Eni Becker

Angst


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hält sich am Sitz fest und greift nach den Händen ihrer Kinder. Hoffentlich geht alles gut. Der Pilot macht eine Durchsage, dass es noch zehn Minuten ordentlich holpern wird, aber dass es dann ruhiger werden wird. Als die Turbulenzen vorüber sind, beruhigt sich Frau H., das Herz wird wieder ruhiger, sie atmet langsamer.

      Obwohl diese beiden Fallbeschreibungen den Unterschied zwischen Angst und Furcht sehr schön erklären, sind diese beiden Konzepte nicht immer einfach voneinander zu unterscheiden, vor allem dann nicht, wenn man die → pathologische Angst betrachtet. Einer Panikattacke, d. h. der ganz plötzlichen, extremen Furcht, folgt oft das vage Gefühl, dass etwas nicht stimmt, die Vigilanz dafür, dass es wieder zu einer neuen Attacke kommen könnte. Die Furchtreaktion lässt ein Gefühl 13von Angst zurück, wie einen Nachgeschmack. Und obwohl eine Panikattacke genau das ist, nämlich eine akute Furchtreaktion, wird sie oft ausgelöst, ohne dass ein eindeutiger Reiz bestimmt werden kann. Die Angst scheint aus heiterem Himmel zu kommen. In der Praxis mischen sich also Furcht und Angst häufiger. Bei beiden kann es auch zu → Vermeidungsverhalten kommen, allerdings ist Vermeidung bei Furcht viel einfacher. Hier ist deutlich, wovor die Furcht besteht. Bei diffusen Ängsten ist Vermeidung oft nicht möglich.

      Angststörungen und Phobien

      So wie die Angst eine wichtige und häufige Emotion ist, so sind Angststörungen besonders häufig und weit verbreitet. Wann kann von einer Störung gesprochen werden?

      Definition

      Die bei → Angststörungen vorliegenden Ängste sind so stark, dass die Lebensqualität der Betroffenen deutlich beeinträchtigt ist. Weiterhin ist die Angst unangemessen, da sie stärker oder häufiger auftritt, als es unter den betreffenden Umständen notwendig oder sinnvoll wäre. Somit sind die Angststörungen zum einen über den subjektiven Leidensdruck oder die Einschränkung der Leistungsfähigkeit durch die Ängste definiert, zum anderen über die Unangemessenheit der Angst, d. h. etwas wird gefürchtet, das objektiv nicht gefährlich ist.

      Grob lässt sich die Gruppe der Angststörungen in die → Generalisierte Angststörung (GAS), die → Panikstörung und die Phobien unterteilen. Diese Einteilung ist parallel zu der Einteilung von Angst und Furcht. Bei der Panikstörung stehen plötzliche Panikanfälle im Zentrum des Störungsbildes, bei der GAS ständige Sorgen. Bei beiden handelt es sich um sehr beeinträchtigende, psychische Störungen, die bei ca. 5 %–6 % der Bevölkerung auftreten. Typischerweise beginnen die Störungen im frühen Erwachsenenalter, einer Zeit, die besondere Anforderungen an die Betroffenen stellt und in der wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Phobien beginnen früher als die GAS und die Panikstörung. Vor allem die → Spezifischen Phobien, die Furcht vor einem bestimmten Objekt, z. B. einer Spinne, oder einer bestimmten Situation, z. B. Höhe, beginnen schon in der Kindheit. In der Jugend tritt vermehrt 14die → Sozialphobie auf, die Angst in sozialen Situationen, und als letztes die → Agoraphobie, die vor allem die Panikstörung begleitet. Hier haben die Betroffen Angst vor Situationen, in denen es plötzlich zu einem Panikanfall kommen könnte und keine Hilfe erreichbar wäre.

      Es gibt aber noch zwei andere Störungen, die zu den Angststörungen gerechnet werden. Diese beiden können jedoch nicht ganz so einfach in das Schema einsortiert werden. Es handelt sich hierbei um die → Zwangsstörungen die → Posttraumatische Belastungsstörung. Die Posttraumatische Belastungsstörung ist die einzige Angststörung, die per Definition ein traumatisches Ereignis zurückgeht. Als Reaktion auf dieses treten Angst und Anspannung zusammen mit erhöhter Wachsamkeit und Schreckhaftigkeit auf. Bei den Zwangsstörungen leiden Patienten an einem inneren Drang bzw. Zwang, bestimmte Gedanken zu oder bestimmte Handlungen auszuführen. Im Allgemeinen leisten sie Widerstand gegen diesen Drang, was allerdings zu starker Angst oder auch Unbehagen führt. Den Patienten ist bewusst, dass die immer wiederkehrenden Gedanken oder Handlungen unsinnig sind, trotzdem können sie nicht damit aufhören.

      15

      1. Die zentralen Probleme betreffen einzelne, genau umschriebene Lebensbereiche bzw. Situationen (spezifisch) vs. sie sind breit gestreut bzw. können sich über verschiedene Themen hinweg ausbreiten (diffus)

      2. Nur „spontane“ Angstanfälle (situative Angstanfälle treten bei jeder Angststörung bei mindestens 85 % aller Patienten auf).

      Abkürzungen: – =liegt nicht in nennenswertem Ausmaß vor, + =liegt in bedeutsamem Ausmaß vor, ++ =liegt in sehr starkem Ausmaß vor.

      Wie häufig treten Angststörungen auf

      Angststörungen sind sehr häufige psychische Störungen. Die Angaben zur → Lebenszeitprävalenz für die Gesamtgruppe der Angststörungen in der Allgemeinbevölkerung liegen zwischen 15,1 % in einer deutschen Studie (Meyer et al., 1998, 2000) und 24,9 % im amerikanischen National Comorbidity Survey (Kessler et al., 1994). Das heißt, jeder Vierte wird einmal in seinem Leben an einer Angststörung leiden. Auch bei Jugendlichen haben epidemiologische Studien hohe Prävalenzraten von Angststörungen gefunden. So erfüllten 18,6 % der 12- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen die Kriterien irgendeiner Angststörung (Essau et al., 1998). Frauen sind sehr viel häufiger von Angststörungen betroffen als Männer. Angststörungen kommen selten alleine, oft sind sie → komorbid mit anderen Angststörungen, mit depressiven Störungen, Alkoholmissbrauch und / oder Störungen der Aufmerksamkeit, der Aktivität und des Sozialverhaltens. Die höchsten Komorbiditätsraten werden für die depressiven Störungen gefunden. Im Allgemeinen zeigen Personen mit Angststörungen ein erhöhtes Risiko für Beeinträchtigungen im sozialen Bereich, für Probleme im Rahmen intimer Beziehungen und für finanzielle Abhängigkeit (Olatunji et al., 2007). Die Zahlen zeigen, dass sehr viele Menschen von Angststörungen betroffen sind und ihr Leben sehr beeinträchtigt wird. Nicht alle suchen Hilfe, und nur wenige bekommen eine angemessene Behandlung. Dabei handelt es sich bei den Angststörungen um die Gruppe psychischer Störungen, die am erfolgreichsten mit Psychotherapie behandelt werden kann. Es ist von daher sehr wichtig, dass das Wissen, das wir über Angst, Angststörungen und ihre Behandlung haben, die Praxis erreicht und umgesetzt wird.

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