass sie am Oberrand der Atmosphäre mit dem Wert 0 beginnt und mit der Tiefe zunimmt, weshalb auch von der „optischen Tiefe“ gesprochen wird. Am Boden erreicht sie den Wert der optischen Dicke der ganzen Atmosphäre. Es ist aber durchaus auch üblich, von der optischen Dicke einer Wolke zu sprechen. Die Verwendung der optischen Tiefe als Höhenkoordinate in der STG ist sinnvoll, da die höhenabhängige Variation der Extinktionskoeffizienten die höhenabhängige Änderung des Strahlungsfelds bewirkt. Natürlich ist die optische Dicke für verschiedene Atmosphären, zum Beispiel mit verschiedenem Aerosol oder unterschiedlichen Wolkenschichten, verschieden. Damit kann die optische Tiefe nicht als absolute Höhenkoordinate genommen werden, nicht allgemeingültig in eine geometrische Höhe überführt werden, wie das für den Luftdruck gilt.
Die optische Dicke steht immer für den Weg senkrecht durch die Atmosphäre, da sie ja deren eigentliche Eigenschaften wiedergeben soll, das heißt unabhängig sein muss von einer aktuellen Richtung einer betrachteten Strahlung. Die Verlängerung eines Wegs durch die Atmosphäre mit zunehmendem Zenitwinkel wird durch die „relative Luftmasse“ (Relative Air Mass, mit den Kürzeln ml oder AM) angegeben. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Masse, sondern eben um die relative Verlängerung des Wegs. Den Zusammenhang zwischen Winkel und relativer Luftmasse zeigt Gleichung 3.8.
Durch diese Wegverlängerung wird berücksichtigt, dass die Wirkung einer Schicht mit gegebenem Extinktionskoeffizienten zunimmt, wenn diese Schicht schräg durchstrahlt wird. Für θ = 0° ist ml = 1, wie gewünscht. Mit zunehmendem Zenitwinkel verlängert sich der Weg, bis ml = ∞ für θ = 90°, als Resultat der Annahme, dass die durchstrahlte Atmosphäre eine horizontal parallele Schicht darstellt, also nicht gekrümmt ist. Diese Annahme gilt für die Erdatmosphäre annähernd, wegen des großen Erdradius im Vergleich zur Höhe der Atmosphäre. Bei großen Zenitwinkeln müsste die Erdkrümmung zwar berücksichtigt werden, aber in der Satellitenmeteorologie werden Beobachtungen unter sehr großen Zenitwinkeln generell vermieden, weil damit alle Unsicherheiten zunehmen.
Die „relative Luftmasse“ ist keine Masse, sondern die Bezeichnung für einen Faktor, der die relative Verlängerung des direkten Wegs der Strahlung durch die Atmosphäre beschreibt, wie sie durch eine Vergrößerung des Zenitwinkels der Strahlungsquelle hervorgerufen wird.
Wenn der Extinktionskoeffizient und die Länge des Wegs nach Gleichung 3.7 zur optischen Dicke τ zusammengefasst werden, wie das für Strahlungsprozesse in der Atmosphäre üblich ist, ergibt sich für den senkrechten Weg durch die Schicht für die Transmission T nach Gleichung 3.1 der exponentielle Zusammenhang
und bei schrägem Weg durch die Atmosphäre, bedingt durch den längeren Weg,
Mit den Größen μ und τ bekommt die STG die allgemeingültige Form:
Durch τ ist hierbei die relative Höhe in der aktuellen Atmosphäre gegeben, in der die Strahldichte betrachtet wird, und μ und φ beschreiben deren Richtung, da μ für den Zenitwinkel steht. Bei der Modellierung im solaren Spektralbereich wird die Azimutrichtung zur Sonne mit φ = 0° angesetzt, während in den anderen Spektralbereichen eine azimutale Abhängigkeit nicht berücksichtigt werden muss. L in Gleichung 3.11 beschreibt die Strahldichte, die geschwächt wird, und Jstr und Jem die Quellterme, die die Strahldichte durch Streuprozesse und Emission verstärken. Die Vorzeichen deuten das Gegenteil an, ergeben sich aber durch die Definition von τ mit der Zunahme von oben nach unten.
Für tatsächliche Rechnungen wird die Gleichung in mehrere Gleichungen aufgetrennt, die es erlauben, die nach oben und unten gehenden Strahlungsströme getrennt zu beschreiben sowie die Randbedingungen zu berücksichtigen.
