t2 als Imitationslücke und die Imitationsroute wäre bei einem Technologieerwerb ein Technologievertrag. Kosten-, Liefer- oder andere Gründe können Vorteile für die US-amerikanischen Unternehmen sein, die dazu führen, dass [59]der Export des deutschen Unternehmens in die USA sinkt. Generell wird angenommen, dass der Export von Deutschland umso intensiver wird, je länger die Imitationslücke und die technologische Lücke bestehen.
Im Zeitpunkt t3 findet aus Deutschland kein Export mehr in die USA statt. Für den Zeitraum zwischen t1 und t3 spricht man von einem technologischen Lücken-Handel. Nach dem Zeitpunkt t3 kann es nach dieser Theorie zu Exporten aus den USA nach Deutschland, d.h. zu einer Umkehrung der Exportströme, kommen.
In der Regel wird bei der Theorie der technologischen Lücke unterstellt, dass der Export von einem Land mit technologischer oder industrieller Führerschaft ausgeht und dass dies meist auf Länder mit einem hohen Lohnniveau zutrifft. In der ersten Phase der Theorie hat das Innovationsunternehmen einen technologischen Vorsprung und die Lohnkosten spielen nur eine untergeordnete Rolle. Nachdem die Imitationslücke geschlossen wurde, werden jedoch die Kostenunterschiede nach dieser Theorie zur Hauptdeterminante des Handelsstromes, was zur Theorie der komparativen Kosten zurückführt. Darum wird unterstellt, dass in der zweiten Phase der Theorie eine Umkehrung der Exportströme von Niedrig- zu Hochlohnländern erfolgt. Dieser Niedriglohn-Handel wird seinerseits wiederum durch das Aufkommen neuer Produkte oder Verfahren im Hochlohnland oder durch das Ansteigen der Lohnsätze im Niedriglohnland beendet. Die Entwicklung des technologischen Lücken-Handels zum Niedriglohn-Handel und dessen Ende ist in Abbildung 41 wiedergegeben. Aus ihr wird deutlich, welche Faktoren die Imitationslücken oder den Niedriglohn-Handel fördern oder beenden.
Beim technologischen Lücken-Handel bestimmen jedoch nicht immer die Lohnkostenunterschiede zwischen den Ländern die Richtung des Handels in der zweiten Phase. Durch die Entwicklung eines neuen Produktes oder eines neuen Produktionsverfahrens im Hochlohnland kann die zweite Phase des Außenhandels auch wegfallen. In diesem Zusammenhang weist Porter darauf hin, dass knappe, teurere Arbeitskräfte ein wichtiger Anstoß für Innovationen sind (Porter, M.E., 2001).
In der Realität kann es für das gleiche Land sowohl zu einem technologischen Lücken-Handel als auch zu einem Niedriglohn-Handel kommen. Hufbauer (Hufbauer, G.C., 1966) nennt als Beispiel den Export und Import von Nylon. Nachdem in den USA Nylon entwickelt und ab 1941 produziert wurde, hat 1950 Großbritannien als eines der ersten Länder neben den USA die Produktion von Nylon aufgenommen und im Gegensatz zu den USA auch nach Spanien exportiert (Freeman, C., 1963). Gleichzeitig begann der Export von Nylon von Großbritannien in die USA. Der Export von Großbritannien in die USA war ein Niedriglohn-Handel und der nach Spanien ein technologischer Lücken-Handel. Deshalb kann sich das Land mit den längsten Imitationslücken später nur noch auf den Niedriglohn-Handel einrichten. Umfangreiche empirische Untersuchungen für verschiedene Länder und Branchen zeigen die große Bedeutung dieser Theorie für das Zustandekommen von Exporten (Perlitz, M., 1978).
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Abbildung 41: Vom technologischen Lücken- zum Niedriglohn-Handel
Das Entstehen einer technologischen Lücke wird in dieser Theorie aus einer überlegenen Produkt- oder Prozesstechnologie abgeleitet. Damit basiert diese Theorie insbesondere auf dem Ergebnis von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Unternehmens. Betriebliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen beeinflussen das Regelkreissystem der Unternehmensführung. Aufgrund dessen muss die Erklärungsvariable „Technologie“ in die betriebliche Stärken- und Schwächenanalyse zur Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie eingehen.
