Udo Schnelle

Theologie des Neuen Testaments


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Theologie I: Die Verkündigung Jesu (s.o. 1); L.SCHOTTROFF/W.STEGEMANN, Jesus von Nazareth. Hoffnung der Armen, Stuttgart 1978; T.HOLTZ, Jesus aus Nazaret, Berlin 41983; H.SCHÜRMANN, Gottes Reich – Jesu Geschick, Freiburg 1983; E.P. SANDERS, Jesus and Judaism, London 1985; CHR.BURCHARD, Jesus von Nazareth, in: Die Anfänge des Christentums, hg. v. J.Becker, Stuttgart 1987, 12–58; E.SCHWEIZER, Art. Jesus Christus, TRE XVI, Berlin 1987, 670–726; G.THEISSEN, Der Schatten des Galiläers, München 51988; J.P. MEIER, A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus, I.II.III.IV.V., New York/New Haven 1991.1994.2001.2009.2016; J.GNILKA, Jesus von Nazareth. Botschaft und Geschichte, HThK.S 3, Freiburg 1993; M.BORG, Jesus – der neue Mensch, Freiburg 1993; G.VERMES, Jesus der Jude, Neukirchen 1993; J.D. CROSSAN, Der historische Jesus, München 1994; B.CHILTON/C.A. EVANS (Hg.), Studying the Historical Jesus, NTTS 19, Leiden 1994; E.P. SANDERS, Sohn Gottes. Eine historische Biographie Jesu, Stuttgart 1996; N.T. WRIGHT, Jesus and the Victory of God, Minneapolis 1996; G.THEISSEN/A.MERZ, Der historische Jesus, Göttingen 1996; J.BECKER, Jesus von Nazaret, Berlin 1996; D.FLUSSER, Jesus, Hamburg 1999 (NA); G.LÜDEMANN, Jesus nach 2000 Jahren, Lüneburg 2000; J.ROLOFF, Jesus, München 2000; W.STEGEMANN/B.J. MALINA/G.THEISSEN (Hg.), Jesus in neuen Kontexten, Stuttgart 2002; G.THEISSEN, Jesus als historische Gestalt. Beiträge zur Jesusforschung, FRLANT 202, Göttingen 2003; J.D.G. DUNN, Christianity in the Making I: Jesus Remembered, Grand Rapids 2003; J.D. CROSSAN/J.L. REED, Jesus ausgraben. Zwischen den Steinen – hinter den Texten, Düsseldorf 2003; M.EBNER, Jesus von Nazareth in seiner Zeit. Sozialgeschichtliche Zugänge, SBS 196, Stuttgart 22004; D.MARGUERAT, Der Mann aus Nazareth, Zürich 2004; K.BERGER, Jesus, München 2004; T.KOCH, Jesus von Nazareth, der Mensch Gottes, Tübingen 2004; G.THEISSEN, Die Jesusbewegung, Gütersloh 2004 (NA); L.SCHENKE (Hg.), Jesus von Nazaret – Spuren und Konturen, Stuttgart 2004; J.SCHRÖTER, Jesus von Nazareth, Leipzig 2006; T.ONUKI, Jesus. Geschichte und Gegenwart, BThSt 82, Neukirchen 2006; CHR.NIEMAND, Jesus und sein Weg zum Kreuz, Stuttgart 2007; M. HENGEL/A. M. SCHWEMER, Jesus und das Judentum. Geschichte des frühen Christentums I, Tübingen 2007; D. C. ALLISON, Constructing Jesus. Memory, Imagination, and History, Grand Rapids 2010; A. PUIG I TÀRRECH, Jesus. Eine Biografie, Paderborn 2011; A. STROTMANN, Der historische Jesus: eine Einführung, Paderborn 22015.

