3.4 | »Alte« und »neue« Kriegsformen
Neue Kriege
In der Alltagssprache wurde unter Krieg lange Zeit vor allem der bewaffnete Konflikt zwischen zwei oder mehr Staaten verstanden (Levy 2013). Diese Form des zwischenstaatlichen Konfliktes — »alter« Krieg — ist jedoch mittlerweile eher selten, wie Abbildung 3.3 zeigt. Die häufigste Form ist heute der innerstaatliche Konflikt oder Bürgerkrieg. Dies ist ein bewaffneter Konflikt zwischen der Regierung einerseits und einer oder mehreren nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen andererseits. An solchen Konflikten sind nur Akteure beteiligt, die aus dem Staat oder Land selbst stammen. Die bewaffnete Konfrontation zwischen der Regierung der Ukraine und gesellschaftlichen Oppositionsgruppen im Osten im Jahr 2014 ist ein Beispiel für diese Kriegsform. Ihre Zahl erreichte Mitte der 1990er Jahre weltweit ihren Höhepunkt und ist seither etwas zurückgegangen.
Abb. 3.3 | Typen bewaffneter Konflikte
Quelle: eigene Darstellung nach Gleditsch et al. (2002); Uppsala Conflict Data Program (UCDP)/ International Peace Research Institute Oslo (PRIO) (2009); Harbom (2009).
Ein Krieg wird als internationalisiert bezeichnet, wenn ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt auch mit äußerer Beteiligung ausgetragen wird. Dies trifft z. B. auf den Krieg in Syrien oder den Krieg in Afghanistan zu, aus dem die einleitende Geschichte stammt. Schließlich gibt es noch den extrasystemischen Krieg; er ist ein bewaffneter Konflikt, bei dem sich ein Staat oder eine Regierung und nichtstaatliche Akteure außerhalb des eigenen Territoriums bekämpfen. Konflikte ohne staatliche bzw. Regierungsbeteiligung sind nicht Bestandteil des Datensatzes in Abbildung 3.3. Die dort gezeigten extrasystemischen, innerstaatlichen und internationalisierten Kriege werden unter dem Begriff »neue« Kriege zusammengefasst.
Kritik
In der politikwissenschaftlichen Forschung ist allerdings umstritten, ob die genannten Merkmale (
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Merkmale neuer Kriege
Neue Kriege sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet (Rittberger/ Kruck/Romund 2010: 380):
3.4.1 | Innerstaatliche oder Bürgerkriege
Weitaus besser als der Typus »neue Kriege« sind innerstaatliche oder Bürgerkriege erforscht, die eine Unterform bilden.
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Merkmale von innerstaatlichen oder Bürgerkriegen
In Bürgerkriegen entstehen hohe Kosten:
Zusätzlich entstehen häufig auch in Nachbarländern Kosten, z. B. durch Flüchtlingsströme oder den Import gewaltsamer Konfliktlösung.
Bürgerkriege sind nur schwer zu beenden. Sie dauern durchschnittlich viel länger als zwischenstaatliche Kriege und enden meist nicht durch Verhandlungen, sondern durch den Sieg einer Seite über die andere. Und schließlich besteht die starke Tendenz, dass Bürgerkriege nach einem Waffenstillstand wieder ausbrechen (Walter 2013).
Unzufriedenheit
Gier
Es sind vor allem zwei Motive, aus denen Konfliktparteien Bürgerkriege auslösen: Erstens Unzufriedenheit (englisch: grievance) mit den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, die mit friedlichen Mitteln nicht nachhaltig verbessert werden können. Dazu gehören auch vielfältige Formen von Diskriminierung. Zweitens Gier (englisch: greed) nach Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation, die durch gewaltsame Übernahme von Gebieten mit Bodenschätzen, Plünderung, Drogenhandel, Waffenhandel usw. erreicht werden kann (Collier/Hoeffler 2004; Collier/ Sambanis 2005a; b). Besonders die mit dem Motiv Gier verbundene Privatisierung und Kommerzialisierung von Krieg weist darauf hin, dass Krieg selbst zu einem einträglichen Geschäft werden kann, an dessen Beendigung die Profiteure kein Interesse haben. Dies mag teilweise erklären, warum Bürgerkriege länger dauern als zwischenstaatliche, häufig