3.2.2 Was trägt alles zum Signal am Satelliten bei?
Abbildung 3.4 zeigt schematisch die verschiedenen Komponenten der Strahlung und die Prozesse, die zu einem Signal am Satelliten beitragen können: Quellen sind Strahlung, die am Oberrand der Atmosphäre einfällt, und Photonen die von der Erdoberfläche und in der Atmosphäre emittiert werden. Streuung an Molekülen, Aerosolpartikeln und Wolkentropfen ändert die Richtung der Strahlung und damit die Strahldichte am Satelliten, wobei Photonen auch mehrfach gestreut werden können. Durch Reflexion an der Erdoberfläche kann die Strahlung am Satellit verstärkt und aufgrund von Absorption durch Atmosphärenparameter reduziert werden. Die am Oberrand der Atmosphäre mittels Satelliten zu messende Strahlung ist durch all diese Prozesse unterschiedlich für verschiedene Richtungen und natürlich abhängig von den Eigenschaften von Atmosphäre und Boden.
Abb. 3.4
Strahlungsprozesse, die zu einer Strahldichte am Satelliten beitragen können (die Strahlung von der Sonne fällt in Wirklichkeit parallel ein).
Die wirklich wichtigen Strahlungsprozesse für eine Strahldichte am Satelliten sind für die drei spektralen Bereiche, die für die Satellitenmeteorologie genutzt werden, verschieden. Es können unterschiedliche Vereinfachungen vorgenommen werden, da ja im sichtbaren Spektralbereich die Emission keine Rolle spielt und im terrestrischen und Mikrowellenbereich die Streuprozesse vernachlässigbar sind. Für den Übergangsbereich zwischen solarer und terrestrischer Strahlung findet sowohl Streuung als auch Emission Berücksichtigung. Damit ergibt sich für jeden Spektralbereich eine spezifisch vereinfachte STG, mit angepassten Quelltermen und auch Randbedingungen (Kap. 3.4).
3.2.3 Lösung der Strahlungstransportgleichung
In der STG (Gl. 3.11) wird ein Ort in einer gegebenen Atmosphäre nur durch seine optische Dicke, d.h. eine Information bezüglich der Höhe definiert. Das bedeutet, dass keine horizontalen Unterschiede der Atmosphäreneigenschaften berücksichtigt werden. Die Atmosphäre wird als horizontal homogen angesehen und damit als „eindimensional“ (1D) angenommen. Diese Annahme ermöglicht, die Quellterme relativ einfach zu bestimmen, da die umgebenden Volumina in einer Schicht die gleichen Strahlungseigenschaften aufweisen wie das Volumen selbst, dessen Strahlung berechnet wird. In der Satellitenmeteorologie wird ganz überwiegend mit solchen eindimensionalen Modellen gearbeitet, begründet durch die relativ geringe von diesen Modellen benötigte Rechenzeit. Die heute üblichen 1D-Strahlungstransportmodelle berücksichtigen Mehrfachstreuung ebenso wie anisotrope Reflexion am Boden. Trotzdem liegen ihre Rechenzeiten für die Lösung der STG im Bereich von nur Sekunden.
Für die Verwendung eindimensionaler Modelle spricht auch, dass die Annahme einer variablen dreidimensionalen Verteilung der Atmosphärenparameter im Bildpunkt zu so vielen zusätzlichen Freiheitsgraden führen würde, dass eine Invertierung des Signals praktisch unmöglich wird. Weiter gilt, dass die Annahme von horizontaler Homogenität für sehr viele meteorologische Anwendungen gerechtfertigt ist, da die Variation der Atmosphäreneigenschaften horizontal ganz entscheidend kleiner ist als vertikal. Nicht gültig ist sie natürlich bei durchbrochener Bewölkung. Wolken können deshalb in 1D- Strahlungsübertragungsmodellen nur als Schichtwolken behandelt werden, wobei Höhe, Erstreckung und Tropfeneigenschaften dieser Wolken jedoch wieder detailliert und mit höhenabhängigen Werten berücksichtigt werden können. Ein hochwertiges und gut nutzbares 1D-Strahlungsübertragungsmodell ist DISORT, das z. B. im Rahmen des libRadtran Software Packages (Mayer and Kylling, 2005; www.libradtran.org) frei verfügbar ist.
Sehr viel rechenaufwendiger sind dreidimensionale Modelle