      Jesus von Nazareth ist die Basis und der Ausgangspunkt aller neutestamentlichen Theologie (s.o. 2.1). Wer aber war dieser galiläische Wanderprediger und Heiler? Was verkündigte er und wie verstand er sich selbst? Welche methodischen und hermeneutischen Aspekte müssen bei der Gewinnung eines plausiblen Jesusbildes bedacht werden? Um diese Fragen zu beantworten, leiten methodologische und hermeneutische Überlegungen die Darstellung der Grundzüge der Verkündigung und des Lebens Jesu ein.

      A.SCHWEITZER, Geschichte der Leben-Jesu-Forschung I.II, Gütersloh 31977 (= 1913); E.KÄSEMANN, Das Problem des historischen Jesus, in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen I, Göttingen 61970, 187–214; R.BULTMANN, Das Verhältnis der urchristlichen Christusbotschaft zum historischen Jesus, in: ders., Exegetica, hg. v. E.Dinkler, Tübingen 1967 (= 1960), 445–469; E.FUCHS, Zur Frage nach dem historischen Jesus, Tübingen 1960; J.M. ROBINSON, Kerygma und historischer Jesus, Zürich 21967; R.SLENCZKA, Geschichtlichkeit und Personsein Jesu Christi, FSÖTh 18, Göttingen 1967; M.BAUMOTTE (Hg.), Die Frage nach dem historischen Jesus, Gütersloh 1984; C.A. EVANS, Life of Jesus Research. An annotated Bibliography, NTTS 24, Leiden 1996; P.MÜLLER, Trends in der Jesusforschung, ZNT 1 (1998), 2–16; M.LABAHN/A.SCHMIDT (Hg.), Jesus, Mark and Q, Sheffield 2001; J.SCHRÖTER, Jesus und die Anfänge der Christologie, BThSt 47, Neukirchen 2001; J.SCHRÖTER/R.BRUCKER (Hg.), Der historische Jesus. Tendenzen und Perspektiven der gegenwärtigen Forschung, BZNW 114, Berlin 2002; J. H. CHARLESWORTH/P. POKORNÝ (Hg.), Jesus Research I, Grand Rapids 2009; T. HOLMÉN/S. E. PORTER (Hg.), Handbook for the Study of the Historical Jesus I–IV, Leiden 2011; CHR. KEITH/A. LE DONNE (Hg.), Jesus, Criteria, and the Demise of Authenticity, London 2012; P. BILDE, The Originality of Jesus, Göttingen 2013; J. H. CHARLESWORTH/B. RHEA (Hg.), Jesus Research II, Grand Rapids 2014.

      Die historische Frage nach Jesus ist ein Kind der Aufklärung1. Für die ältere Zeit war es selbstverständlich, dass die Evangelien zuverlässige Kunde über Jesus vermitteln. Vor der Aufklärung beschränkte sich die neutestamentliche Evangelienforschung im Wesentlichen darauf, die vier Evangelien zu harmonisieren. Praktisch war die neutestamentliche Exegese eine Hilfsdisziplin der Dogmatik.

      Stationen der Forschung

      Erst am Ende des 18.Jh. brach die Erkenntnis auf, dass der vorösterliche Jesus und der von den Evangelien (und auch den Kirchen) verkündete Christus nicht derselbe sein könnten. Von besonderer Bedeutung in dieser Entwicklung war Hermann Samuel Reimarus (1694–1768), von dem Gotthold Ephraim Lessing zwischen 1774–78 posthum sieben Fragmente veröffentlichte, ohne die Identität des Verfassers preiszugeben. Von nachhaltiger Wirkung war das 1778 publizierte 7. Fragment: „Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger“2. Reimarus unterscheidet hier zwischen dem Anliegen Jesu und dem seiner Jünger: Jesus war ein jüdischer politischer Messias, der ein weltliches Reich aufrichten und die Juden von der Fremdherrschaft erlösen wollte. Die Jünger standen nach der Kreuzigung vor der Vernichtung ihrer Träume, sie stahlen den Leichnam Jesu und erfanden die Botschaft von seiner Auferstehung. Für Reimarus war somit der Jesus der Geschichte mit dem Christus der Verkündigung nicht identisch; Geschichte und Dogma sind zweierlei: „allein, ich finde große Ursache, dasjenige, was die Apostel in ihren eignen Schriften vorbringen, von dem, was Jesus in seinem Leben würklich selbst ausgesprochen und gelehret hat, gänzlich abzusondern.“3

