Randolf Schrank

Internationales Management


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      Folgende Faktoren fördern seiner Meinung nach die aktuellen Exporte:

       Eine weltweite monopolistische Angebotsstruktur,

       Vorteile in der Beschaffung und Bearbeitung von Produktionsfaktoren im Vergleich zu in- und ausländischen Konkurrenzunternehmen,

       eine technologische Überlegenheit gegenüber Konkurrenzunternehmen im In- und Ausland,

       gute Managementfähigkeiten und

       eine kostengünstige Produktion durch Massenerzeugung.

      Folgende Faktoren hemmen nach dieser Theorie den aktuellen Export:

       Die Unkenntnis der Unternehmen über entfernt gelegene Märkte,

       die Höhe der Transportkosten und

       Handelsbeschränkungen.

      Linder gibt auch die Bestimmungsfaktoren für aktuelle Importländer an:

      kulturelle Faktoren wie z.B. Sprach- oder Mentalitätsunterschiede und politische Faktoren wie z.B. politische Gemeinschaften (Commonwealth, ehemaliges französisches Kolonialreich).

      [70]Die Nachfragestruktur-Theorie wurde in vielfältiger Weise empirisch untersucht. Dabei überwiegen zwar die Bestätigungen der Linder-Theorie, aber es gibt auch eine Reihe von Studien, die die Grenzen des empirischen Erklärungswertes aufzeigen (Perlitz, M., 1978).

      Linder beschreibt in seiner Theorie mit der Wachstumsgrenze im Inland eine Einflussgröße, die die Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie initiieren kann. An dieser Stelle wird deutlich, wie aus Variablen einer betrieblichen Stärken- und Schwächensowie einer Umweltanalyse Rückkopplungseffekte auf den Strategiebereich des Regelkreissystems der Unternehmensführung auftreten. Diese Effekte geben gleichzeitig einen Anstoß für eine Neuorientierung der allgemeinen Unternehmensstrategie unter Einbeziehung von internationalen Unternehmensaktivitäten. Des Weiteren lässt sich aus der Nachfragestruktur-Theorie von Linder eine Vielzahl von möglichen Erklärungsvariablen für eine betriebliche Stärken- und Schwächen- sowie für eine Umweltanalyse ableiten. Dies gilt insbesondere für die Bestimmungsfaktoren des aktuellen Exportes. Die Monopolstellung eines Unternehmens liefert Ansatzpunkte für den „Absatz“, Vorteile in der Beschaffung für die „Beschaffung“ und die „Kosten“, Vorteile aus der Bearbeitung von Produktionsfaktoren für die „Produktion“ und die „Kosten“, bessere Produkt- und Prozesstechnologien für die „Kosten“ und „Technologie“, bessere Managementfähigkeiten für das „Personal“ und Economies-of-Scale-Effekte für die „Kosten“ im Rahmen einer betrieblichen Stärken- und Schwächenanalyse. Die Struktur der Inlandsnachfrage, Wachstumsgrenzen im Inland, Distanzfaktoren (z.B. politische, kulturelle Gegebenheiten) und Zoll- bzw. Handelsschranken sind Faktoren, die über eine Umweltanalyse die Internationalisierungsentscheidung im Unternehmen beeinflussen.

      Der Export stellt nur eine von mehreren Markteintritts- oder -bearbeitungsstrategien im Ausland dar. Eine andere Möglichkeit ist die Durchführung einer Investition im Ausland. Investitionen im Ausland lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren. So spricht man von einer Portfolioinvestition im Ausland, wenn lediglich eine Zins- und Liquiditätsmotivation für die Investition maßgebend ist. Solche Investitionen umfassen z.B. den Kauf von Aktien, Investmentzertifikaten und festverzinslichen Wertpapieren (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Jacobi, I., 1972). Direktinvestitionen im Ausland zielen nach einer Begriffsbestimmung der Deutschen Bundesbank darauf ab, einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des kapitalnehmenden Unternehmens zu gewinnen oder einem Unternehmen, an dem der Investor bereits maßgeblich beteiligt ist, neue Mittel zuzuführen (Deutsche Bundesbank, 1965). Reine Renditeobjekte oder Maßnahmen zur Absicherung des angelegten Kapitals sind somit keine Direktinvestitionen. Der wesentliche Unterschied zwischen einer Portfolio- und einer Direktinvestition im Ausland liegt darin, dass bei der ersten Form der private Investor keine unmittelbare Managementkontrolle ausübt. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Investitionsformen im Ausland ergibt sich aus den [71]verschiedenen Transaktionsformen für die Übertragung von Ressourcen. Während bei Portfolioinvestitionen nur eine monetäre Form der Kapitalübertragung vorgenommen wird, umfassen Direktinvestitionen sowohl einen geldlichen als auch einen realen Transfer oder eine Thesaurierung der im Ausland entstandenen Gewinne bzw. eine Kapitalaufnahme auf lokalen Geld- und Kapitalmärkten (Seifert, H., 1967).

       Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens

      Wie Hymer und Kindleberger weist Knickerbocker in seinen Untersuchungen darauf hin, dass viele multinationale Unternehmen auf oligopolistisch strukturierten Märkten arbeiten und es zu einem oligopolistischen Marktverhalten kommt (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Hill, C.W.L., 2009; Knickerbocker, F.T., 1973; Kindleberger, C.P., 1969; Hymer, S.H., 1960). Er unterscheidet in Bezug auf Direktinvestitionen im Ausland zwei typische Reaktionen der oligopolistischen Wettbewerber:

      1 Direktinvestitionen im Ausland als Ergebnis einer Follow-the-Leader-Strategie und

      2 Direktinvestitionen im Ausland als Gegenmaßnahme gegen eine solche Strategie im Heimatland des Unternehmens (Kreuzinvestitionsstrategie).

      In einer empirischen Untersuchung über das Verhalten von 187 US-amerikanischen Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie in 23 Ländern, die den Zeitraum von 1948 bis 1967 abdeckt, findet Knickerbocker die Hypothese der Follow-the-Leader-Strategie bestätigt.

       Produktlebenszyklus-Theorie

      Vernon erklärt mit der von ihm entwickelten internationalen Produktlebenszyklus-Theorie nicht nur das Entstehen von Exporten, sondern stellt auch den Einfluss eines Produktlebenszyklus auf das Investitionsverhalten von Unternehmen dar. Er geht davon aus, dass für neue Erzeugnisse das Innovationsland als Standort für die erste Produktionsstätte gewählt wird, diese aber im Verlauf des internationalen Produktlebenszyklus in andere Länder verlegt wird (Hill, C.W.L., 2009; Vernon, R., 1966). Der Grundablauf des internationalen Produktlebenszyklus wurde bereits in den Theorien des internationalen Handels dargestellt.

       Behavioristische Theorie

      Verschiedene Erklärungsvariablen für das Zustandekommen von Direktinvestitionen im Ausland werden in der behavioristischen Theorie des Entscheidungsprozesses über die Internationalisierung von Unternehmen gegeben (Aharoni, Y., 1966). Aharoni fragt sich, warum sich Unternehmen trotz hoher Gewinnchancen im Ausland, die auch das höhere Risiko kompensieren würden, nicht für Direktinvestitionen im Ausland entschieden haben. Nach seinen Untersuchungen scheuen Führungskräfte in Unternehmen oft Zeit und Mühe, um mögliche Gewinne aus solchen Investitionen zu errechnen. Als Erklärung für dieses Verhalten gibt er an, dass offensichtlich genügend gewinnträchtige Anlagemöglichkeiten im Inland zur Verfügung stehen und aus Unkenntnis der Situation im Ausland eine [72]Investition als zu risikoreich abqualifiziert wird, ohne dass zuvor eine Wirtschaftlichkeitsanalyse erfolgte. Der Entscheidungsträger im Unternehmen kann zwar über Anlagemöglichkeiten oder Steuervorteile im Ausland Bescheid wissen, trotzdem erscheint es ihm nicht sinnvoll, diese Möglichkeiten näher in das Kalkül mit einzubeziehen. Nach Beobachtungen Aharonis reicht die Prognose eines hohen Gewinnes i.d.R. nicht aus, um zu einem positiven Ergebnis für die Investitionsentscheidung zu gelangen, da international unerfahrene Führungskräfte meist die Schwierigkeiten über- und die Vorteile unterschätzen. Neben dem hohen Gewinn müssen deshalb noch andere Motive vorherrschen, um im Ausland zu investieren. Diese von Aharoni beschriebene Verhaltensweise beobachtete er bei vielen US-Unternehmen, was zu der Frage führte, wie es trotz dieser Grundeinstellung zu Direktinvestitionen im Ausland kommt (Kutschker, M./Schmid, S., 2011).

      Zur Klärung dieser Fragestellung unterscheidet Aharoni zwischen der Anstoß-, Bewertungs-, Investitions- und Nachprüfungs- bzw. Verhandlungsphase. Da für das Regelkreissystem der Unternehmensführung in diesem Zusammenhang