Randolf Schrank

Internationales Management


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nach die Einstellung des Topmanagements eine dominierende Rolle für die Messung der Multinationalität von Unternehmen: „The orientation toward foreign people, ideas, resources, in headquarters and subsidiaries, and in host and home environments, becomes crucial in estimating the multinationality of a firm(Perlmutter, H.V., 1969). Die Einstellung des Managements spiegelt sich in dem Führungskonzept eines Unternehmens wider. Perlmutter unterscheidet im Hinblick auf die Einstellung von Managern in international tätigen Unternehmen drei Führungskonzepte: ein ethnozentrisches (heimatlandorientiertes), ein polyzentrisches (gastlandorientiertes) und ein geozentrisches (weltorientiertes) Führungskonzept. Später haben Heenan und Perlmutter die drei genannten Konzepte um ein regiozentrisches (regionenorientiertes) Führungskonzept ergänzt (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979).

      Das ethnozentrische Führungskonzept ist dadurch charakterisiert, dass die Schlüsselpositionen in ausländischen Tochtergesellschaften bevorzugt durch Angehörige aus dem Stammland des Unternehmens besetzt werden. Mitarbeiter aus dem Land der Muttergesellschaft werden präferiert, da angenommen wird, dass sie intelligenter, fähiger und zuverlässiger sind als solche aus den Gastländern. Perlmutter weist darauf hin, dass diese Vorurteile meist aus einer mangelnden Kenntnis des ausländischen Arbeitsmarktes und der allgemeinen Situation des Gastlandes resultieren. Diese Einstellung wird dadurch gefördert, dass beim Topmanagement im Stammhaus und in den ausländischen Tochtergesellschaften die gleichen Denkmuster vorherrschen.

      Das polyzentrische Führungskonzept geht davon aus, dass sich die Kulturen in den verschiedenen Ländern so unterscheiden, dass sie nur schwer von Ausländern verstanden [82]werden können. Deshalb sollte man das Management im Gastland mit ausländischen Mitarbeitern besetzen und diese weitgehend allein entscheiden lassen, solange sie die Zielsetzungen der Muttergesellschaft erfüllen. Bei dem polyzentrischen Führungskonzept wird unterstellt, dass das Management im Stammland die Einzelheiten im Auslandsgeschäft nicht wirklich verstehen und beurteilen kann. Es vertraut darauf, dass das ausländische Management „es schon richtig machen wird“. Aufgrund dieser Einstellung setzt sich das Topmanagement im Stammhaus nur aus Mitarbeitern des Stammlandes und in den Gastländern aus lokalen Managern zusammen, wobei der Einfluss von Stammhausangestellten auf Entscheidungen in den Gastländern so gering wie möglich gehalten wird.

      Beim regiozentrischen Führungskonzept erfolgt eine Rekrutierung von Führungskräften aus Ländern der gleichen Region. Als Beispiel wählen Heenan und Perlmutter den europäischen Markt. Von einem europäischen Produktionsstandort aus kann das Unternehmen viele unterschiedliche Märkte in Europa beliefern. Eine regionale Werbekampagne kann durch italienische, französische, britische und deutsche Manager auf „europäische Gemeinsamkeiten“ überprüft werden. Kandidaten, die eine Schlüsselposition in ihren Heimatländern übernehmen sollen, können in der europäischen Zentrale Erfahrungen sammeln und eine stärkere „eurozentrische“ Sicht entwickeln.

      Beim geozentrischen Führungskonzept versucht man, die unterschiedlichen Regionen der Welt im Rahmen eines globalen Ansatzes zu integrieren. Das Stammhaus und die ausländischen Tochtergesellschaften betrachten sich als Teil einer weltweiten Einheit. Die Überlegenheit dieser Einheit wird nicht mit bestimmten Nationalitätszugehörigkeiten gleichgesetzt, sondern resultiert aus der Fähigkeit, eine optimale Allokation der Ressourcen auf globaler Basis zu erreichen. Es kommt über alle Ländergrenzen hinweg zu weltweiten Synergieeffekten (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979).

      Perlmutter analysiert den Einfluss der unterschiedlichen Führungskonzepte auf verschiedene Organisationsvariablen wie z.B. Komplexität, Entscheidungsabläufe, Kontrolle, Incentives, Kommunikation, Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und Personalführung. Abbildung 47 gibt einen Überblick über den Zusammenhang zwischen diesen Organisationsvariablen und den unterschiedlichen Führungskonzepten (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979).

