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Vegane Ernährung


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auch die eigene Identität. Hierbei spielen Eigenverantwortlichkeit und Selbstoptimierung eine wichtige Rolle. Sie kann so auch zum Symbol des Selbstmanagements werden und spiegelt wider, wie sehr die Person an sich arbeitet (LINDQUIST 2013).

      2 Nährstoffversorgung im Lebenszyklus vegan lebender Menschen

      Sigrid Siebert in Zusammenarbeit mit Franziska Heine und Julia Mai

      [27] Vegane Ernährung schließt die Verwendung tierischer Produkte weitestgehend aus. Im Vergleich zu anderen Kostformen ist die Lebensmittelauswahl daher verhältnismäßig stark eingeschränkt. Aufgrund der pflanzenbasierten Lebensmittelauswahl weisen Veganer ein charakteristisches Bild der Nährstoffversorgung auf (BERKOW und BARNARD 2006; CLARYS et al. 2014; DAVEY et al. 2003). Einige Nährstoffe, wie zum Beispiel Vitamin C und Folsäure, sind durch eine rein pflanzliche Lebensmittelauswahl sehr gut abzudecken, während andere, vor allem Vitamin B12, vor dem Hintergrund eines potenziellen Mangels kritisch diskutiert werden. Hinzu kommt, dass sich der Nährstoffbedarf im Lebenszyklus des Menschen verändert: Jede Lebensphase ist durch eine bestimmte Entwicklung gekennzeichnet, aus der sich spezifische Nährstoffbedarfe ergeben. Besonders die Zeit im Mutterleib und das erste Lebensjahr sowie die Wachstumsphasen in Kindheit und Jugend sind mit einem erhöhten Nährstoffbedarf verbunden. Durch Hormonelle Umstellungsphasen der Pubertät und der Wechseljahre können sich spezielle Bedürfnisse entwickeln. Auch im höheren Alter verändern sich die Bedarfe aufgrund körperlicher Einschränkungen sowie Resorptions- und Verwertungsstörungen. Besondere Anforderungen stellt auch der (Leistungs-)Sport an den menschlichen Körper. Eine optimale Nährstoffversorgung hat entscheidenden Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine vegane Ernährungsweise eine adäquate Nährstoffversorgung in allen Lebensphasen gewährleistet und ob sie den Empfehlungen der Fachgesellschaften für eine gesunde Ernährungs- und Lebensweise entspricht.

      2.1 Nährstoffversorgung vegan lebender Erwachsener

      [28] Hintergrund: Wie Abb. 2-1 zeigt, erreichen Veganer im Durchschnitt die Empfehlungen zur Nährstoffzusammensetzung der Ernährung. Sowohl Männer als auch Frauen mit veganer Ernährung erreichen die Empfehlungen für die Kohlenhydrataufnahme, während die Anteile für Fett und Protein nur sehr geringfügig von den Empfehlungen abweichen. Das Nährstoffprofil kann daher grundsätzlich als ausreichend bewertet werden. Die in Abb. 2-1 verwendeten Daten entstammen der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Dabei handelt es sich um eine der größten epidemiologischen Studien weltweit, die den Nahrungsmittelverzehr von über 500 000 Teilnehmern aus zehn europäischen Ländern erfasste. Als Referenzwerte werden diesen Daten die Richtwerte der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Ernährung, DGE, ÖGE und SGE, gegenübergestellt.

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      Abb. 2-1: Prozentuale Zufuhr der Makronährstoffe bei Veganern. Exemplarisch dargestellt sind die Werte der EPIC-Oxford-Studie im Vergleich zur empfohlenen Zufuhr gemäß den D-A-CH-Referenzwerten. E% = Energieprozent der täglichen Energiezufuhr; *Verzehrsempfehlung von über 50 E% Kohlenhydraten (DAVEY et al. 2003; vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018).

