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Wörterbuch der Soziologie


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Rolle spielt. Die verfügbaren Daten für Deutschland zeigen, dass nicht nur die Einkommensarmut, sondern auch der Einkommensreichtum in den letzten Jahren zugenommen hat. Auch die im Vergleich zum verfügbaren Einkommen ungleich größere Vermögenskonzentration hat zwischen 2002 und 2007 noch zugelegt (vgl. Frick et al. 2010).

      Literatur

      Andreß, Hans-Jürgen, 1999: Leben in Armut. Analysen der Verhaltensweisen armer Haushalte mit Umfragedaten, Opladen. – Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2001: Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Bonn (2003: Zweiter Bericht; 2008: Dritter Bericht). – Frick, Joachim R. et al., 2010: Die Verteilung der Vermögen in Deutschland. Empirische Analysen für Personen und Haushalte, Berlin. – Groh-Samberg, Olaf, 2008: Armut, soziale Ausgrenzung und Klassenstruktur. Zur Integration multidimensionaler und längsschnittlicher Perspektiven, Wiesbaden. – Groh-Samberg, Olaf; Voges; Wolfgang, 2013: Armut und soziale Ausgrenzung; in: Mau, Steffen; Schöneck, Nadine M. (Hg.): Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, 3. Aufl., Wiesbaden, 58–79. – Kronauer, Martin, 2010: Exklusion: Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus, 2. Aufl., Frankfurt a. M./New York. – Leibfried, Stephan et al, 1995: Zeit der Armut: Lebensläufe im Sozialstaat, Frankfurt a. M.

       Olaf Groh-Samberg/Wolfgang Voges

      In der ursprünglichen, heute noch geläufigen Bedeutung meint Ausbeutung (engl. exploitation) die Extraktion von Bodenschätzen. Als Aneignung fremder, unbezahlter Arbeit hat Marx – im Anschluss an die klassische Politische Ökonomie (A. Smith; D. Ricardo) und den Frühsozialismus (R. Owen) – Ausbeutung ins Zentrum seiner Kapitalismusanalyse und Klassentheorie gerückt. Dort erscheint Ausbeutung als Bedingung der Kapitalverwertung und Ursache des Klassenantagonismus zwischen Lohnarbeit und Kapital. In der Entfremdung und Verelendung des Proletariats werden ihre Begleit- und Folgeerscheinungen gesehen.

      Alle Klassensysteme beruhen auf Ausbeutung, auf dem Transfer von unbezahlter Arbeit von der ausgebeuteten zur ausbeutenden Klasse. Die vorkapitalistischen Formen der Ausbeutung (Sklaverei; Leibeigenschaft) sind leichter durchschaubar als die kapitalistische Ausbeutung, weil jene auf außerökonomischem Zwang beruhen und die Gratisarbeit der Ausgebeuteten offensichtlich ist, diese jedoch durch die frei kontrahierte Lohnarbeit verschleiert wird: »Auf Basis des Lohnsystems erscheint auch die unbezahlte Arbeit als bezahlt« (MEW 16, 134). Das »Geheimnis des Arbeitslohns« sah Marx darin, dass in Wirklichkeit nur die notwendige Arbeit (d. h. das Äquivalent für die Reproduktionskosten der Arbeitskraft) entlohnt wird und die Mehrarbeit den Kapitalbesitzern als Mehrwert zufließt. Die Mehrwertrate (Verhältnis der Mehrarbeitszeit zur notwendigen Arbeitszeit) ist das Maß für die Ausbeutung.

      Der Marxsche Ausbeutungsbegriff wird gewöhnlich als Bestandteil der Arbeitswerttheorie angesehen, Roemer und Holländer haben indes gezeigt, dass Ausbeutung und Klassenantagonismus auch unabhängig von dieser Theorie begründet werden können, wobei Holländer die Marxsche Annahme in Frage stellt, dass Ausbeutung ausschließlich in der Produktionssphäre stattfinde. Ein ökonomisch-mathematischer Beweis für die Ausbeutung stammt von Morishima.

      [41]Mit der Theorie vom »ungleichen Tausch« hat Emmanuel, im Anschluss an Lenins Imperialismustheorie, den Ausbeutungsbegriff auf das Verhältnis der Industrieländer zu den Entwicklungsländern der Dritten Welt übertragen. Auch Wallersteins Weltsystemtheorie (1974 ff.; 1984) basiert auf der Annahme eines systematischen Profittransfers von den Ländern der Peripherie in die des kapitalistischen Zentrums.

      Literatur

      Emmanuel, Arghiri, 1972: Unequal Exchange, London. – Holländer, Heinz, 1982: Class Antagonism, Exploitation and the Labour Theory of Value; in: The Economic Journal 92, 868–885. – Marx, Karl, 1962: Das Kapital, 1. Bd.; in: Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 23, Berlin. – Ders., 1968: Lohn, Preis und Profit; in: Marx-Engels-Werke (MEW), Bd. 16, Berlin. – Morishima, Michio, 1973: Marx’s Economics, Cambridge. – Roemer, John E., 1982: A General Theory of Exploitation and Class, Cambridge (Mass.). – Wallerstein, Immanuel, 1974(I), 1980(II), 1989(III): The Modern World System, Vols. I ff., New York. – Ders., 1984: Der historische Kapitalismus, Berlin.

