gibt es auch auf der Landesebene Landesrechtsverordnungen als „Recht der Exekutive“, in denen wiederum Einzelheiten in Ausführung des jeweiligen Landesgesetzes durch die Landesregierung oder einen Landesminister aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung in einem Landesgesetz geregelt werden.
In den meisten Bundesländern gibt es zahlreiche kommunale Gebietskörperschaften (Gemeinden, Städte und Landkreise). Diese sind häufig aufgrund von Landesgesetzen dazu ermächtigt, ihrerseits Rechtsnormen zu erlassen, und zwar in Form von so genannten Satzungen. Beispiele dafür sind z. B. Satzungen einer Stadt über den Jugendhilfeausschuss, Haushaltssatzungen, Friedhofssatzungen, Feuerwehrsatzungen und im Bereich der Hochschulen Grundordnungen sowie Studien- und Prüfungsordnungen.
Was gilt nun für das Verhältnis zwischen Bundesrecht und Landesrecht? Hierzu gibt es in Art. 31 GG eine klare Regelung: „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Das heißt: Alle Rechtsnormen des Bundesrechts gehen allen Rechtsnormen des Landesrechts vor. Es gilt also in Deutschland: Grundgesetz vor Bundesgesetz und Bundesrechtsverordnung; diese gehen wiederum der Landesverfassung, den Landesgesetzen, den Landesrechtsverordnungen und dem Satzungsrecht (von Gemeinden und Hochschulen etc.) vor. All die genannten Rechtsnormen (oder Rechtsquellen) werden insgesamt als „Rechtsvorschriften“ bezeichnet, die auch gegenüber dem einzelnen Bürger, soweit er davon betroffen ist, Geltung beanspruchen.
2.3.2Gliederung und Zitierweise von Rechtsnormen
Wie sind nun Rechtsnormen gegliedert und wie werden sie zitiert? Einen Überblick dazu vermittelt die Übersicht 9.
Übersicht 9
Gliederung und Zitierweise von Gesetzen (und anderen Rechtsnormen)
1.Gliederung von Gesetzen
–ggf. in: Bücher (im BGB oder SGB)
–ggf. in: Kapitel
–ggf. in: Abschnitte
–ggf. in: Unterabschnitte oder Titel
–grds. in: Paragrafen (§§) oder selten: Artikel (Art.)
2.Zitierweise von Paragrafen (§§) oder Artikeln (Art.)
–Absätze: I, II, III oder Abs. 1, 2, 3 oder (1), (2), (3)
–Sätze: 1, 2, 3 oder Satz 1, 2, 3 oder S. 1, 2, 3
–ggf. Halbsätze: Halbsatz 1, 2, 3 oder Halbs. 1, 2, 3
–ggf. Nummern: Nr(n). 1, 2, 3
Große Gesetzeswerke wie das BGB, das SGB oder das Baugesetzbuch sind in mehrere „Bücher“ unterteilt. Das BGB hat fünf, das Sozialgesetzbuch (SGB) derzeit zwölf Bücher. Sodann sind einzelne Gesetze mitunter in Kapitel unterteilt; weitere Untergliederungsmöglichkeiten sind ggf. Abschnitte, Unterabschnitte oder Titel.
Die „Basiseinheit“ von Rechtsnormen ist der einzelne Paragraf. Dieser wird durch das Zeichen § symbolisiert, der zwei ineinander verschlungenen Buchstaben „S“ entspricht (für lateinisch: signum sectionis = Zeichen der Abteilung/des Abschnitts). In besonders bedeutenden Gesetzeswerken, insbesondere im Grundgesetz und in den Landesverfassungen, aber auch in vielen Gesetzen des Freistaates Bayern, werden die einzelnen Paragrafen (etwas „feierlicher“) als Artikel (Art.) bezeichnet.
Wie umfangreich ein einzelner Paragraf gestaltet wird, entscheidet der Gesetzgeber unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten. Es gibt Paragrafen, die nur wenige Worte bzw. nur einen einzigen Satz enthalten (§ 1 BGB lautet: „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.“). Häufig werden Paragrafen in mehrere Absätze unterteilt, die mit römischen Ziffern (I, II, III) oder abgekürzt mit „Abs.“ oder mit in Klammern gesetzten arabischen Ziffern – (1), (2), (3) – zitiert werden. Beispiel: § 38 II oder § 38 Abs. 2 oder § 38 (2).
