Präferenzen hinsichtlich von Werthaltungen oder Verhaltensmustern. Die Erfassung erfolgt meist mit sog. Likert-Skalen, bei denen zu einzelnen Items positiv oder negative formulierte Aussagen zu Konsum- und Freizeitverhaltensmustern bzw. -präferenzen abgefragt werden. Dabei können die Probanden ihre Zustimmung oder Ablehnung in mehreren, vorgegebenen Abstufungen – z. B. von „stimme voll zu“ bis „stimme überhaupt nicht zu“ – angeben. Auf der Basis der Einzelaussagen werden dann mit einer Clusteranalyse Teilstichproben relativ ähnlicher Merkmalsausprägungen zu einstellungs- und verhaltensähnlichen Gruppen abgegrenzt. Die Bezeichnung der Cluster erfolgt anschließend anhand der typischen Merkmalsausprägungen innerhalb der Cluster.
Diese Verfahrensweise erklärt auch, warum die Festlegung von Lebensstilgruppen je nach einbezogenen Variablen und den Parametern der Clusteranalyse so gut wie nie zu identischen Gruppierungen führt. Es zirkuliert daher eine Vielzahl von – oftmals zwar ähnlichen, aber im Detail dann doch etwas unterschiedlichen – Zuordnungen (und auch die von Sinus festgelegten Milieus haben sich im Laufe der Jahre verändert).
Die Relevanz der Einteilung in Milieus oder Lebensstile soll anhand des nachfolgenden Beispiels kurz veranschaulicht werden. Bei einer Befragung zur Freizeitmobilität wurden Freizeitstilgruppen über ein breites Spektrum von Aussagen zu Präferenzmustern der Freizeitgestaltung gebildet (genauer bei GRONAU & KAGERMEIER 2007). Bei einer Gegenüberstellung der unterschiedlichen Freizeitstilgruppen mit der diese bei der Wahl des Verkehrsmittels auf funktionale Aspekte (Sicherheit, Zuverlässigkeit, Preiswürdigkeit) oder spaß-orientierte Aspekte (Freude am Fahren, Autofahren als Selbstzweck) Wert legen, zeigt sich deutlich, dass unterschiedliche Freizeitstilgruppen den funktionalen und den spaß-orientierten Aspekten verschieden großes Gewicht beimessen (vgl. Abb. 10).
Spaß- und Funktionsorientierung bei Verkehrsmittelwahl in der Freizeit für unterschiedliche FreizeitstilgruppenFreizeitstilgruppen (Quelle: eigene Darstellung nach GRONAU & KAGERMEIER 2007, S. 129)
Dementsprechend weisen sie auch eine unterschiedliche Affinität zur Inanspruchnahme von relativ umweltverträglichen Verkehrsmittelalternativen auf. Eine solche Analyse im Vorfeld der Einführung von z. B. ÖPNV-Angeboten zur Erschließung einer Freizeiteinrichtung kann mit dazu beitragen, das konkrete Potential genauer einzugrenzen. Vereinfacht ausgedrückt ist es schwieriger, „spaß-orientierte Autofreunde“ für den Besuch einer Motorsportveranstaltung durch ein entsprechendes Zubringerbusangebot anzusprechen als z. B. familienorientierte Besucher eines Freizeitparks.
Die Segmentierung der Lebens- und Konsumstile weist dabei eine gewisse Beliebigkeit auf. Je nachdem, welche Ausgangsparameter in die Clusteranalysen eingespeist und mit welchen Vorgaben diese durchgeführt werden, entstehen teilweise voneinander abweichende Gruppen ähnlicher Ausprägungen, die dann anhand ihrer Gemeinsamkeiten mit schlagkräftigen Bezeichnungen versehen werden. Teilweise entsteht dabei der Eindruck, dass manchmal mehr Kreativität und Energie in die Generierung von Begriffen verwendet wird als in die methodisch sauberere Ermittlung. Ähnlich ist es auch bei der stark umworbenen Gruppe der sog. 50plus-Generation, die als mit so schillernden Metaphern wie Silver Consumer, Best Ager, Generation Gold, Golden Ager oder Master Consumer bezeichnet wird, ohne dass dahinter eine große analytische Substanz steht.
Erlebnisorientierung
ErlebnisorientierungIm Zusammenhang mit der nachfrageorientierten Gestaltung von touristischen Angeboten wird in den letzten Jahren dem Besuchererlebnis ein wachsendes Augenmerk gewidmet. Auch wenn retrospektiv seit der Zeit der Vaganten (vgl. Kap. 1.2.1) das persönliche Erlebnis als relevantes Motiv angesehen wird, ist dessen Operationalisierung, Erfassung und genauere Analyse erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts in den Fokus der sozialwissenschaftlichen Analyse gerückt. Dies hängt damit zusammen, dass in den letzten Jahrzehnten (vgl. auch die Ausführungen zu MASLOWS Bedürfnispyramide in diesem Kapitel) die individuelle Selbstverwirklichung und damit auch das individuelle Erlebnis an Bedeutung für die Individuen zugenommen haben.
