Christian Tuschhoff

Internationale Beziehungen


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Ursachen des Ersten Weltkrieges zeigen vor allem eines: Kriege sind ähnlich wie Flugzeugabstürze meist das Ergebnis einer Kette von einzelnen Ursachen,29 von denen jede einzelne für sich genommen nicht zum Krieg geführt hätte. Diese wichtige Erkenntnis kann mit quantitativen Methoden der Forschung, auf denen eine Vielzahl von politikwissenschaftlichen Studien zur Kriegsursachenforschung beruht, nicht so einfach gewonnen werden.

      Transparenz

      Das neben Abschreckung und Verflechtung dritte Instrument zur Verhinderung von Kriegen ist die Verbesserung der Transparenz in den internationalen Beziehungen. Es zielt vor allem auf die Lösung der Interaktions- und Glaubwürdigkeitsprobleme (Frieden/Lake/Schultz 2012: 118–119). Transparenzfördernde Maßnahmen können in einseitige und wechselseitige unterteilt werden. Einseitige Maßnahmen zur Verhinderung von Fehlkalkulationen, z. B. der militärischen Stärke des Gegners, sind technische Aufklärung und Überwachung etwa durch Satellitentechnologie. Es gehören aber auch Spionage oder Kommunikationsüberwachung dazu, selbst wenn sie moralisch und rechtsstaatlich höchst problematisch sind.

      Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

      Ferner gilt, dass offene Gesellschaften mit freien Medien auch für gegnerische Konfliktparteien transparenter sind als autoritäre Regime. Hinzu kommen Nichtregierungsorganisationen wie das Londoner International Institute for Strategic Studies (IISS) oder das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), die systematisch Informationen über militärische Fähigkeiten von Staaten sammeln und regelmäßig auf den neuesten Stand bringen (International Institute for Strategic Studies 2014; Stockholm International Peace Research Institute 2013). Auf diese Weise helfen sie, Transparenz herzustellen und das Risiko von Fehlkalkulationen zu verringern. Ähnliches gilt für die International Crisis Group, die Krisen- und Konfliktherde überwacht und durch Studien zur Transparenz beiträgt. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass einseitige Maßnahmen für mehr Transparenz einer Seite einen Vorteil durch Informationsvorsprung verschaffen. Dies ist der Fall, wenn die erhobenen Informationen nicht frei zugänglich gemacht, sondern geheim gehalten werden. Sie wirken dann eher destabilisierend als stabilisierend.

      Wechselseitige Maßnahmen

      Neben den einseitigen gibt es, wie bereits erwähnt, die wechselseitigen Maßnahmen. Ein Beispiel ist der Austausch militärischer Fachleute zwischen zwei oder mehreren Ländern; diese sammeln Informationen über militärische Fähigkeiten und schaffen so auf kooperativem Wege Transparenz. Internationale Organisationen entsenden häufig Beobachter zur Einschätzung militärischer Kräfteverhältnisse, die unter den beteiligten Mitgliedstaaten transparent gemacht werden. Die auf diese Weise geschaffene gegenseitige Transparenz ist insbesondere zwischen NATO-Mitgliedstaaten stark institutionalisiert und trägt maßgeblich zur wechselseitigen Vertrauensbildung bei (Tuschhoff 2003; 2014).

      Ständige Vertrauensbildung

      Schließlich wird Transparenz auch dadurch erzielt, dass die Konfliktparteien im Zuge von Vereinbarungen Gremien schaffen, deren Mitglieder im Falle von Unstimmigkeiten bei der Anwendung der Vereinbarung tagen, um Informationen auszutauschen, Missverständnisse auszuräumen oder praktische Lösungen für konkrete Probleme zu finden. Die sogenannte Standing Consultative Commission (SCC) zwischen den USA und der Sowjetunion gilt als wichtigstes Beispiel für eine stetige Verbesserung von bilateralen Rüstungskontrollvereinbarungen (Caldwell 1985; Graybeal/Krepon 1985).

      Unparteiische Dritte

      Das vierte Instrument zur Kriegsverhinderung zielt auf die Verringerung von Interaktions- und Glaubwürdigkeitsproblemen in Verhandlungsprozessen. Es soll den Konfliktparteien ermöglichen, Abkommen zu schließen, auf deren wechselseitige Einhaltung sie vertrauen können. Dies wird häufig durch die Hilfe einer neutralen dritten Partei erreicht (Frieden/Lake/Schultz 2012; Rittberger/Zangl/Kruck 2013: 119–120). Die Arbeit der sogenannten UNBlauhelmtruppen ist das wichtigste, wenn auch nicht einzige Beispiel für eine unparteiische dritte Kraft zur Friedenssicherung.

