im Sozialbereich werden jedoch weniger erwartet. Das drückt sich z.B. in einer großen Spendenbereitschaft einzelner Menschen aus oder durch das Entstehen großer privater Stiftungen, die durch Einzelpersonen gegründet werden (z.B. Bill Gates). Die Hauptaufgabe des Unternehmens ist die Gewinnerzielung, denn damit wird es einerseits dem Individuum möglich, Teile seines Einkommens zu spenden, und der Staat kann durch ein erhöhtes Steueraufkommen seinen Aufgaben, auch im sozialen Bereich, besser gerecht werden. Somit werden die Kunden und die Aktionäre zu den wichtigsten Interessengruppen eines Unternehmens (Lodge, 1990; Maignan et al. 2003).
Mehr kollektivistisch geprägte Kulturen sehen die soziale Verantwortung mehr bei dem Staat oder den Unternehmen. Zwar ist Deutschland bei dem Individualismus-Index von Hofstede weltweit gesehen immer noch im oberen Mittelfeld platziert, jedoch ist der Wert mit 67 beträchtlich unter den Ländern mit einem sehr hohen Individualismus-Wert, wie z.B. den USA mit 91, Australien mit 90 und Großbritannien mit 89 Punkten. So wurden in Deutschland bereits mit der Bismarckschen Sozialpolitik Ende des 19. Jahrhunderts viele Bereiche der sozialen Verantwortung auf den Staat übertragen. Zwar haben deutsche Unternehmen wie z.B. Krupp oder Bergbauunternehmen in der gleichen Zeit bereits soziale [142]Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernommen, doch die Erwartungshaltung für soziale Belange richtet sich mehr an den Staat.
In sehr kollektivistischen Kulturen wie z.B. Japan (46 Punkte) oder Südkorea (18 Punkte) wurde die soziale Verantwortung auf Unternehmen verlagert. Oft wurde das Leben der Mitarbeiter von der Wiege bis zur Bahre unternehmerisch in den Kereitsus oder Chaebols organisiert.
Auch unterschiedliche Machtdistanzen können die Einstellung einer Gesellschaft bezüglich der sozialen Verantwortung von Unternehmen beeinflussen (Waldman, D., et al., 2006). Herrschen in einem Land oligopolistische Strukturen, wie dies in vielen lateinamerikanischen oder südostasiatischen Ländern der Fall ist, dann hängt die soziale Verantwortung von wenigen herrschenden Familien ab, die oft nicht nur Unternehmen, sondern auch den Staat maßgeblich beeinflussen. Länder mit niedrigen Machtdistanz-Werten zeichnen sich nach den Untersuchungen von Waldman et al. (Waldman, D., et al., 2006) durch ein hohes CSR-Engagement seitens der Unternehmen aus.
Orij (Orij, 2010) hat die Bedeutung maskuliner oder femininer Kulturen für die Unternehmensverantwortung untersucht. Dabei macht er deutlich, dass sich bei femininen Kulturen eher eine größere soziale Verantwortung von Unternrehmen zeigt als bei maskulinien Kulturen. Das Streben nach einem harmonischen Miteinander femininer Kulturen fördert die soziale Verantwortung sowohl von staatlicher als auch unternehmerischer Seite.
Letztlich spielt der Entwicklungsstand eines Landes eine erhebliche Rolle für die soziale Verantwortung für eine Gesellschaft. Soziale Verantwortung muss auch bezahlbar sein. Arme Länder können sich oft staatliche Leistungen im sozialen Bereich nicht leisten, so dass hier entweder die Individual- oder die Unternehmensebene gefordert sind. Wenn es in diesen Ländern nur wenige Reiche gibt und auch die Unternehmen nicht sehr erfolgreich sind, erwartet man, wenn international tätige Untrernehmen aus reicheren Ländern dort agieren, von diesen eine verstärkte Übernahme sozialer Verantwortung.
Für Unternehmen bedeutet dies, dass ein erfolgreiches Wirtschaften in einem Land, von einer an die Erwartungshaltung der Menschen angepaßten sozialen Unternehmensverantwortung abhängt. Diese kann, wie vorher ausgeführt, kulturbedingt sehr unterschiedliche Konzepte und Verhaltensweisen notwendig machen. Deshalb werden im Folgenden unterschiedliche Konzepte der sozialen Unternehmensverantowrtung vorgestellt und analysiert.