Die zunehmende Bedeutung des individuellen Erlebnisses wurde von SCHULZE (1992) in seinem Buch über die Erlebnisgesellschaft auf einen Wandel der Lebensauffassungen zurückgeführt. Lange Zeit galt für den Großteil der Gesellschaft eine sog. außenorientierten Lebensauffassung, die in einer klar sozial strukturierten und geschichteten Gesellschaft externe Vorgabe von Zielen und Normen für das Individuum (z. B. Reproduktion der Arbeitskraft, Beschaffung von lebensnotwendigen Ressourcen, Aneignung von Qualifikationen, Altersvorsorge) bedeutete. Diese ist abgelöst worden von einer stärker innenorientierten Lebensauffassung, bei der die Gestaltungsidee eines „schönen, interessanten, subjektiv als lohnend empfundenen Lebens“ (SCHULZE 2005, S. 37) in den Vordergrund trat. Die damit verbundene Betonung des subjektiven Erlebnisses in weiten Teilen der Gesellschaft führt zu einer Ästhetisierung des Alltagslebens und einer Höherbewertung der Selbstverwirklichung.
Die Freizeit- und Erlebniswelten des ausgehenden 20. Jahrhunderts (vgl. z. B. STEINECKE 2000) haben genau diese subjektive Erlebnisorientierung angesprochen, indem Sie dem Individuum ein positives Erlebnis versprachen. Damit war dieses Versprechen von unverwechselbaren, einmaligen Erlebnissen als der zentrale Erfolgsfaktor für den im letzten Kapitel thematisierten Boom der Freizeit- und Erlebniswelten in den 1990er Jahren anzusehen.
KAGELMANN hat die Erfolgsfaktoren der Freizeit- und ErlebnisweltenFreizeit- und Erlebniswelten der 1990er Jahre wie folgt zusammengefasst:
1 die Tatsache, dass die Besucher in eine Kontrastwelt zur Alltagswelt eintauchen können,
2 eine größere Zahl von Erlebnissen auf hohem und verlässlichem Niveau vermittelt werden,
3 immer wieder neue Angebote mit wechselnden Attraktionen und Events geboten werden,
4 die professionelle Organisation auf einen perfekten ungestörten (Konsum-) Genuss ausgerichtet ist,
5 multifunktionale Angebote den multioptionalen Ansprüchen der Nachfrager entsprechen,
6 ein thematisches Leitmotiv, das idealerweise dem Grundprinzip des Storytellings folgt, und ein unverwechselbares Erlebnis verspricht (nach KAGELMANN 1998, S. 79ff.).
Dabei zeigte sich aber, dass der Erfolg von auf oberflächliches Erlebnis ausgerichteten Angeboten oftmals nur kurzfristig war. Ein einmal gemachtes Erlebnis kann bei der Wiederholung als nur noch begrenzt attraktiv empfunden werden. Diesem Abnutzungseffekt wurde lange Zeit über eine Intensivierung bzw. Erneuerung der gebotenen Effekte entgegengewirkt. OPASCHOWSKI (2000) prägte dabei den Begriff der „ErlebnisspiraleErlebnisspirale“, bei der immer ausgefeiltere Angebote nachgefragt werden. Das kontinuierliche „Nachrüsten“ in den Freizeitparks und Konsumwelten der 1990er Jahre kann als Anzeichen dafür angesehen, dass in Teilen des Marktes auch heute noch dem Leitbild des „schneller, höher, weiter“ gefolgt wird.
Auch wenn die 1990er Jahre von einer intensiven Beschäftigung mit den sog. Erlebniswelten geprägt waren, sind bis heute unsere Kenntnisse über die Erlebnisse induzierende und auslösende Aspekte sowie die unterschiedlichen Arten von Erlebnissen relativ überschaubar. Viele Ansätze beziehen sich auf die von PINE & GILMORE identifizierten Dimensionen der Besucheransprache.
PINE & GILMORE (1999) versuchen, bei der von ihnen ausgerufenen sog. „ErlebnisökonomieErlebnisökonomie“ neue Wege zur Ansprache der Kunden zu finden. Bei diesem in sich recht stimmigen und auch intensiv rezipierten Definitionsversuch wird die soziale Dimension der Interaktion nicht aufgeführt. PINE & GILMORE unterscheiden dabei zwei Dimensionen des Erlebnisses, die durch die beiden Achsen Passive-Aktive Teilnahme (Passive-Active Participation) und Aufnahme-Eintauchen (Absorption-Immersion) gekennzeichnet sind (vgl. Abb. 11). Traditionelle touristische Angebote sind stark auf die Aufnahme/Rezeption ausgerichtet. Im Bereich der klassischen Kultur- und Bildungsreise erfolgt diese durch eine aktive Beteiligung, während im Bereich der Freizeitparks eher passive Beteiligung dominiert. Als Zwischenform kann der Edutainment-Ansatz angesehen werden (teils aktiv, teils passiv).
Dimensionen