      Weiterhin weist Perlmutter darauf hin, dass in der Unternehmenspraxis verschiedene Führungskonzepte in einem Unternehmen vorzufinden sind oder sich in der konkreten Ausgestaltung unterscheiden. Zwar gibt es seiner Meinung nach kein einheitliches Muster, wie sich das EPRG-Profil im Zeitablauf entwickelt, jedoch sieht er den Pfad als typisch an, wonach sich die Unternehmenskultur von einer ethno- über eine poly- und regio- bis zu einer geozentrischen Orientierung entwickelt.

       [83] Image

      In einer kritischen Analyse weisen Heenan und Perlmutter auf die Probleme hin, die sich aus den unterschiedlichen Führungskonzepten bzw. Unternehmenskulturen ergeben (Heenan, D.A./Perlmutter, H.V., 1979). Sie sehen die Zukunft von multinationalen Unternehmen mehr in einem Regio- oder Geo- als in einem Ethno- oder Polyzentrismus.

      Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Ansatz von Perlmutter überwiegend auf einer Analyse der Einflüsse von unterschiedlichen Führungskonzepten bzw. Unternehmenskulturen auf bestimmten Organisationsvariablen basiert. Damit wird zwar ein Konzept der Internationalisierung vorgestellt, das alle Strategie-, Organisations- und Funktionsbereiche des Unternehmens beeinflusst, jedoch werden die Bestimmungsfaktoren, die zu einer Internationalisierungsstrategie führen, nur aus der Einstellung des Topmanagements abgeleitet. Es bleiben andere wichtige funktionsbereichsspezifische Aspekte, die die Entscheidung für eine bestimmte Internationalisierungsstrategie beeinflussen, genauso unberücksichtigt wie die Frage, in welchen Ländern sich Unternehmen engagieren sollten.

      Mitte der 1980er Jahre entwickelte Ohmae das Triade-Modell für die Internationalisierung von Unternehmen (Rugmann, A.M./Collinson, S., 2009; Ohmae, K., 2006). Er unterstellt, dass [84]das „klassische“ Modell des multinationalen Unternehmens heute überholt sei. Die Globalisierung von Produkten und Märkten, der rasche technische Fortschritt und neoprotektionistische Tendenzen lassen nach Ohmae einen neuen Unternehmenstyp entstehen: das Triade-Unternehmen. Dessen Hauptmerkmal ist eine starke Wettbewerbsposition in den Triaderegionen USA, Europa und Japan (Ohmae, K., 2006). Damit betrachtet Ohmae ausschließlich OECD-Länder, auf die sich allerdings auch ein Großteil der internationalen Unternehmenstätigkeit konzentriert.

      Das Triade-Unternehmen wird in Japan, den USA und Europa als lokales Unternehmen betrachtet und übernimmt damit in diesen Regionen eine „Insider-Stellung (Ohmae, K., 2006). Des Weiteren wird es als ein Unternehmen beschrieben, das über eine kleine Zentrale mit dem symbolischen Namen Anchorage verfügt. Die Stadt Anchorage wurde von Ohmae gewählt, da von hier aus die Wirtschaftszentren New York, Tokio und Düsseldorf in der ungefähr gleichen Flugzeit von sieben Stunden erreicht werden können. Die „Anchorage-Mentalität“ eines Unternehmens impliziert, dass bei der Formulierung der Unternehmensziele, Strategien und Maßnahmen alle möglichen Auswirkungen auf die Triade-Regionen berücksichtigt werden. Dazu ist eine genaue Kenntnis der Triade-Märkte erforderlich und das Triade-Denken soll ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur werden. Das Triade-Denken ist nach Meinung von Ohmae hauptsächlich durch drei Phänomene notwendig geworden: die zunehmend kapitalintensive Produktion, die dynamische Entwicklung neuer Technologien und die Homogenisierung der Nachfrage. Diese werden nachfolgend erörtert.

      Durch den Einsatz neuer Technologien in den Bereichen Entwicklung/Design und Produktion kommt es nach Ohmae zu einer beträchtlichen Senkung des Lohnkostenanteils an den Gesamtkosten. Damit wird eine Produktionsverlagerung in Billiglohnländer aus Kostengesichtspunkten immer uninteressanter, da in diesen Ländern höhere Transportkosten aufgrund einer schlechteren Verkehrsinfrastruktur und höhere Versicherungsprämien anfallen als in den Ländern der Triade. Die kapitalintensivere Produktion benötigt hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Diese sind in vielen Niedriglohnländern nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Aus diesen Gründen ist nach Ohmae eine Standortwahl innerhalb der Triade