3.9.2 Wo und wie beobachtet die Theorie Soziale Arbeit?
3.9.3 Was identifiziert die Theorie als Praxis der Sozialen Arbeit?
3.10 Theorie der intervenierenden Sozialpolitik
3.10.1 Welches Erkenntnisziel formuliert die Theorie?
3.10.2 Wo und wie beobachtet die Theorie Soziale Arbeit?
3.10.3 Was identifiziert die Theorie als Praxis der Sozialen Arbeit?
4 Was unterscheidet Theorien der Sozialen Arbeit?
4.1 Erkenntnisziele
4.2 Gegenstandsauffassungen
4.3 Praxisverständnisse
5 Inwiefern ähneln sich Theorien der Sozialen Arbeit?
5.1 Mehrfachansprüche
5.2 Komplexe Axiome, Objektivismen und Ontologisierungen
5.3 Zwischen wahrer und wirklicher Praxis
6 Das Ende der Grand Theories? Neuere Entwicklungen und Ausblick
Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuches
Folgende Icons werden im Buch verwendet:
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Literatur- und Websiteempfehlungen |
In den einzelnen Kapiteln gibt es Übungsaufgaben und Reflexionsfragen. Beispiellösungen finden Sie auf der Homepage des Ernst Reinhardt Verlages und der UTB GmbH bei der Darstellung dieses Titels: www.reinhardt-verlag.de, www.utb.de
Einleitung
Das vorliegende Buch dient dazu, Theorien der Sozialen Arbeit besser zu verstehen. Dieser Anspruch ist bei genauerer Betrachtung nicht ganz so bescheiden wie er zunächst vielleicht anmutet. Er verlangt mehr als eine verdichtete Zusammenfassung möglichst vieler Theorien der Sozialen Arbeit. Das vorliegende Buch möchte Studierende und andere Interessierte stattdessen mit Wissen zu Theorien der Sozialen Arbeit ausstatten und zugleich dazu anregen, selbst Wissen zu diesem Gegenstandsbereich zu entwickeln.
Worin genau liegt der Unterschied? Vereinfachend lässt sich sagen, dass Wissenserwerb im Unterschied zu reiner Informationsverdichtung wesentlich auf der aktiven Erstellung eines Bildes derjenigen Informationen beruht, die man zusammenträgt. Damit ist Wissenserwerb zugleich ein aktiver Prozess des Theoretisierens: Man macht sich ein Bild von einem Gegenstand, es ist nicht einfach „gegeben“.
Das heißt für eine Einführung in Theorien der Sozialen Arbeit, dass man, wenn man Wissen zu Theorien der Sozialen Arbeit entwickeln will, nicht umhinkommt, dafür zumindest in Grundzügen selbst eine Theorie zu erarbeiten. Bereits für eine Einführung in vorliegende Theorien der Sozialen Arbeit ist es also wichtig, für die LeserInnen aktiv ein Bild davon zu zeichnen, was Theorien der Sozialen Arbeit sind. Die Einführung erbringt damit notgedrungen selbst eine Theoretisierungsleistung. Diese beginnt bei der Auswahl der Theorien, die man vorstellt, offenbart sich in der Art und Weise, wie man die einzelnen Theorien darstellt, zeigt sich darin, welche Kategorien man hierfür wiederum auswählt, und fußt damit letztlich vor allem auf der Perspektive, mithilfe derer man innerhalb der Einführung Theorien der Sozialen Arbeit greifbar macht.
Wem nun sofort der Schauder über den Rücken fährt angesichts derart zahlreicher Erwähnungen des Wortes „Theorie“, dem sei vorab versichert, dass wir Theorien – und damit auch die hier vorgelegte Theorieperspektive auf Theorien – nicht als etwas verstehen, das sich irgendwo „fernab der Praxis“ oder völlig jenseits von konkret beobachtbaren Phänomenen und Lebensäußerungen vollzieht. Wie wir zeigen werden, ist dafür die wechselseitige Verwobenheit von Vorstellungen zu Theorie und Praxis bei Weitem zu grundlegend. Darum, diese Verwobenheit zu verdeutlichen, wird es in diesem Buch oftmals gehen. Hieran zeigt sich zugleich: Gerade, weil dieses Buch ein Buch über Theorien der Sozialen Arbeit ist, ist es auch ein Buch über Praxis der Sozialen Arbeit.