       Walther Müller-Jentsch

      Auswahlverfahren in der quantitativen Forschung

      Die quantitativen Auswahlverfahren (engl. sampling strategies) sind Methoden, die im Rahmen des quantitativen Forschungsparadigmas dazu dienen, aus einer bestimmten Grundgesamtheit gezielt jene Elemente auszuwählen, die einer empirischen Analyse unterzogen werden sollen.

      Untersuchungsansätze, die dem quantitativen Paradigma folgen, zielen in der Regel darauf ab, Parameter einer Grundgesamtheit anhand von bei Stichproben ermittelten Parametern zu schätzen. So könnte es beispielsweise darum gehen, den vermutlichen Stimmenanteil zu schätzen, der auf eine bestimmte Partei bei einer Wahl entfallen wird. Da es kaum möglich ist, für diesen Zweck alle Elemente der Grundgesamtheit – in unserem Beispiel alle wahlberechtigten Bürger – zu befragen, werden in der quantitativen Forschung Auswahlverfahren eingesetzt. Mittels solcher Stichprobenverfahren wird eine bestimmte Anzahl an Personen ausgewählt, die dann empirisch untersucht werden. Aus den so ermittelten Ergebnissen erfolgt dann die Schlussfolgerung auf die Grundgesamtheit.

      Die Bedeutung quantitativer Auswahlverfahren

      Quantitative Auswahlverfahren besitzen in der empirischen Sozialforschung eine hohe Bedeutung: Erstens verursacht die Erhebung von empirischen Informationen Kosten. Mit steigendem Stichprobenumfang nehmen diese Kosten zu. Gelingt es, für die Bearbeitung eines Problems eine optimale Stichprobengröße zu bestimmen, so können entsprechend Kosten gespart werden. Zweitens erlauben es die quantitativen Auswahlverfahren, Vertrauensintervalle zu bestimmen. Die Erhebung von Stichproben liefert – im Unterschied zu Totalerhebungen – stets nur unsichere Ergebnisse. Ist für die Auswahl der Elemente der Stichprobe ein Zufallsverfahren eingesetzt worden, so lässt sich ermitteln, in welchem Intervall der in der Stichprobe ermittelte Wert mit welcher Wahrscheinlichkeit auch in der Grundgesamtheit angetroffen werden kann. Die Frage, ob z. B. eine Partei die Fünfprozenthürde erreichen wird, wenn sie in einer Umfrage einen bestimmten Wert erreicht hat, lässt sich über die Bestimmung des Vertrauensintervalls beantworten.

      In der sozialwissenschaftlichen Umfragepraxis hat sich eine ganz Reihe an Auswahlverfahren etabliert. Dabei handelt es sich um die Zufallsverfahren, bewussten Auswahlverfahren und willkürlichen Verfahren zur Auswahl der Untersuchungseinheiten.

      Zufallsauswahlen

      Allen Zufallsauswahlen ist gemeinsam, dass die Wahrscheinlichkeit angegeben werden kann, mit der ein Element der Grundgesamtheit in die Stichprobe gelangt. Diese Wahrscheinlichkeit muss größer als null sein.

      Bei einstufigen oder einfachen Zufallsverfahren erfolgt die Auswahl ähnlich wie mithilfe einer Urne oder einer Lostrommel. Hier wird aus der Gesamtheit aller Elemente zufällig die gewünschte Anzahl gezogen. Dafür ist in der Praxis ein Auswahlrahmen (engl. frame) erforderlich, in dem diese Elemente vollständig verzeichnet sind und der von der Forschung für diesen Zweck genutzt werden darf. Für zahlreiche Untersuchungsanliegen existiert ein solcher Auswahlrahmen jedoch nicht, weshalb nach[42] anderen Strategien gesucht werden muss. In der Bundesrepublik haben sich mehrstufige, geschichtete und geklumpte Zufallsverfahren durchgesetzt, um Stichproben in der Allgemeinbevölkerung zu ziehen. Dazu werden in einem ersten Schritt Gemeinden gezogen. Hier existieren dann Melderegister, aus denen beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Zufallsauswahl an zu befragenden Personen gezogen werden kann. Hier handelt es sich also um ein zweistufiges Verfahren. Der ADM hat für diesen Zweck ein dreistufiges Design entwickelt (vgl. ADM 1999).

      Auch für telefonische Befragungen wurden Vorgehensweisen für die Ziehung von Zufallsstichproben ausgearbeitet, da hier ebenfalls nicht auf einen geeigneten frame zurückgegriffen werden kann. Bekanntlich sind zahlreiche Telefonanschlüsse nicht mehr in Verzeichnissen gelistet. Deshalb werden zunächst aus den zur Verfügung stehenden Verzeichnissen alle gelisteten Rufnummern heruntergeladen.