(z.B. Stoßbewegungen).
Reflexe
Bei einigen Bewegungen handelt es sich um komplexere Muster (oft als „Reflexe“ bezeichnet), die durch gezielte Stimulation ausgelöst werden können. Bekannte Reflexe sind: Saugreflex, Suchreflex, Greifreflex, Moro-Schreck-Reflex etc. (Hepper 2007). Viele dieser Muster verlieren sich nach dem 4. Lebensmonat und sind deshalb nicht direkte Vorläufer der entsprechenden Bewegungsabläufe, die später wieder aufgebaut (gelernt) werden. In der psychodiagnostischen Untersuchung von Neugeborenen nach Brazelton werden 20 dieser Reflexe gezielt ausgelöst (Brazelton et al. 1987). Die Reaktionen darauf werden standardisiert beobachtet und ausgewertet.
aufrechter Gang
In Europa und Nordamerika können die meisten Kinder mit ca. 1 Jahr ohne Hilfe aufrecht gehen. Die interindividuellen Unterschiede sind allerdings erheblich: Einige Kinder gehen bereits mit 10 Monaten, andere erst mit 1,5 Jahren, ohne dass dies zu Sorgen Anlass geben müsste. In den ersten Monaten lernen die meisten Säuglinge, zunächst sich in Bauchlage mit den Armen vom Boden abzustützen und dann sich von der Rückenlage auf die Seite zu drehen (Bayley 1993).
Laufen und Treppensteigen
Nach den ersten Gehversuchen mit 1 Jahr verbessert sich das Gehen im Verlauf des 2. Lebensjahres zunehmend, die Kinder werden zusehends schneller, d.h., sie laufen (springen) immer häufiger, erklimmen ohne Hilfe Treppen und beginnen mit Vollendung des 2. Lebensjahres zu hüpfen (Bayley 1993).
3.3.2 | Greifen, Legen, Werfen
Greifreflex
Die Greifentwicklung erfolgt kontinuierlich im ersten Lebensjahr (Thelen et al. 1996). Neugeborene sind mit einem Greifreflex ausgestattet, der durch die Berührung der Handinnenfläche ausgelöst wird; die Handöffnung erfolgt bei Berührung des Handrückens. Zudem bewegt das Neugeborene den Arm (mit geöffneter Hand) in Richtung eines Objektes mit überzufälligem Greiferfolg. Diese Muster verschwinden nach etwa 2 Monaten.
visuelles Verfolgen
Der 1- bis 2-monatige Säugling sieht zwar einen Gegenstand und betrachtet ihn interessiert, aber er greift noch nicht danach.
visuell gesteuertes Greifen
Ab dem 4. Monat kann visuell gesteuertes Greifen beobachtet werden (Krist et al. 2012). Der 4- bis 5-monatige Säugling greift nach einem Gegenstand, sofern sich sowohl die eigene Hand als auch der Gegenstand im Gesichtsfeld befinden. Das Kind vermag gezielt, ein Klötzchen zu ergreifen und bald auch in den Mund zu führen.
Links-Rechts-Koordination
Einige Wochen später kann es das Klötzchen von einer Hand in die andere geben – und noch etwas später – 2 Klötzchen gleichzeitig halten, in jeder Hand eines. Nun kann es auch 2 Klötzchen gegeneinander schlagen.
Pinzettengriff
Das Greifen von Objekten mit dem Pinzettengriff ist ab 8–10 Monaten möglich. Ab ca. 9 Monaten kann ein Kind das Klötzchen bewusst wieder loslassen und so z.B. auf den Boden werfen.
fallen lassen und bauen
Mit Vollendung des 1. Lebensjahres (9.–12. Monat) kann es das Klötzchen bewusst in einen Behälter fallen lassen. Das 12–15 Monate alte Kind stellt 2 Klötzchen zu einem Turm aufeinander.
Abb. 3.6 | Ab dem 4. Monat kann visuell gesteuertes Greifen beobachtet werden.