      UN-Friedensmissionen

      Die Forschung hat gezeigt, dass UN-Friedensmissionen erheblich zur Befriedung beitragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass vereinbarte Waffenstillstände nach zwischenstaatlichen Kriegen gebrochen wurden, sank um 85 Prozent, wenn UN-Blauhelme eingesetzt wurden. Das Risiko, dass nach Waffenstillständen in innerstaatlichen Konflikten Gewalt wieder ausbricht, sank um 60 Prozent (Fortna 2004a; b; 2008; Fortna/Howard 2008).

       Information kompakt

       UN-Blauhelmtruppen

      Die Blauhelmtruppen der Vereinten Nationen dienen der Friedenssicherung und werden seit dem Ende des Kalten Krieges immer häufiger eingesetzt. Zudem ist ihr Aufgabenspektrum schrittweise erweitert worden, weil die Erfahrungen gezeigt haben, dass ihre Zuständigkeiten und Eingreifmöglichkeiten bei einem Aufflammen von Feindseligkeiten oft unzureichend waren.

      Blauhelmtruppen der sogenannten ersten Generation beschränkten sich darauf, zu überwachen, ob getroffene Vereinbarungen von den Konfliktparteien eingehalten wurden. Sie berichteten dem UN-Generalsekretär und dem Sicherheitsrat, wer wann welche Regelverletzung begangen hatte, konnten jedoch selbst nicht eingreifen.

      Die Blauhelmtruppen der zweiten Generation sollten zusätzlich die Schaffung von Friedensbedingungen unterstützen und absichern. Dazu gehörte insbesondere die Entwaffnung und Demobilisierung von Militäreinheiten der Konfliktparteien.

      Die UN-Friedenstruppen der dritten Generation kamen auch dann zum Einsatz, wenn kein Abkommen der Konfliktparteien für eine Waffenruhe oder einen nachhaltigen Frieden vorlag. Ausgestattet mit einem »robusten« Mandat sollten sie zunächst ein sicheres Umfeld schaffen, in dem sich Frieden herstellen ließ. Zu diesem Zweck waren sie ermächtigt, robust — mit Waffengewalt — gegen Konfliktparteien vorzugehen.

      Bei Friedensmissionen der vierten Generation sind schließlich Aufgaben des Wiederaufbaus von Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Infrastruktur zu den sicherheitspolitischen hinzugekommen (Rittberger/Kruck/Romund 2010: 390–393; Rittberger/Zangl/Kruck 2013: 155–158).

      Teilbarkeit umstrittener Güter

      Das weiter oben dargelegte Problem der Unteilbarkeit von Gütern kann auf verschiedene Arten und Weisen gelöst werden, so dass es der friedlichen Streitbeilegung nicht grundsätzlich im Weg steht. Die Konfliktparteien können eine gemeinsame oder geteilte Autorität über das strittige Gut vereinbaren, z. B. die gemeinsame Verwaltung von Jerusalem. Wenn dies nicht praktikabel erscheint, bietet sich an, die Autorität bei einer Konfliktpartei zu belassen und der anderen Konfliktpartei dafür Konzessionen an anderer Stelle zu machen, so dass ein Paket geschnürt wird. Schließlich ist es möglich, wie bei Ehescheidungen einen finanziellen Ausgleich für die Konfliktpartei zu schaffen, die ein umstrittenes Gut nicht erhält.

      Der aus Abbildung 3.2 ablesbare Rückgang von Kriegen in Amerika und Europa wird vor allem darauf zurückgeführt, dass hier die genannten friedensstiftenden Mechanismen wirken (Rittberger/Kruck/Romund 2010: 372–376). Eine weitere Erklärung wird im sogenannten demokratischen Frieden (image Kap. 5) gesehen.

       Zwischenfazit

       Maßnahmen der Kriegsverhinderung und Friedenssicherung

      Die genannten Kriegsursachen können durch Einwirkung auf das Kosten-Nutzen-Kalkül der Konfliktparteien eingedämmt werden, so dass eine friedliche Streitbeilegung zustande kommt, die anschließend gesichert werden kann. Dazu sind folgende Maßnahmen hilfreich:

      imageAbschreckung,

      imageinternationale Verflechtung,