Achim Bönninghaus

Schuldrecht Allgemeiner Teil II


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      Beispiel

      Bauunternehmer U verpflichtet sich gegenüber B zur Errichtung eines „schlüsselfertigen“ Hauses. Mit dem Aushub der Baugrube beauftragt U die X GmbH. Die X GmbH ist nun Erfüllungsgehilfin des U, da sie mit seinem Willen bei der Herstellung des vereinbarten Werkes tätig wird. Ein dem U nach § 278 zurechenbares Verschulden der X GmbH kann nur das Verschulden derjenigen Personen sein, für die die X GmbH analog § 31 unmittelbar einstehen muss (Geschäftsführer als Organ und ggf. Bauleiter als besonderer Repräsentant der X GmbH). Die bei X angestellten Arbeiter auf der Baustelle sind in Bezug auf die Verpflichtung der X gegenüber U Erfüllungshilfen der X GmbH und in Bezug auf die Verpflichtungen des U gegenüber B Erfüllungsgehilfen des U, da U weiß, dass die X GmbH sich dieser Personen bedienen muss, um den Auftrag zu erfüllen.

2. Tätigwerden bei Erfüllung einer Verbindlichkeit des Schuldners

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      Aus § 278 folgt weiter, dass der Erfüllungsgehilfe bei der Erfüllung einer den Schuldner treffenden Verbindlichkeit tätig wird.

      Hinweis

      An dieser Stelle lauern gerne „Klausurfallen“, so dass Sie hier besonders sauber arbeiten müssen.

      Beispiel 1

      Beispiel 2

      Der Hersteller ist kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, weil der Verkäufer gem. § 433 Abs. 1 gerade nicht zur Herstellung verpflichtet ist. Anders liegt es beim Werklieferungsvertrag (vgl. § 650).

      Beispiel 3

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      Lesen Sie noch einmal kurz das Beispiel oben unter Rn. 43.

      Beispiel

      Knüpfen wir wieder an unser Beispiel an, in dem der Mieter auf anwaltlichen Rat Nebenkostenvorauszahlungen einbehalten hat (siehe oben unter Rn. 43).

      Dort hatten wir bereits festgestellt, dass den Mieter kein eigenes Verschulden trifft und er nur dann in Verzug geraten sein kann, wenn er ein Verschulden seines Anwalts R zu vertreten hat. In Betracht kommt hier allein eine Zurechnung nach § 278 S. 1 Var. 2.

      Dies setzt voraus, dass R seinerseits schuldhaft gehandelt hat. Dies bestimmt sich wiederum nach § 276, wonach Verschulden in einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhalten liegen kann.

      Ein vorsätzliches Verhalten scheidet insoweit aus, da R seine Auskunft für richtig hielt und ihm deshalb das für den Vorsatz erforderliche Bewusstsein fehlte, mit seiner Auskunft eine Pflichtverletzung des M herbeizuführen.

      Die Auskunft widersprach aber der gebotenen Sorgfalt, so dass die eingetretene Zahlungsverzögerung auf einem fahrlässigen Verhalten des R beruht. Als Rechtsanwalt war R wie jeder Schuldner gehalten die Rechtslage sorgfältig zu prüfen und die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten. Entschuldigt ist ein Rechtsirrtum nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer abweichenden Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Da seine Empfehlung aber weder einer gesetzlichen Regelung noch höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprach, handelte R fahrlässig, indem er dem M zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts riet.

      Hinweis

      Fraglich ist aber, ob R bei Abgabe seiner fehlerhaften Empfehlung auch zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des M tätig wurde. M schuldete dem V Zahlung des Mietzinses einschließlich der monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen. R ist aber nicht bei der Ausführung der eigentlichen Erfüllungshandlung, nämlich bei Zahlung, tätig geworden. Vielmehr hat R den M lediglich dabei beraten, ob der M hinsichtlich der ab Januar 2008 zu zahlenden Nebenkostenbeträge die Leistungshandlung vornehmen oder von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht werden soll. Ein so enges Verständnis würde aber dazu führen, dass es von der Reichweite des Auftrages und der Art der Einschaltung des Gehilfen abhinge, ob eine Zurechnung stattfinden kann oder nicht. Ein Tätigwerden bei Erfüllung einer Verbindlichkeit des M ist daher zu bejahen, so dass sich M das Verschulden seines Rechtsanwalts zurechnen lassen muss.

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      Beispiel

      A betritt die Verkaufsräume des V und rutscht auf dem frisch gewischten und noch nassen Boden aus. Die Mitarbeiterin M des von V beauftragten Reinigungsunternehmens R GmbH hatte entgegen sonstiger Übung und der vertraglichen Vereinbarung mit V vergessen, entsprechende Hinweisschilder aufzustellen. Hier haftet der V aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 3, weil er sich die fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht durch die M gem. § 278 zurechnen lassen muss. M ist bei der Reinigung zugleich Erfüllungsgehilfin des V, da V die nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 seinen Kunden geschuldete Warnung vor Rutschgefahr von den