Ebenso muss die Höhe der Arbeitskosten über die Erklärungsvariable „Kosten“ in der betrieblichen Stärken- und Schwächenanalyse Berücksichtigung finden. Der Technologieaspekt wirkt sich in dieser Analyse auch auf die Erklärungsvariable „Produktion“ aus. Gleichsam leistet die Theorie im Rahmen des Regelkreissystems einen Beitrag für die Umweltanalyse. Sie untersucht nämlich, welche Umweltfaktoren die Imitationslücke verkürzen oder verlängern. In diesem Zusammenhang werden die Erklärungsvariablen „Größe des Marktes“ und „Zollschranken“ für eine Umweltanalyse relevant. Darüber hinaus wird durch die Unterscheidung in Innovations- und Niedriglohnland auf die Bedeutung der Erklärungsvariablen „Allgemeines Kostenniveau“ und „Technologischer Stand“ für eine Umweltanalyse verwiesen. Diese Erklärungsvariablen beeinflussen über eine Umweltanalyse die Formulierung einer Internationalisierungsstrategie.
[61]Produktlebenszyklus-Theorie
Auch die Produktlebenszyklus-Theorie des internationalen Handels, die 1966 von Vernon (Vernon, R., 1966) entwickelt wurde, setzt bei neuen Produkten oder Verfahren an. Diese Theorie unterstellt, dass der Export von Gütern von deren Stellung auf ihrer Produktlebenszykluskurve abhängt. Vernon unterscheidet in seiner Betrachtung nicht, ob es sich um ein Konsum- oder Investitionsgut handelt (Kutschker, M./Schmid, S., 2011). Er unterscheidet drei Phasen im Produktlebenszyklus:
1 eine Einführungsphase, in der ein neues Produkt angeboten wird,
2 eine Wachstumsphase, in der das Produkt eine gewisse Reife erlangt hat und
3 eine Reifephase, in der das Produkt standardisiert ist.
Ausgangspunkt seiner Argumentation ist ein im In- und Ausland neues Produkt. Dabei kann dieses Erzeugnis nach Vernon im Hinblick auf den Input, das Verfahren oder die Ausstattung neu sein. Das Exportverhalten von Unternehmen wird nach dieser Theorie wie folgt erklärt (Hirsch, S., 1967):
Neue Produkte sind i.d.R. sich schnell ändernden Produktionstechniken ausgesetzt, durch hohe Stückkosten belastet und erfordern einen hohen Personalbedarf, wobei Naturwissenschaftler und Techniker die wichtigsten Personengruppen sind. Solange andere Unternehmen im Ausland noch nicht über eine entsprechende Technologie verfügen, wird unterstellt, dass das Innovationsunternehmen eine Monopolstellung hat. Die verhältnismäßig hohen Stückkosten spielen für den Innovator in diesem Stadium eine untergeordnete Rolle, da das Unternehmen „Monopolgewinne“ erwirtschaftet und für den Produzenten wegen der großen Produktdifferenzierung eine relativ geringe Preiselastizität der Konsumentennachfrage besteht. Somit sind Kostengesichtspunkte während der Einführungsphase weniger bedeutend als die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen dem Produzenten und dem Konsumenten. Darüber hinaus sind in diesem frühen Stadium billigere Arbeitsplätze im Ausland für den Entscheidungsprozess unerheblich. In dieser Phase des Produktlebenszyklus beginnt der Export der Unternehmen. Dieser Export entspricht dem technologischen Lücken-Handel, der so lange ungestört fortgeführt werden kann, bis die Imitationslücke geschlossen ist. Dies kann bereits sehr früh erfolgen, d.h. wenn das Erzeugnis noch relativ neu ist (Einführungsphase), oder erst später, wenn das Produkt eine bestimmte Reife erlangt hat (Wachstumsphase). Bis zur Schließung der Imitationslücke steigt der Export ins Ausland. Da die neuen Erzeugnisse nach dieser Theorie zunächst nur für die Konsumenten mit höherem Einkommen in Betracht kommen, geht der Export schwerpunktmäßig in andere Industrienationen.
Spätestens wenn das Produkt die Wachstumsphase des Produktlebenszyklus erreicht hat, nehmen die ersten Imitationsunternehmen im In- und Ausland die Produktion dieser Produkte auf. Diese Unternehmen befinden sich nach Vernon (Vernon, R., 1966) hauptsächlich in Industrieländern; allmählich tritt in diesen Ländern eine Importsubstitution ein. Auf [62]den Drittmärkten, die verallgemeinernd mit den Entwicklungsländern gleichgesetzt werden, konkurriert nun das Innovations- mit den Imitationsunternehmen in immer stärkerem Ausmaß, was zu einer Senkung der Marktpreise führt. In dieser Phase ist nach Hirsch (Hirsch, S., 1967) die wichtigste Personengruppe das Management im Unternehmen. Die Erzielung eines Monopolgewinnes ist durch die nun aufkommende Konkurrenz nicht mehr möglich. Die Stückkosten, insbesondere die Lohnkosten, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Es kommt zu ersten Verlusten, die dazu führen, dass Entwicklungsländer ihre Kostenvorteile auszunutzen versuchen. Durch die niedrigeren Lohnkosten im Ausland sind dann ausländische Unternehmen