Labor Association (FLA) geht auf eine Initiative der US-Regierung unter Präsident Clinton zurück und wurde 1999 von Unternehmern, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Bildungseinrichtungen gegründet. Im Gegensatz zu den bisher genannten Richtlinien stellt der Code of Conduct der FLA eine von privaten Organisationen getragene Initiative dar. Die FLA wurde aufgrund problematischer Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie, insbesondere in einigen asiatischen Ländern, ins Leben gerufen. Die Zielsetzung ist es, die Arbeitsbedingungen in den sogenannten „Sweatshops“ (Ausbeutungsbetriebe) zu überwachen und zu verbessern. Das Missionstatement der FLA zeigt zudem eine Konzentration auf abhängig Beschäftigte: „The mission of the Fair Labor Association (FLA) is to protect workers’ rights and improve working conditions worldwide by promoting adherence to international labor standards“ (FLA, 2011, online).
Der „Code of Conduct“ der FLA basiert auf den ILO (International Labour Organization)-Standards und erstreckt sich auf Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Missbrauch, Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Sicherheit, Vereinigungsfreiheit, Entlohnung, Arbeitszeiten sowie Überstundenregelungen (FLA, 2011, online).
Die Mitgliedsunternehmen gehen eine freiwillige ethische Verpflichtung ein, indem sie entsprechende Überwachungsprozesse einführen und regelmäßig darüber berichten. Bei der Zielerreichung ist die FLA auf die Mitarbeit der Textilien beschaffenden Haushalte und Unternehmen angewiesen, die wiederum einen Druck auf die großen Markenunternehmen ausüben können, indem sie bei der Beschaffung darauf achten, dass die Produkte in Betrieben hergestellt werden, die entsprechend dem Code of Conduct der FLA arbeiten.
Eine Zertifizierung solcher produzierenden Betriebe durch die FLA erleichtert ihren Eintritt auf dem internationalen Markt. Die hohen Standards der FLA haben aber auch negative Folgen. Wenn ein Betrieb die Bedingungen nicht erfüllen kann, so droht ein Arbeitsplatzverlust, sobald der Zugang zu internationalen Märkten verwehrt wird. Da die Herstellung in der Textilbranche oftmals in Entwicklungsländern erfolgt, bedeutet dies, dass Menschen in diesen Ländern aufgrund ethischer Standards möglicherweise in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden (Thielemann, U./Ulrich, P., 2009). Dies würde den Vertretern der Shareholder-Schule indirekt Recht geben, da sie eine soziale und ökologische Verantwortung erst nach der Sicherstellung ökonomischer Ziele postulieren.
2.4 Herausforderungen der CSR im internationalen Rahmen
Die im vorherigen Abschnitt aufgeführten Richtlinien der Unternehmensverantwortung ließen sich noch in verschiedene Richtungen erweitern, worauf hier aber verzichtet werden soll. Bei einem direkten Vergleich der genannten Richtlinien zeigt sich, dass diese inhaltlich große Überschneidungen aufweisen. Der wesentliche Unterschied in den international akzeptierten Konzepten liegt eher darin begründet,
[160]von welcher Organisation diese erarbeitet wurden und
welchen Ansatz zur Umsetzung diese Organisationen vorschlagen oder unterstützend begleiten.
So stellte das Konzept der Brundtland-Kommission zumindest für Europa einen konzeptionellen Meilenstein dar, welcher über das Grünbuch von 2001 und die darauf aufbauenden flankierenden Maßnahmen Eingang in Unternehmenspraxis und Politik gefunden hat. Die OECD-Richtlinien sind sicher im engen Zusammenhang mit diesem Ansatz zu sehen und führten zur Etablierung vielfältiger, von den nationalen Regierungen und der OECD selber getragenen Beratungs- und Förderungsstellen. Der UN Global Compact kann auf die breiteste Basis an teilnehmenden Nationen aufbauen und hat in Kombination mit der hier nicht eingehend besprochenen Global Reporting Initiative (GRI) zu einer hohen Akzeptanz bei wirklich global agierenden Unternehmen geführt. Die GRI wurde 1997 mit dem Ziel gegründet, einen weltweit anerkannten Leitfaden für die freiwillige Berichterstattung über ökonomische, ökologische und soziale Aktivitäten von Organisationen und Unternehmen zu entwickeln. Die Richtlinien der GRI bieten eine umfassende Zusammenstellung von Indikatoren, die die Dimensionen der Unternehmensverantwortung abdecken, wobei eine Kongruenz zum Ansatz der UNGC angestrebt wird. Ein Beispiel für die Berücksichtigung beider Richtlinien bietet der Bericht der BASF SE, welcher parallel zur finanziellen Berichterstattung aufgrund der GRI und des UNGC Rechenschaft ablegt (BASF SE, 2012, online). ISO 26000 bietet einen breiten Ansatz, welcher sich stärker am Einzelunternehmen orientiert, ist aber noch lange nicht so umgesetzt wie die anderen genannten Ansätze.
