dass eine wiederholte Exposition mit traumatischen Situationen zu einer Prävention im Sinne einer „Gewöhnung“ führt, hat sich nicht halten lassen. Eher muss dann mit einem Symptomanstieg als Ausdruck eines Kumulativeffektes gerechnet werden.
In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Techniken aus ressourcenorientierten psychotherapeutischen Verfahren oder Methoden abgeleitet und für präventive Zwecke adaptiert.
Zudem wurden Wirksamkeitsstudien durchgeführt, deren Zahl allerdings im Vergleich zu Therapiestudien eher begrenzt und die Qualität zum Teil sehr wechselhaft ist, so dass auf diesem Gebiet nach wie vor ein erheblicher Forschungsbedarf besteht.
Im Mittelpunkt der durchgeführten Studien stand vor allem der Effekt von Vorbereitungs- und Ausbildungsmaßnahmen vor dem Eintritt einer Belastung (Primärprävention) sowie von Frühinterventionen zeitnah nach einem Ereignis (Sekundärprävention).
Auf das Thema Frühintervention wird im Kapitel 5.1 detailliert eingegangen.
Allgemeine Grundsätze der Primärprävention von Traumafolgestörungen
In den vergangenen Jahren wurde eine Reihe von psychosozialen Interventionen im Hinblick auf ihre Eignung für die Prävention von Traumafolgestörungen nach traumatischen Ereignissen untersucht (Zusammenfassung bei Skeffington et al., 2013); dazu gehörten:
Im Regelfall werden diese Elemente insbesondere bei Einsatzkräften im Rahmen ihrer Ausbildung oder vor Beginn potenziell belastender Einsätze im Rahmen von Kleingruppen-Veranstaltungen vermittelt, um auch die positive Wirkung des Gruppenzusammenhalts (Kohäsion) zu nutzen und einen gegenseitigen Austausch der Teilnehmer zu fördern. Eine weitere Variante ist die Einbindung von Stressprävention in virtuelle, multimedia-basierte Simulationen von Einsatzgeschehen. Dabei werden einsatznahe Trainingssituationen eingespielt und die Anwendung von Präventionstechniken während der Situation geübt und nachbesprochen.
Spezielle Inhalte und Bewertung präventiver Ansätze
Psychoedukation ist ein verbreiteter Ansatz in der Primärprävention psychischer Belastungen. Sie beinhaltet die Vermittlung von Informationen zu möglichen Stressoren vor, während oder nach den antizipierten Ereignissen. Kernbestandteil ist dabei die Besprechung der individuellen Bedeutung von potenziell kritischen, einschließlich auch traumatischen Ereignissen für die betroffene Person, sowie von möglichen psychischen und körperlichen Reaktionen (Früherkennung) Ergänzend können auch die Erarbeitung von Bewältigungsstrategien und die Vorstellung professioneller Hilfsangebote im Falle von Belastungen oder Erkrankungen hilfreich sein.
Meist wird Primärprävention dieser Art in Vortrags- oder Seminarveranstaltungen durch einsatzerfahrenes, geschultes Personal angeboten. Zusätzlich empfiehlt sich aber auch die Anwendung von Broschüren oder Internet-Angeboten.
Beispielsweise hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung verfügbare Materialien in einer „Mediensammlung zum Thema Psychotrauma“ zusammengefasst, die im Internet unter www.dguv.de kostenfrei abrufbar ist.
Die Bundeswehr verfügt mit www.PTBS-Hilfe.de und www.angriffauf-die-seele.de über zwei online-basierte Portale, die eine Vielzahl an Materialien bereitstellen, unter anderem auch einen Online-Selbsttest und einen Lehrfilm zum Thema PTBS Seit 2016 ist zudem eine App zu diesen Themen kostenfrei erhältlich („Coach PTBS“) (Zu den Einzelheiten siehe auch Kapitel 5.10).
Auf der Website der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotaumatologie (www.DeGPT.de) steht ein anschaulicher Lehrfilm zu Traumafolgen und ihrer Behandlung zur Verfügung.
Studien zum präventiven Effekt von Psychoedukation wurden bislang nur im Kontext von Sicherheitskräften durchgeführt, hatten allerdings methodische Schwächen, sodass noch keine gesicherte Aussage zu ihrer Wirksamkeit möglich ist (Skeffington et al., 2013).
Psychoedukation wurde in mehreren Ansätzen mit einer Vermittlung von Stressbewältigungskompetenzen kombiniert. Dazu gehören Wahrnehmungstrainings für Körperfunktionen und -reaktionen, zum Beispiel über Biofeedback, für Emotionen und gedankliche Bewertungen (Kognitionen). Diese sollen dabei als integraler Teil der Stressverarbeitung erkannt werden, um in einem zweiten Schritt Mechanismen der Gegenregulation zu erlernen, z. B. ein aktives Entspannungsverfahren. Bewährt haben sich bei traumabezogenem Stress Techniken zur Atementspannung sowie auch imaginative Verfahren, die Entspannung über die Entwicklung von Fantasiebildern zur inneren Sicherheit, Naturbezogenheit etc. ermöglichen (z. B. der „Sichere Ort“, Kap. 3.2).
Ergänzend sind Verfahren des Stress- und Angstmanagements und der Aufmerksamkeits- und Emotionsregulation in der Prävention erprobt worden, daneben auch Kommunikationstrainings und die Erarbeitung von Coping-Strategien. Diese Techniken können in diesem Rahmen nicht detailliert wiedergegeben werden, es wird auf die einschlägigen Lehrbücher der Verhaltenstherapie (z. B. Margraf & Schneider, 2008) verwiesen.
Schutzfaktor soziale Unterstützung
Exemplarisch sei aber auf die Bedeutung sozialer Kontakte für die Prognose nach Traumatisierungen hingewiesen. Eine gute soziale Unterstützung hat sich in zahlreichen Studien als sehr wichtiger Schutzfaktor erwiesen. Maßnahmen, die zu einer Verbesserung dieser Unterstützung beitragen, wie beispielsweise die Entwicklung von Copingund Konfliktbewältigungs-Strategien durch soziales Kompetenztraining, können daher stress-präventiv wirksam sein. An gleicher Stelle setzen auch Angebote an, die die Aufklärung von Angehörigen Traumatisierter verbessern, wie etwa Angehörigen-Hotlines, Angehörigengruppen oder Aufklärungsbroschüren, wie z. B. die der Bundeswehr „Wenn der Einsatz noch nachwirkt“ für Angehörige traumatisierter Soldaten (www.angriff-auf-die-seele.de/cms/informationen/tipps/401-broschuerewenn-der-einsatz-noch-nachwirkt.html, 17. 2. 2017).
Die Kombination aus Psychoedukation und Stressbewältigungsstrategien wurde an einer Stichprobe von 20 Polizeibeamten in Sarajewo untersucht, von denen die Hälfte ein derartiges Training erhielten, die andere Hälfte als Kontrollgruppe dagegen nur eine Routine-Polizeiausbildung. Die Trainingsgruppe zeigte im Vergleich zur Kontrolle eine signifikante Reduktion von Angst und somatischen Reaktionen auf Stress (Sijaric-Voloder & Capin, 2008).
In zwei weiteren Studien an Polizeikräften wurden Psychoedukation und Stressbewältigungstraining in Kombination mit einer virtuellen Stressexposition durchgeführt und erprobt. Dabei wurden zunächst Informationen vermittelt und Techniken, z. B.