      David Friedrich Strauss (1808–1874) veröffentlichte 1835/36 sein Aufsehen erregendes ‚Leben Jesu‘, das eine Flut von Widerlegungsversuchen hervorrief, seinem Verfasser lebenslange gesellschaftliche Ächtung bescherte, hinter dessen Grundthese von der mythischen Ausgestaltung der Jesusüberlieferung die Forschung aber nicht mehr zurück kann. „Wenn die altkirchliche Exegese von der doppelten Voraussetzung ausgieng, dass in den Evangelien erstlich Geschichte, und zwar zweitens eine übernatürliche, enthalten sei, wenn hierauf der Rationalismus die zweite dieser Voraussetzungen wegwarf, doch nur um desto fester an der ersten zu halten, dass in jenen Büchern lautere, wenngleich natürliche, Geschichte sich finde: so kann auf diesem halben Wege die Wissenschaft nicht stehen bleiben, sondern es muss auch die andere Voraussetzung fallen gelassen, und erst untersucht werden, ob und wie weit wir überhaupt in den Evangelien auf historischem Grund und Boden stehen.“4. Die Geschichtlichkeit Jesu wird von Strauss zu einem erheblichen Teil in den Mythos verflüchtigt, so dass die Wirklichkeit des historischen Geschehens und der damit verbundene Wahrheitsanspruch auseinanderklaffen. Strauss hoffte, die dadurch entstandene Spannung aufzulösen, indem er den Kern des christlichen Glaubens aus der Geschichte herauslöste und in eine Idee übertrug. Eine trügerische Hoffnung, denn dem scheinbar positiven Ertrag stand ein grundlegendes Defizit gegenüber: Wahrheit kann nicht auf Dauer jenseits von geschichtlicher Wirklichkeit behauptet werden.

      Der projektive Charakter der Leben-Jesu-Bilder des 19.Jh. wurde in der ‚Geschichte der Leben-Jesu-Forschung‘ von Albert Schweitzer (1875–1965) aufgedeckt. Schweitzer zeigte, dass jedes der liberalen Jesusbilder genau die Persönlichkeitsstruktur aufwies, die in den Augen ihres Verfassers als höchstes anzustrebendes, ethisches Ideal galt. M.Kähler und R.Bultmann ziehen aus der Vielfalt der Jesusbilder und den exegetischen Schwierigkeiten, ein sachgemäßes Jesusbild zu entwerfen, in unterschiedlicher Weise den Schluss, allein den kerygmatischen Christus bzw. das nachösterliche Kerygma als theologisch relevant anzusehen (s.o. 2.1). M.Kähler betont, Jesus Christus sei für uns nur so fassbar, wie ihn die Evangelien schildern, nicht hingegen so, wie ihn wissenschaftliche Rekonstruktionen darstellen. Für R.Bultmann gilt es, radikal die Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, dass wir Jesus nur in einem mythischen Gewand kennen und es nicht möglich sei, wirklich hinter das Kerygma zurückzukommen. Bultmann folgt Kähler in der Anschauung, der Glaube könne sich nicht an scheinbar historische Fakten binden. Historische Forschung unterliegt notwendigerweise einem ständigen Wandel, so dass sich auch die Ergebnisse verändern müssen. Für den Glauben würde das bedeuten, dass er gewissermaßen den sich ständig ändernden Ergebnissen der Exegeten angepasst werden müsste.

      Eine