Eine Richtlinie, welche sicher aus diesem Rahmen fällt und daher nur beispielhaft erwähnt wurde, ist der Code of Conduct der FLA. Dieses Konzept hebt sich durch die privatwirtschaftliche Trägerschaft, den Fokus auf eine Stakeholder-Gruppe (Arbeitnehmer) und den Ausgangspunkt in einer bestimmten Branche (Textil) hervor. Es ist aber insofern zukunftsweisend, als hier die Tendenz zur Spezifizierung der Inhalte, zu deren Anpassung an bestimmte Rahmenbedingungen und zur Konzentration auf bestimmte Anspruchsgruppen und Teilprobleme repräsentiert wird. Die Vielfalt des CSR-Konzeptes macht dies unabdingbar, worauf die internationale CSR-Forschung auch reagiert.
Palazzo identifiziert aufgrund umfassender Analysen der internationalen Literatur die 10 wichtigsten Schwerpunkte der internationalen CSR-Forschung, welche keinesfalls als erschöpfend anzusehen sind (Palazzo, G., 2009).
Die Thematik der internationalen Unternehmensverantwortung nimmt weiterhin an Bedeutung zu. CSR stellt mit Sicherheit ein zentrales Feld der künftigen Forschung zum internationalen Management dar. Viele internationale Konzerne berichten mittlerweile Kennzahlen, welche auf dem Global Compact der UN basieren; in ähnlicher Tiefe wie die finanziellen Informationen. In Abbildung 76 werden die Schwerpunkte der internationalen Forschung dargestellt.
[161]
Abbildung 76: Forschungsschwerpunkte der CSR
Quelle: Palazzo, G., 2009
Fallstudie: Corporate Social Responsibility bei Boehringer Ingelheim
Corporate Social Responsibility (CSR) bei Boehringer Ingelheim | |
Dr. Michael Siebler, Leiter Firmenarchiv, Boehringer Ingelheim |
Boehringer Ingelheim ist ein forschungsorientiertes Pharmaunternehmen, das sich seit seiner Gründung im Jahre 1885 in Familienbesitz befindet. Es erforscht, entwickelt, produziert und vertreibt Humanpharmazeutika und Präparate für die Tiergesundheit. Weltweit beschäftigt das Unternehmen mehr als 44.000 Mitarbeiter in 145 verbundenen Unternehmen, die 2011 rund 13,1 Milliarden Euro erlösten. Boehringer Ingelheim betreibt Forschung und Entwicklung (F&E) an weltweit sieben Standorten und unterhält 20 Produktionsstätten in 13 Ländern. Im Jahr 2011 wurden für F&E 23,5 Prozent oder rund 2,5 Milliarden Euro der mit verschreibungspflichtigen Medikamenten erzielten Gesamterlöse aufgewendet.
Die unternehmerische Verantwortung bei Boehringer Ingelheim ist fest verankert im Leitbild. Dieses ist Grundlage der gemeinsamen Identität, es ist für alle Mitarbeiter verbindlich und gibt Orientierung bei jeglichen Aktivitäten für das Unternehmen.
Zwei Kernaussagen des Leitbildes definieren und charakterisieren dieses Selbstverständnis:
1 [162]„Unser Ziel ist es, der Menschheit durch die Erforschung von Krankheiten und die Entwicklung neuer Arzneimittel und Therapien zu dienen.“
2 „Bei all unseren Aktivitäten schützen wir unsere Mitarbeiter, unsere Einrichtungen und die Umwelt vor schädlichen Einflüssen, erhalten die natürlichen Ressourcen und fördern das Umweltbewusstsein. Mit dem Verfolgen dieser Ziele sind wir zusätzlich bestrebt, in den Ländern und Gemeinschaften, in denen wir geschäftlich aktiv sind, wirtschaftliches und soziales Wohlergehen zu fördern.“
In diesen Aussagen sind grundlegende Aspekte umfassender unternehmerischer Verantwortung