      [29] Energie: Der Energiebedarf setzt sich aus dem Grundumsatz (GU), dem Energiebedarf für körperliche Aktivität, der Wärmebildung nach Nahrungsaufnahme und, je nach Lebensphase, dem Energiebedarf für Wachstum, Schwangerschaft und Stillzeit zusammen. Die Höhe des GU ist von Alter, Geschlecht, Ethnie, Körperzusammensetzung, Körperoberfläche, Hormon- und Ernährungsstatus, Klima und Höhenlage abhängig. Bei vielen Menschen macht der GU bis zu 75 % des gesamten Energieumsatzes aus (vgl. KOFRANYI 2013, S. 72).

      Männer: 2300 kcal/Tag

      Frauen 1800 kcal/Tag

      Versorgung bei Veganern: Je mehr tierische Lebensmittel aus der Ernährung ausgeschlossen werden, desto weniger Energie wird im Durchschnitt aufgenommen. Das belegen viele Kohortenstudien, die zeigen, dass vegane Ernährung im Vergleich zu Ernährungsweisen mit tierischen Produkten zu einer geringeren Energieaufnahme führt (BERKOW und BARNARD 2006; CLARYS et al. 2014). Die durchschnittliche Energieaufnahme von Veganern liegt für einige Nährstoffe über, für andere unter den Richtwerten für die Energiezufuhr (s. Tab. 2-1). Grundsätzlich ist eine ausreichende Energiezufuhr durch vegane Ernährung jedoch durchaus zu erreichen. Die Ergebnisse der Deutschen Vegan-Studie zeigen jedoch, dass 78 % der Männer und 84 % der Frauen die empfohlene Kalorienaufnahme nicht erreichten (WALDMANN et al. 2003). Dieses Ergebnis spiegelt sich auch im Body Mass Index (BMI) der Probanden wider: Ein Viertel der an der Untersuchung teilnehmenden Veganer/innen war untergewichtig (= BMI ≤ 20 kg/m² bei den Männern und 19 kg/m2 bei den Frauen). Im Durchschnitt betrug der BMI 21,3 kg/m² (vgl. Kap. 3) (WALDMANN et al. 2003).

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      Durch den Verzehr größerer Mengen Gemüse und Obst wird aufgrund der geringeren Energiedichte dieser Lebensmittel weniger Energie aufgenommen. Veganer nehmen zudem durchschnittlich große Mengen Ballaststoffe auf. Ballaststoffreiche Lebensmittel zeichnen sich durch eine geringere Energiedichte aus. Zudem scheint die Bioverfügbarkeit der in pflanzlichen Lebensmitteln enthaltenen Energie aufgrund verschiedener Mechanismen beeinträchtigt zu sein (vgl. Kap. 3). Eine Studie, die verschiedene Kostformen (Mischkost, vegane und vegetarische Diäten) miteinander verglich, kommt zu dem Fazit, dass eine vegane Kost, verglichen mit vegetarischen Kostformen, am effektivsten Gewicht zu reduzieren hilft (CHAVARRO et al. 2015).

      2.1.1 Nährstoffe

      Unkritische Mikronährstoffe

      Funktion und Vorkommen: Pflanzliche Lebensmittel enthalten eine Vielzahl an Nährstoffen, die diverse unterschiedlichste Funktionen im menschlichen Stoffwechsel einnehmen. Eine Versorgung mit einigen dieser Nährstoffe ist in einer veganen Ernährung als unkritisch anzusehen. Eine Übersicht über deren Funktionen und ihr Vorkommen in Lebensmitteln gibt Tab. 2-2.

Nährstoff Überblick zu den Funktionen relevante Lebensmittelquellen
Vitamin B1 (Thiamin) Kohlenhydratstoffwechsel Weizenkeime, Erbsen, Hafer
Vitamin B6 (Pyridoxin) Aminosäurestoffwechsel, Immunsystem, Hämoglobinsynthese Weizenkeime,