Dass man, andersherum gewendet, nicht umhinkommt, sich in Forschung, Lehre und Studium der Sozialen Arbeit auch mit Theorie, und nicht „nur mit Praxis“ der Sozialen Arbeit zu beschäftigen, darauf deutet allein schon hin, wie viel über den Zusammenhang von Sozialer Arbeit und Theorie gesprochen und geschrieben wird. Das gilt auch und gerade für den Bereich wissenschaftlicher Veröffentlichungen zur Sozialen Arbeit. Die häufige Beschäftigung mit Theorie in der wissenschaftlichen Bezugnahme auf Soziale Arbeit zeigt sich etwa daran, dass eine am 13.11.2017 durchgeführte, einfache Schlagwortsuche über Google Scholar bei Eingabe der Worte „Theorie“ und „Soziale Arbeit“ 674.000 Treffer ergab. Zum Vergleich: Dieser Wert lag oberhalb der Ergebniswerte von Schlagwortsuchen nach entsprechenden Kombinationen in angrenzenden wissenschaftlichen Fachgebieten. So kam man etwa, wenn man „Theorie“ und „Psychologie“ eingab, auf 515.000 Treffer, bei „Theorie“ und „Soziologie“ auf 325.000 Treffer, bei „Theorie“ und „Pädagogik“ auf 187.000, bei „Theorie“ und „Rechtswissenschaft“ auf 62.300 und bei „Theorie“ und „Politikwissenschaft“ auf 56.700 Treffer. Die Schlagwortsuche nach „Theorie“ und „Betriebswirtschaftslehre“ ergab 50.800 Treffer, und bei der Suche nach „Theorie“ und „Erziehungswissenschaft“ kam man gar „nur noch“ auf 45.800 Treffer. Wer nun denkt, dies hätte weniger etwas mit der eingegebenen Kombination von Schlagworten zu tun als mit der generellen Fülle an Veröffentlichungen zur Sozialen Arbeit, wird schnell enttäuscht. Strich man das Wort „Theorie“ nämlich aus den Schlagwortsuchen heraus, so veränderte sich die Rangfolge der Treffer deutlich, und die 1.090.000 Treffer der Schlagwortsuche nach der Kombination „Soziale Arbeit“ rangierten deutlich weiter hinten als etwa die Treffer für die Schlagwortsuche „Psychologie“ (1.630.000 Treffer). Und auch wenn man statt nach „Theorie“ und „Soziale Arbeit“ nach „Praxis“ und „Soziale Arbeit“ suchte, veränderte sich das Bild nicht grundlegend. Den 674.000 Treffern bei der Suche nach „Theorie“ und „Soziale Arbeit“ standen nun zwar 766.000 Treffer zu „Praxis der Sozialen Arbeit“ gegenüber, also knapp 14 % mehr. Führte man das Gleiche aber bei den oben angeführten Vergleichsbeispielen durch, so zeigte sich dort Ähnliches.
Die genannten Suchergebnisse legen zusammengenommen den Gedanken nahe, dass die Soziale Arbeit eine ziemlich theoretische Angelegenheit sein könnte. Zumindest aber, so lässt sich festhalten, scheint sie nicht weniger mit Theorie und nicht mehr mit Praxis zu tun zu haben als all die anderen o.g. wissenschaftlichen Fachgebiete.
Dieser Befund mag auf den ersten Blick verwundern. Ist die Soziale Arbeit nicht ein sehr konkretes, „praktisches“ Terrain? Und macht das nicht gerade ihre Faszination für viele StudienanfängerInnen aus, die sich für einen Studiengang der Sozialen Arbeit, Sozialpädagogik, Sozialarbeit oder auch der Erziehungswissenschaft mit einem sozialpädagogischen Schwerpunktprofil entschieden haben? Wir denken, dass diese Einschätzung sicherlich zutrifft. Aber wir behaupten zugleich, dass Soziale Arbeit