Die Forschung konnte aber auch zeigen, dass die oben erläuterten Interaktions- und Glaubwürdigkeitsprobleme in Bürgerkriegen besonders ausgeprägt sind und daher erhebliche Hürden für Verhandlungslösungen darstellen (Walter 2009; 2013). Die Einschätzung der militärischen Stärke von Konfliktparteien ist besonders schwierig, weil die Information darüber nicht transparent ist. Dies macht es kompliziert, in Verhandlungen die Kosten-Nutzen-Kalküle zu bestimmen, die Verhandlungen nach Abbildung 3.1 ermöglichen. Hinzu kommt, dass eine Regierung, die sich mit einer Rebellengruppe friedlich verständigt, damit rechnen muss, von einer anderen Rebellengruppe bekämpft zu werden, weil sie als Schwächling dasteht. Dieser Schatten der Zukunft wirkt deutlich gegen Verhandlungslösungen.
Entwaffnung
Das Glaubwürdigkeitsproblem spielt vor allem eine Rolle, wenn Konfliktparteien vereinbaren, dass im Gegenzug für die Erfüllung konkreter Forderungen Waffen abgegeben werden müssen. Ohne eine solche Vereinbarung zur Entwaffnung sind Konzessionen in Verhandlungen höchst einseitig und daher unwahrscheinlich. Wenn aber Konfliktparteien ihre Waffen erst einmal abgegeben und Kämpfer demobilisiert haben, wird sich dann die andere Seite an ihre Seite der Vereinbarung halten und die gegebenen Zusagen einlösen? Wenn nicht, verfügt die entwaffnete Seite über weitaus geringere Möglichkeiten, die Einhaltung des Abkommens durchzusetzen. Daher bleibt die Entwaffnung von Konfliktparteien das komplizierteste Problem bei der friedlichen Beendigung von Bürgerkriegen durch Verhandlungen. Ohne Garantien von unparteiischen Dritten, die ihr Engagement glaubhaft machen, ist dieses Problem kaum zu lösen.
3.4.2 | Terrorismus
Regionale Schwerpunkte
Die Zahl terroristischer Anschläge stieg ab Beginn der 1990er Jahre weltweit erheblich an und erreichte 2012 einen Höhepunkt. Gleichzeitig nahm auch die Zahl der Todesopfer terroristischer Attacken zu. Die regionalen Schwerpunkte terroristischer Angriffe liegen wiederum in Asien gefolgt vom Mittleren Osten einschließlich Nordafrika und Sub-Sahara Afrika (National Consortium for the Study of Terrorism and the Responses to Terrorism n. y.; Rand Corporation 2010).
Definition
Terrorismus
Terrorismus ist eine Taktik, die nichtstaatliche Akteure anwenden. Sie nutzen Gewalt, um politische, wirtschaftliche, soziale oder religiöse Ziele durchzusetzen. Der Zweck des Einsatzes von oder die Drohung mit Gewalt ist, breite Teile der Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, damit sie die Forderungen von Terroristen erfüllen oder sich ihnen zumindest nicht widersetzen (Bueno de Mesquita 2013). Jedoch überschreiten nicht alle terroristischen Aktivitäten die in der Kriegsdefinition (
Schwäche bestimmt Taktik
Terroristische Organisationen sind im Verhältnis zu ihren Gegnern und ihren Zielen schwach. Diese Schwäche versuchen sie auszugleichen, indem sie die Taktik benutzen, Furcht einzuflößen und Schrecken zu verbreiten. Damit wollen sie erreichen, dass sich die Bevölkerung schutz- und wehrlos fühlt und deshalb konzessionsbereit wird. Die relative Schwäche der terroristischen Organisationen und Netzwerke bewirkt außerdem, dass sie sogenannte weiche Angriffsziele wählen. Damit sind solche Orte gemeint, die sich nur sehr schwer schützen lassen. Um Gegenmaßnahmen zu erschweren, formen Terroristen meist nur sehr kleine, unabhängige Gruppen, die lose miteinander vernetzt sind. Diese Gruppen stehen nicht ständig in Kontakt, um ihre Entdeckung zu erschweren, und kooperieren nur, sofern dies für einen Angriff unvermeidlich ist (Frieden/Lake/Schultz 2012: 242–248).