Häufig werden sodann Absätze eines Paragrafen nochmals in mehrere Sätze unterteilt, die mit arabischen Buchstaben (1, 2, 3) oder mit „S.“ bezeichnet werden. Beispiel: § 67 II 3 oder § 67 Abs. 2 S. 3 oder § 67 (2) 3. Es kommt aber auch vor, dass einzelne Paragrafen nur in Sätze unterteilt werden – und nicht in Absätze. Einzelne Sätze werden gelegentlich noch unterteilt in Halbsätze (zitiert Halbs. 1, 2, 3 usw.) oder ggf. in Nummern untergliedert (zitiert Nr. 1, 2, 3 etc.).
Damit exakt klar wird, worüber man spricht und welche Rechtsnorm im Einzelnen gemeint ist, ist es unbedingt erforderlich, Gesetze und Paragrafen so präzise wie möglich zu zitieren. Hat also z. B. ein bestimmter Paragraf Absätze oder Sätze oder Halbsätze oder Nummern, ist dies auch bei der Lösung eines Falles in einer Klausur exakt zu bezeichnen. Beispiel aus dem Sozialhilferecht: Gemäß „§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII“ soll Wünschen der Leistungsberechtigten … entsprochen werden, soweit sie angemessen sind“.
2.3.3Strukturen von Rechtsnormen
Rechtsnormen (sowohl des Bundes- als auch des Landesrechts) können inhaltlich sehr unterschiedlich strukturiert sein. Im Sinne der Übersicht 10 kann man fünf Grundstrukturen von Rechtsnormen unterscheiden, wobei es allerdings auch „Kombinationen“ derselben geben kann.
Übersicht 10
Strukturen von Rechtsnormen
1. Vollständige Rechtssätze (Konditionalprogramme): Tatbestand → Rechtsfolge („wenn“ → „dann“)
2. Unvollständige Rechtsätze, z. B. § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII
3. Final- und Zweckprogramme, z. B. § 11 I 1 SGB VIII
4. Generalklauseln, z. B. § 157, § 242 BGB
5. Unbestimmte Rechtsbegriffe, z. B. § 27 I SGB VIII
Die klassische Rechtsnorm ist der so genannte vollständige Rechtssatz, der einen Tatbestand und eine Rechtsfolge enthält und deshalb mitunter auch als „Konditionalprogramm“ bezeichnet wird. Solche vollständigen Rechtssätze enthalten also einen Tatbestand („wenn …“) und eine Rechtsfolge („… dann …“). Der Tatbestand der jeweiligen Rechtsnorm enthält die abstrakten Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge. Die Rechtsfolge tritt ein, wenn der Tatbestand durch den konkreten Sachverhalt im Einzelfall erfüllt ist.
Als Beispiel für einen solchen vollständigen Rechtssatz wird häufig § 823 Abs. 1 BGB genannt, der die Schadenersatzpflicht bei so genannten unerlaubten Handlungen betrifft (dazu im Einzelnen 6.3). § 823 Abs. 1 BGB lautet wie folgt: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt“ (dies ist der Tatbestand mit den abstrakten Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge), „ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“. Der zweite Teil dieser Rechtsnorm ist die Rechtsfolge „Schadenersatz“, die dann eintritt, wenn der Tatbestand (erster Halbsatz der Rechtsnorm) durch einen konkreten Sachverhalt ausgefüllt wird. Dies wäre z. B. der Fall, wenn ein Mann A. einen anderen Mann B. dadurch an seiner Gesundheit verletzt, dass er ihn mit einem Baseballschläger geschlagen hat.
Neben vollständigen Rechtssätzen mit Tatbestand und Rechtsfolge gibt es auch so genannte unvollständige Rechtssätze, auch Hilfsnormen genannt. Diese enthalten z. B. Definitionen.
Beispiel:
Im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) „ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, …“. Bei einem solchen unvollständigen Rechtssatz fehlt es an der für den vollständigen Rechtssatz notwendigen Bezeichnung eines Tatbestandes und einer damit verbundenen Rechtsfolge.
Wiederum eine andere Grundstruktur enthalten die so genannten Final- oder Zweckprogramme. Hier gibt der Gesetzgeber (zumeist einer Behörde) ein bestimmtes Ziel bzw. einen bestimmten Zweck vor.
Beispiel:
„Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen“ (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB VIII).
Des Weiteren verwendet der Gesetzgeber in Rechtsnormen mitunter so genannte Generalklauseln. Berühmte Generalklauseln des Zivilrechts sind z. B. § 157 BGB („Verträge sind so auszulegen, wie Treu