Begriffsinhalt
Unternehmensverantwortung beschreibt das Einstehen des Unternehmens für Ziele und Werte, welche über die rein ökonomische Dimension hinausgehen. Neben der wirtschaftlichen Zielerreichung, welche sich beispielsweise durch Gewinnerzielung, Wertsteigerung oder Umsatzwachstum messen lässt, tritt die Verantwortung für Ziele, welche außerhalb des direkten Interesses der Anteilseigner (Shareholder) liegen. Somit ist eine [143]Berücksichtigung anderer Stakeholder wie Gesellschaft, Mitarbeiter und Staat integraler Bestandteil dieses Konzeptes.
Insbesondere seit der internationalen Finanzkrise am Ende des letzten Jahrzehnts hat diese Perspektive für Politik und Unternehmensführung stark an Bedeutung gewonnen und wird auch in Zukunft möglicherweise Einfluss auf Entscheidungen nehmen. Der Begriff der Unternehmensverantwortung hat sich allerdings im deutschen Sprachraum nur begrenzt durchsetzen können. Im Folgenden wird er daher synonym mit dem weitaus geläufigeren Begriff der Corporate Social Responsibility („CSR“) verwendet (Seidel, P., 2011). Dennoch erscheint der Begriffsumfang der Unternehmensverantwortung durchaus korrekter, da dieser eine Ausweitung auf Anteilseigner und z.B. die natürliche Umwelt beinhaltet.
Konzepte der Unternehmensverantwortung werden auch unter den Begriffen Corporate Citizenship, Corporate Accountability, Nachhaltige Unternehmensführung/Sustainability oder Unternehmensethik/Business Ethics diskutiert (Keinert, C., 2008). Unterschiede bestehen dabei aber in erster Linie in der exakten Abgrenzung des Begriffes, weniger in den praktischen Implikationen, und sind historisch gewachsen. Im internationalen Umfeld finden sich zudem Ausprägungen, welche durch regionale Kulturunterschiede geprägt sind, wie die US-amerikanische Variante eines Shareholder-Value-orientierten CSR-Verständnisses oder die Unternehmensverantwortung im traditionellen deutschen Familienunternehmen. In der Unternehmenspraxis ist aber eine Annäherung der verschiedenen Konzepte erkennbar. Dazu tragen international operierende Unternehmen sowie Institutionen bei. ISO-Normen zum Qualitäts- und Umweltschutz, Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) und der Global Compact der United Nations dienen unabhängig vom benutzten Konzeptbegriff als Richtlinie und tragen so zur Konvergenz bei.
Neben der allgemeinen Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft steht CSR im engeren Sinne auch für das über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Engagement von Unternehmen für Ziele folgender Art:
1 Soziale Ziele
2 Ökologische Ziele
3 Wirtschaftliche Ziele
Soziale Verantwortung dient den Zielen der Gesellschaft und kann beispielsweise durch die sozialverträgliche Beschäftigung von benachteiligten Menschen oder Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit genauso wahrgenommen werden wie durch die Unterstützung von Bildungseinrichtungen oder Jugendprojekten.
Ökologische Verantwortung kann sich in der Verwendung verbrauchsarmer Fahrzeugflotten, ressourcenschonender Produktion oder einem nachhaltigen Management des CO2-Ausstoßes umsetzen lassen. Es existieren vielfältige Möglichkeiten für Firmen, sich der außerökonomischen Verantwortung zu stellen.
[144]Ökonomische Dimensionen der Geschäftstätigkeit beinhalten beispielsweise Gewinnerzielung, Kundenzufriedenheit, Wertsteigerung am Kapitalmarkt oder das Erbringen der Steuerschuld und das Leisten der Sozialabgaben.
Diese Einteilung liegt vielen CSR-Konzepten zugrunde, kann aber in verschiedene Richtungen erweitert oder modifiziert werden. Hierbei spielt auch der Begriff der Nachhaltigkeit (Sustainability) eine große Rolle. Dieser beinhaltet neben der Ausrichtung des Unternehmens an ethischen Standards auch die langfristige Nachhaltigkeit dieser Orientierung aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Sicht. Hierbei wird gemeinhin eine äußerst langfristige Perspektive unterstellt: Nachhaltigkeit beinhaltet die Beibehaltung der entsprechenden Ziele.
Historie
Gerade der Nachhaltigkeitsgedanke hat in verschiedenen Wissenschaften eine lange Historie, aber auch die Unternehmensverantwortung wird seit Langem unter verschiedenen Aspekten thematisiert.
Der deutsche Forstwirtschaftler v. Carlowitz formulierte in seinem 1713 erschienenen Werk „Sylvicultura Oeconomica“ erstmalig das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft (v. Carlowitz, H.C., 2011[Reprint der Ausgabe von 1713]), was zumindest einen semantischen Ausgangspunkt für die Nachhaltigkeitsdebatte darstellt.
Wirtschaftswissenschaftliche Auseinandersetzungen mit der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens