Achim Bönninghaus

Sachenrecht II


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Besitzerwerb durch bloße Einigung, § 854 Abs. 2

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      Abgeleiteter Besitzerwerb durch bloße Einigung

       I. Erwerber ist in der Lage, die tatsächliche Gewalt über die Sache auszuüben

       II. Einigung über den Besitzübergang

      Nach § 854 Abs. 2 reicht die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers für die Besitzübertragung aus, wenn der Erwerber in der Lage ist, die tatsächliche Gewalt über die Sache auszuüben.

      Der Übertragende muss Besitzer sein, der Erwerber muss in der Lage sein, die tatsächliche Gewalt auszuüben und die Parteien müssen sich über den Besitzerwerb einig sein.

      Beispiel

      V verkauft einen Stapel Holz im Wald an K. Ist der Besitz auf K übergegangen, wenn V dem K den „Holzzettel“ übergibt?

      Hier liegt in der Einigung über den Eigentumsübergang auch die über den Besitzübergang vor, wenn V dem K die sofortige Abfuhr des Holzes gestattet und ihm den „Holzzettel“ übergibt.

      JURIQ-Klausurtipp

      2. Teil Erwerb des BesitzesA. Erwerb des unmittelbaren Besitzes › IV. Besitz bei Einschaltung eines Besitzdieners, § 855

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      Nach § 855 ist Besitzdiener, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache aufgrund eines sozialen Abhängigkeitsverhältnisses ausübt. Der Besitzdiener ist zwar Gewahrsamsinhaber, aber nicht Besitzer.

      JURIQ-Klausurtipp

      Ansprüche, welche „Besitz“ des Anspruchsgegners voraussetzen, wie z.B. §§ 985, 861, 1007, sind nicht gegen den Besitzdiener zu richten, sondern gegen den Besitzherrn.

      2. Teil Erwerb des BesitzesA. Erwerb des unmittelbaren Besitzes › V. Fingierter Erbenbesitz, § 857

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      Nach § 857 geht der Besitz eines Verstorbenen mit dem Tode des Erblassers, auch ohne tatsächliche Besitzergreifung, auf den Erben über. In diesem Falle ist der Erbe als fingierter Besitzer z.B. Gegner eines Herausgabeanspruchs aus § 985. Der Erbe erwirbt den Besitz in der Form, wie ihn der Erblasser inne hatte. Ein Besitzerwerbswille des Erben ist nicht erforderlich.

      Beispiel

      War der Erblasser also unmittelbarer Besitzer, so wird es der Erbe auch. War der Erblasser mittelbarer Besitzer, so ist es nunmehr der Erbe. War der Erblasser fehlerhafter Besitzer i.S.v. § 858 Abs. 2 S. 1, so ist jetzt der Erbe fehlerhafter Besitzer (vgl. § 858 Abs. 2 S. 2 Alt. 1) und kann daher Anspruchsgegner eines Herausgabeanspruchs aus § 861 sein.

      Anmerkungen

       [1]

      Palandt-Herrler § 854 Rn. 3 m.w.N.

       [2]

      Palandt-Herrler § 854 Rn. 4 m.w.N.

       [3]

      Palandt-Herrler § 854 Rn. 4.

       [4]

      Palandt-Herrler § 854 Rn. 6.

       [5]

      Palandt-Herrler a.a.O.

      2. Teil Erwerb des Besitzes › B. Verlust des unmittelbaren Besitzes

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      § 856 unterscheidet zwischen „Aufgabe“ der tatsächlichen Gewalt und Besitzverlust „in anderer Weise“.

      Hinweis

      Beachte § 856 Abs. 2, wonach eine vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der tatsächlichen Gewalt den Besitz nicht beendigt.

      Beispiele

      A verliert ein Buch. A verlegt einen Schlüssel im Haus. A gestattet seinem Chauffeur, mit seinem Auto sonntags einen Ausflug zu machen. Ist A noch Besitzer der Gegenstände?

      A hat den Besitz an dem Buch nach § 856 Abs. 1 Alt. 2 verloren, dagegen ist A noch Besitzer des Schlüssels (genereller Besitzwille), das Haus verliert nichts; ebenso bei vergessenen Sachen; A ist weiterhin Besitzer des Autos nach § 856 Abs. 2.

      Anmerkungen

       [1]

      Palandt-Herrler § 856 Rn. 2.

      2. Teil Erwerb des Besitzes › C. Erwerb mittelbaren Besitzes

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      Mittelbarer Besitzer (§ 868) ist, wer den Besitz durch Vermittlung eines anderen, des unmittelbaren Besitzers, ausübt.

      Hierbei handelt es sich i.d.R. nicht um eine äußerlich erkennbare, sondern um eine vom Gesetz fingierte Form des Besitzes.

      Beispiel

      Vermieter V hat dem Mieter M eine Wohnung vermietet. M, als Inhaber der tatsächlichen Gewalt, ist unmittelbarer Besitzer, V ist mittelbarer Besitzer der Wohnung.

      Hinweis