3.4.1 | Emotionale Entwicklung
Schon das Neugeborene kann verschiedene Emotionen ausdrücken (Lewis 2007): Es kann schreien, lächeln (anfänglich im Schlaf), zeigt Interesse (gegenüber neuartigen Stimuli), erschrickt und zeigt Ekel (gegenüber ungenießbaren Speisen).
primäre Emotionen
Ab dem 2. Monat ist im Gesicht des Säuglings die Emotion Ärger beobachtbar (wenn eine zielgerichtete Handlung des Säuglings unterbunden wird) und ab dem 3. Monat auch Freude und Trauer. Diese Emotionen bilden zusammen mit den sich erst ab dem 6. Monat entwickelnden Emotionen Furcht (z.B. Furcht vor fremden Personen) und Überraschung die primären Emotionen Interesse, Ekel, Freude, Ärger, Trauer, Furcht und Überraschung (Lewis 2007).
Funktionen der frühen Emotionen
Diese Emotionen erfüllen aber noch nicht die Funktion einer motivdienlichen Handlungsregulation. Vielmehr signalisieren sie den Bezugspersonen unspezifische Zustände, die diese motivdienlich zu beantworten haben (Holodynski 2006). Die meisten Eltern (oder andere primäre Bezugspersonen) reagieren auf den kindlichen Emotionsausdruck mit einer intuitiven „Didaktik“ (Papoušek/Papoušek 1987):
Abb. 3.7 | Emotionsausdruck: Freude
Diese emotionsbezogenen Handlungen der Bezugspersonen ergänzen den Emotionsausdruck der Neugeborenen zu motivdienlichen Emotionssystemen (Holodynski 2006). Im Verlauf des ersten und zweiten Lebensjahres werden die emotionalen Signale des Kindes spezifischer und zielgerichteter und dadurch für die Bezugspersonen eindeutiger interpretierbar.
Abb. 3.8 | Emotionsausdruck: Weinen
Wahrnehmung der Gefühle anderer Personen
Der Säugling drückt nicht nur Emotionen aus, er nimmt auch die grundlegenden Emotionen der Bezugspersonen – wie Freude, Wut, Ärger – zunehmend differenzierter wahr.
joint attention
Ab dem 6.–9. Monat übernehmen Säuglinge vermehrt die Blickrichtung der Bezugsperson, mit der sie interagieren, blicken also an die gleiche Stelle wie diese. Der gemeinsame Aufmerksamkeitsfokus ist für die sozial-kognitive Entwicklung des Kindes von enormer Bedeutung, weil nun die (seitens der Eltern) gezielte Verständigung über Referenzobjekte möglich wird.
social referencing
Ab dem 9. Monat benutzen Kinder emotionale Signale der Bezugsperson zur eigenen Verhaltenssteuerung. Je nach den Emotionen, welche die Bezugsperson gegenüber neuartigen Reizen oder Umgebungen zeigt, zeigt das Kind Annäherungs- oder Vermeidungsverhalten.
auf das Selbst bezogene Emotionen
Erst gegen Ende des 2. Lebensjahres bildet das Kind ein kategoriales Selbst aus: Es erkennt sich selbst im Spiegel und benennt sich selbst mit dem eigenen Namen. Das Bewusstsein des Selbst ist die Voraussetzung für die Entwicklung verschiedener komplexer Emotionen wie Empathie, Eifersucht, Verlegenheit, Stolz, Scham und Schuld (Lewis 2007). Während sich Empathie und die (nicht evaluative) Verlegenheit und die Eifersucht ab 1.5 Jahren entwickeln, folgen die (z.B. bezogen auf die Ursache eines Missgeschicks) evaluative Verlegenheit sowie Stolz, Scham und Schuld erst ab 3 Jahren (Lewis 2007).
ausdrucksvermittelte Empathie
Mit 1.5 Jahren, etwa gleichzeitig mit der Fähigkeit, sich selbst im Spiegel zu erkennen, setzt die Entwicklung