Hindernisse für Verhandlungen
Die Möglichkeiten, Konflikte mit Terroristen friedlich auszutragen, sind sehr begrenzt. Meist fehlt es allein schon an einem Gesprächs- und Verhandlungspartner, weil Terroristen sich nur im Untergrund bewegen. Das erschwert die Kommunikation erheblich. Aber selbst wenn es gelänge, Verhandlungen zustande zu bringen, um den Konflikt gemäß Abbildung 3.1 friedlich zu beenden, treten weitere Hürden auf. Die Einschätzung der Stärke von Terrorgruppen, die die Grundlage für Kosten-Nutzen-Kalküle bildet, ist kompliziert, weil die notwendige Transparenz fehlt. Terrorgruppen haben sogar einen Anreiz, Anschläge auszuführen, um dem Gegner einen Grad an Stärke und Entschlossenheit zu signalisieren, der möglichst über den tatsächlichen hinausgeht (Kydd/Walter 2006). Es kommt hinzu, dass lose organisierte Terrorgruppen kaum garantieren könnten, dass sich alle Mitglieder und Zellen an ein eventuell geschlossenes Abkommen zur Gewaltanwendung gebunden fühlen, weil sie sehr unabhängig sind. Damit sind ausgehandelte Vereinbarungen mit Terroristen wenig glaubwürdig (Frieden/Lake/Schultz 2012: 248–252).
Aber auch Abschreckung ist kaum ein geeignetes Mittel, um Terrorismus zu beenden. Terroristen sind sehr schwer aufzuspüren, festzunehmen oder zu bekämpfen. Sie leben entweder im Untergrund oder im Schutz der Zivilbevölkerung. Gegen Terroristen gerichtete Angriffe richten ein inakzeptables Maß an Kollateralschäden an. Sie entfremden die Zivilbevölkerung ihrer Regierung oder treiben sie sogar in die Arme von Terroristen, die auf diese Weise Nachwuchs rekrutieren können. Heftige Gegenangriffe gegen Terroristen bewirken zudem häufig, dass diese nur noch entschlossener kämpfen, weil der Gegner seine Gefährlichkeit erneut unter Beweis gestellt hat. Auf diese Weise wird die Ausgangsüberlegung von Terroristen — »wir müssen einen gefährlichen Feind gewaltsam bekämpfen« — zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung (Frieden/Lake/Schultz 2012: 256–258).
Gegenstrategien
Die nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 vorherrschende Gegenstrategie westlicher Sicherheitsexperten zielte darauf, den Terroristen die territoriale Basis, die Rückzugsräume und die Infrastruktur zu entziehen. Staaten sollten in ihrem Gebiet Terroristen bekämpfen oder zumindest vertreiben und auf diese Weise Terrorismus eliminieren. Sofern Staaten sich dieser Forderung verweigerten oder sich zur Umsetzung nicht im Stande sahen, wurde mit massiven militärischen Mitteln von außen versucht, Terrorismus auszuschalten. Damit wurde der bewaffnete Konflikt mit Terroristen in vom Westen weit entfernte Länder getragen und die Gefahr terroristischer Angriffe für die heimische Bevölkerung verringert. Es gelang jedoch nicht, den Terrorismus weitgehend zu unterbinden. Zudem standen Aufwand und Ertrag des Krieges gegen den Terrorismus in einem ungünstigen Verhältnis (Belasco 2009). Deshalb wurde die Strategie geändert. Statt des massiven Einsatzes militärischer Verbände zur Beherrschung von Territorien liegt der Schwerpunkt der Gegenmaßnahmen heute auf Überwachung und Entdeckung einerseits und gezielten Gegenangriffen z. B. mit Hilfe von Drohnen anderseits (Billitteri 2010). Gegen diese neue Strategie ist jedoch erhebliche völkerrechtliche und ethische Kritik vorgebracht worden (Rudolf/Schaller 2012; Stanford International Human Rights and Conflict Resolution Clinic/Global Justic Clinic NYU School of Law 2012).
Schutz vor Terrorismus
Über diese rein militärischen Gegenmaßnahmen hinaus werden auch andere Möglichkeiten genutzt, die Bevölkerung vor Terrorismus zu schützen. Dazu gehören insbesondere Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Personen, Gebäude oder Einrichtungen. Gleichzeitig sind Regierungen bemüht, Terrorverdächtige zu überwachen, zu verfolgen und bei konkreten Anhaltspunkten für bevorstehende Anschläge in Gewahrsam zu nehmen. Außerdem wird soweit wie möglich die Finanzierung von Terrorgruppen unterbunden, indem sie von grenzüberschreitenden Geldtransfers abgeschnitten werden. Insgesamt bleibt jedoch festzuhalten, dass Terroristen selten ihre wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Ziele tatsächlich erreichen (Abrahms 2006). Zugleich weist das hohe Ausmaß der Anschläge darauf hin, dass Terrorismus trotz des erheblichen Aufwandes für Gegenmaßnahmen nicht vollständig ausgeschaltet werden kann. Allerdings gibt es Regionen und Länder wie Amerika und Europa, die weitaus weniger gefährdet sind als andere.
Zusammenfassung
Ein Krieg entsteht zum einen, wenn sein