Achim Bönninghaus

Sachenrecht I


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Eigentum begründet nach § 903 das Recht, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen. Es zählt nach Art. 14 GG zu den Grundrechten und wird zivilrechtlich umfassend gegen unbefugte Eingriffe geschützt.

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      Bei dem Besitz, der im allgemeinen Sprachgebrauch mitunter mit dem Eigentum verwechselt wird, handelt es sich lediglich um die tatsächliche Sachherrschaft. Demgemäß wird der unmittelbare Besitz nach § 854 Abs. 1 allein durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt (Ausnahme der fiktive Erbenbesitz nach § 817 und der fingierte Besitz nach § 855) erworben. Auch der Besitz räumt dem Inhaber Abwehrrechte gegen unbefugten Eingriff Dritter ein.

      1. Teil Der Eigentums- und Besitzschutz im ÜberblickA. Allgemeines zur Einführung › II. Vorgehensweise in der sachenrechtlichen Klausur

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      In Ihren Prüfungsklausuren geht es regelmäßig um die Prüfung von Ansprüchen. Ausgehend von der konkreten Fallfrage ist daher die grundlegende Überlegung:

      Wer will – von wem – was – warum – woraus?

      Die saubere Prüfung der Frage nach dem „Warum?“ (in sachenrechtlichen Klausuren also was ist passiert, welche Art von Eingriff in Eigentum und/oder Besitz liegt vor?) führt Sie zu den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen (Woraus?) und damit zum sicheren Einstieg in die Lösung der Klausur. Ausgehend von dieser Grundüberlegung ist die nachfolgende Darstellung des Themas eng an den jeweiligen Eingriffstatbeständen und damit an dem zu untersuchenden Anspruchsziel orientiert.

      Um Ihnen den Einstieg in die sachenrechtlichen Klausuren zu erleichtern, werden wir uns im 1. Teil zunächst einen allgemeinen Überblick über das System des Eigentums- und Besitzschutzes erarbeiten. Im 2. Teil werden wir die verschiedenen Eingriffe und die Schutzmöglichkeiten anhand der klausurtypischen Anspruchsgrundlagen im Einzelnen behandeln.

      Anmerkungen

       [1]

      Im Gegensatz zu unkörperlichen Gegenständen wie Forderungen oder Immaterialgüterrechten (Persönlichkeitsrecht, Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht, etc.).

       [2]

      Achtung: § 894 gilt nicht nur bei unrichtig eingetragenem Grundstückseigentum, sondern auch bei anderen unrichtig eingetragenen „beschränkten“ Grundstücksrechten.

       [3]

      Habersack Sachenrecht Rn. 64 ff.

       [4]

      Palandt-Herrler Einl. v. § 854 Rn. 2; Habersack Sachenrecht Rn. 64 ff.; Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 436.

       [5]

      Die Ansprüche aus §§ 894, 985, 1004 lassen sich durchaus als eigentumsrechtliche Primäransprüche begreifen, die bei Leistungsstörung (z.B. Verzögerung) Sekundäransprüche auslösen, vgl. Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 436.

       [6]

      Palandt-Herrler Einl. v. § 854 Rn. 2.

      1. Teil Der Eigentums- und Besitzschutz im Überblick › B. Überblick zum Eigentumsschutz

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      Dieser folgende Überblick soll Ihnen nur einen ersten Überblick über die sachenrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zu den vertraglichen, quasivertraglichen und deliktischen Ansprüchen geben, da in diesem Skript enorm viele Anspruchsgrundlagen dargestellt werden. In den folgenden Teilen werden alle im Rahmen des Überblicks erwähnten Ansprüche im Einzelnen genau dargestellt und ausführlich erläutert.

      1. Teil Der Eigentums- und Besitzschutz im ÜberblickB. Überblick zum Eigentumsschutz › I. Schutz vor Eigentumsstörungen

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      Gegen eingetretene Eigentumsstörungen kann sich der Eigentümer mit dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 zur Wehr setzen. Sind zukünftige Störungen zu erwarten, kann der Eigentümer nach § 1004 Abs. 1 S. 2 auf Unterlassung klagen und damit den Eingriff in sein Eigentum bereits im Vorfeld verhindern.

      Beispiel

      Gartenliebhaber E hat von V ein Grundstück erworben und für viel Geld bepflanzt. A betreibt auf dem Nachbargrundstück einen Reitstall. E stellt eines Tages fest, dass ein Pferd durch seine Bepflanzung geritten ist und dadurch ein Teil der Pflanzen zerstört wurde. Verkäufer V teilt ihm mit, dass A bereits in der Vergangenheit ständig über das Grundstück geritten ist, obwohl V ihm dies untersagt hatte. Nunmehr erfährt E, dass A beabsichtigt, am kommenden Wochenende mit einer ganzen Reitgesellschaft den „neuen Reitweg“ (über das Grundstück des E) einzuweihen. Gegen diesen drohenden Eingriff in sein Eigentum kann E den A gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 auf Unterlassung verklagen und dabei im Wege einer einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) bei Gericht auch vorläufigen Rechtsschutz beantragen.

      1. Teil Der Eigentums- und Besitzschutz im ÜberblickB. Überblick zum Eigentumsschutz › II. Schutz vor Besitzentziehung

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      § 985 schützt den Eigentümer davor, dass ihm der Besitz durch einen Dritten unrechtmäßig entzogen oder vorenthalten wird. Demgemäß kann der Eigentümer von dem nichtberechtigten Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. Die Vorschrift richtet sich nicht nur gegen den unrechtmäßigen Besitzer einer beweglichen Sache, sondern auch gegen den unrechtmäßigen Besitzer eines Grundstücks.

      1. Teil Der Eigentums- und Besitzschutz im ÜberblickB. Überblick zum Eigentumsschutz › III. Ersatz bei unbefugter Nutzung

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      Nutzt jemand eine fremde Sache aufgrund eines wirksamen Vertrages mit dem Eigentümer (z.B. aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages), also als berechtigter Besitzer, so richtet sich die dafür zu zahlende Vergütung allein nach der getroffenen Vereinbarung.

      Beispiel