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Vegane Ernährung


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der eigenen Selbstoptimierung. Er stellt Schönheit, körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie das eigene Wohlbefinden als Lifestyle in den Mittelpunkt seines Lebens. Er praktiziert den Veganismus nach den Prinzipien von Spaß und Genuss und möchte, auch oft in einer Gruppe mit Gleichgesinnten, auf kulinarische Köstlichkeiten und gesellschaftliche Ereignisse nicht verzichten (vgl. YOUGOV 2014; EYMANN 2014).

      LOHAS: Als LOHAs (Lifestyle of Health And Sustainability) werden Personen bezeichnet, die einen Lebensstil pflegen, der von Gesundheitsbewusstsein und -vorsorge sowie der Ausrichtung an Prinzipien der Nachhaltigkeit geprägt ist. LOHAS verstehen Essen als ein gestaltendes Moment der Gesellschaft – als ein politisches Instrument, mit dem jeder Konsument durch sein Einkaufsverhalten entscheidet, welchen Lebensmittelhersteller, welchen Landwirt oder welchen Lebensmittelanbieter er unterstützen will. Dabei geht es neben dem sensorischen Erleben um Werte, Anerkennung, Verantwortung und Ökologie (vgl. PAUL und ANDERSONS 2001, HORX 2010, VOIGT 2008).

      [18] Freeganer: Freeganer verzichten in erster Linie auf Produkte, die aus dem kommerziellen Handel stammen. Ihr Motiv für diese Haltung ist oft eine antikapitalistische, anarchistische Überzeugung und die Kritik an der westlichen Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Sie greifen auf weggeworfene oder abgelaufene Waren und Supermarktabfälle zurück (sogenanntes «Containern») sowie auf geschenkte, selbst angebaute, gefundene oder gesammelte Lebensmittel. Freeganer wollen so auf Lebensmittelverschwendung und eine ungerechte Ressourcenverteilung aufmerksam machen und einen Beitrag zur Reduktion von Lebensmittelüberproduktion und -abfall leisten (COYNE 2011; MORÉ 2011). Der Begriff «Freeganer» wird unterschiedlich definiert, bezeichnet jedoch ursprünglich ethisch motivierte Veganer, die keine tierischen Produkte kaufen, jedoch tierische Produkte «aus dem Abfall» (z. B. aus einem Supermarkt-Container) konsumieren.

      «Clean Eater» (= reiner Esser): Clean Eating ist ein Ernährungskonzept, welches zwischen erlaubten und verbotenen Lebensmitteln unterscheidet. Erlaubt sind reine Lebensmittel, d. h. «natürliche», «unverarbeitete» und «vollwertige» Lebensmittel; – verboten sind dagegen jene mit einem hohen Verarbeitungsgrad wie z. B. Weißmehlprodukte, Zucker, Fast Food, Süßigkeiten sowie koffeinhaltige Getränke und Alkohol. Außerdem sollen Lebensmittel mit künstlichen Konservierungsstoffen, Farb- und Aromastoffen sowie künstlichen Süßstoffen vermieden werden (RENO 2011). Clean Eater verzichten auf Fertiggerichte und Produkte mit mehr als fünf Zutaten, da diese meist nicht «clean» sind und den Körper daher mit «unnatürlichen» bzw. «chemischen» Substanzen belasten, (vgl. KÜHNE 2014; RENO 2011). Diese Ernährungsform entspricht in den meisten Punkten der klassischen Vollwert-Ernährung. Während die traditionelle vegane Ernährung mit frischen, regionalen, saisonalen, ökologisch und klimaneutral erzeugten Lebensmitteln von vielen Clean Eatern als die Ernährung der Wahl umgesetzt wird, wird der neue vegane Trend mit seinen zahlreichen, oft stark verarbeiteten Milch- und Fleischersatzprodukten den Ansprüchen des Clean Eatings nicht gerecht (KÜHNE 2014).

      1.2 Schritte zur veganen Ernährung

      Die Entwicklung hin zu einer veganen Lebensweise mit ihren vielfältigen Ausprägungen ist ein sehr individueller Weg. Meist beginnt die Umstellung mit einer kritischen Betrachtung der bisherigen Essgewohnheiten. Sie werden als [19] Folge einer intensiven Selbstreflexion und eines Bewusstwerdungsprozesses infrage gestellt und in einem anschließenden Umsetzungsprozess modifiziert (BEARDSWORTH und KEIL 1991 a; RUBY 2012). Hierbei spielen zum einen intrinsische Faktoren wie individuelle Moralvorstellungen, die eigene Gesundheit, Geschmack oder Abneigung gegenüber Fleisch, aber auch extrinsische Faktoren wie Freunde, Peer Groups, die Familie oder soziale Medien eine wichtige Rolle (GUERIN 2014).

      Der Weg zum Veganismus wird durch die Biografie und die Erlebnisse des Einzelnen wesentlich mitbestimmt. Dabei können die bewusst wahrgenommenen positiven und negativen Erfahrungen stimulierend bzw. inhibierend auf die Ernährungsumstellung wirken (LARSSON et al. 2003). MC DONALD (2000) sieht die Verhaltensveränderung als Resultat eines Lern- und Erfahrungsprozesses, der auch mit der Frage nach der eigenen Identität und dem Kohärenzgefühl einhergeht (vgl. Kap. 4). Der Lernprozess wird dabei von verschiedenen Eindrücken und Erfahrungen beeinflusst, die katalytische Wirkung haben können. Berichte über Massentierhaltung können z. B. das Bewusstsein für die mitunter brutale Behandlung von Nutztieren sensibilisieren und entweder Verdrängungsreaktionen oder den Wunsch nach mehr Information und möglichen Gegenmaßnahmen auslösen (MC DONALD 2000).

      Die vegane Ernährungsumstellung kann schrittweise oder abrupt erfolgen (vgl. Abb. 1-2). Meist handelt es dabei jedoch um einen schrittweisen Prozess mit einer sukzessiven Veränderung der Ernährungsgewohnheiten; meist ausgehend von einem moderaten Fleischkonsum über den vollständigen Verzicht auf Fleisch (Vegetarismus), dem teilweisen Verzicht auf tierische Produkte (Teilzeit-Veganismus) bis hin zur Entscheidung, gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten (Veganismus). Anfänglich wird der Fleischkonsum über einen Zeitraum von 6 Monaten bis 3 Jahren reduziert und später je nach Konsequenz teilweise oder ganz vom Speiseplan gestrichen. In dieser Umstellungsphase wird das Fleisch oft durch einen erhöhten Konsum von Milchprodukten bzw. Fleischersatzprodukten kompensiert. Danach folgt das Weglassen von Fisch und letztendlich aller Produkte tierischen Ursprungs (vgl. BECVAR und RADOJICIC 2008; MACNAIR 2001). Eine abrupte Umstellung erfolgt in der Regel in zwei Schritten und wird häufig durch ein bestimmtes einschneidendes Erleben, wie z. B. die Konfrontation mit dem Leid von Tieren in der Massentierhaltung, ausgelöst (JABS, DEVINE und SOBAL 1998; BEARDSWORTH und KEIL 1991b). Auch die Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung, bei der die vegane Ernährung als sinnvolle Therapiealternative und/oder Ergänzung angesehen wird, kann zu einem plötzlichen Lebenswandel führen (RUBY 2012; CAMPBELL [20] und CAMPBELL 2011). Vornehmlich ethisch motivierte Personen verzichten zunächst auf Fleisch (Vegetarismus) und treffen schon bald danach die Entscheidung, vollständig auf tierische Produkte zu verzichten.

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      Abb. 1-2: Wege zur veganen Ernährung.

      Bewusstwerdungsprozess und Verhaltensänderung

      Wichtigste Voraussetzung für eine stabile Verhaltensveränderung ist die Information und Motivation.

      In den Veränderungsstadien der Bewusstwerdung und Handlungsvorbereitung suchen die Klienten zunächst kognitive Strategien der Wissens- und Informationsvermittlung. Hier ist die Ernährungsberatung gefordert, professionelle Anleitung zu nutritiven, wissenschaftlich fundierten Maßnahmen zu liefern, um möglichen Mangelerscheinungen einer veganen Ernährung vorzubeugen.

      Um eine verstetigte Veränderung mit neuen neuronalen Verhaltensmustern zu bewirken, reicht eine verbal geäußerte Bereitschaft nicht aus. Jede einzelne Erfahrung, ob gut oder schlecht, ist in den Synapsen des menschlichen Gehirns als neuronales Erregungsmuster abgespeichert. Je häufiger diese abgerufen werden, desto stabiler sind [21] sie («our brain becomes who we are»). Veränderungsprozesse benötigen «neue Spuren» im menschlichen Gehirn. Studien bestätigen, dass Nervenzellen bei «angemessener Stimulation» neue Gensequenzen abschreiben bzw. nicht benutzte stilllegen. Dies geschieht bis ins hohe Alter und bildet die Basis für ein lebenslanges Veränderungspotenzial. Untersuchungen haben gezeigt, dass Sicherheit und Vertrauen (sichere Bindung) bei gleichzeitiger Motivation (emotionaler Beteiligung) einen optimalen Mix an Neurotransmittern evoziert, welcher über bildgebende Verfahren nachweisbare, strukturelle Umbauprozesse im Gehirn hervorruft (HÜTHER 2006).

      In den Veränderungsstadien der Handlung und Aufrechterhaltung suchen die Betroffenen vermehrt nach «behavioralen Strategien» als «Motoren» des Veränderungsprozesses. Der salutogene Ansatz nach Antonovsky stellt Veränderungsprozesse, wie die Veränderung der Lebensstil- und Essgewohnheiten, in einen übergreifenden, positiven biografischen Zusammenhang und verfolgt das Ziel der Bewusstseinsbildung und Mobilisierung eigener Ressourcen zur aktiven Bewältigung der momentanen Lebenssituation. Dabei spielt die vertrauensvolle Orientierung im Leben (Kohärenz), die sich aus der Verstehbarkeit (ich weiß, wieso ich etwas tue), der Handhabbarkeit (ich weiß, was ich tun muss) und der Sinnhaftigkeit (z. B. ich nehme nicht ab, weil der Arzt es mir angeordnet hat, sondern weil ich für meine Enkel fit sein möchte …) eine wichtige