Matthias Müller

Kommunalrecht Baden-Württemberg


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kraft freier Willensentscheidung übernommen werden können, handelt es sich bei ihnen stets um Selbstverwaltungsangelegenheiten und nicht um staatliche Aufgaben.

      Beispiel

      Beispiele für freiwillige Aufgabenbereiche der Gemeinden sind Jugendhaus, Gemeindehalle, Theater, Museum, Freibad, öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge, Städtepartnerschaften etc.

      4. Teil Aufgaben der GemeindeA. Weisungsfreie Aufgaben: Freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben › II. Weisungsfreie Pflichtaufgaben

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      Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 GemO sind Pflichtaufgaben solche, zu deren Erfüllung die Gemeinden durch Gesetz verpflichtet sind. Ist den Gemeinden dabei freigestellt, auf welche Art und Weise sie die Aufgaben erledigen, spricht man von weisungsfreien Pflichtaufgaben.

      Beispiel

      Zu den weisungsfreien Pflichtaufgaben zählen etwa

die Straßenbaulast, §§ 9, 44 StrG;
die Beleuchtung und das Räumen der Straßen, § 41 StrG;
die Errichtung und der Betrieb von Schulen, § 48 SchulG;
die Aufstellung von Bauleitplänen, § 1 Abs. 3 BauGB.

      53

      

      Gerade wie die freiwilligen Aufgaben werden auch die weisungsfreien Pflichtaufgaben in eigener Verantwortung der Gemeinde ausgeführt. Auch bei ihnen handelt es sich demnach um Selbstverwaltungsangelegenheiten.

      Hinweis

      Rechtliche Auswirkungen hat die Charakterisierung einer Aufgabe als weisungsfreie Aufgabe für die Frage der gemeindlichen Aufsicht. § 118 Abs. 1 GemO beschränkt die Aufsicht über weisungsfreie Aufgaben auf die Rechtsaufsicht (Rn. 321 ff.). Überprüft werden kann nur die Rechtmäßigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung.

      Entscheidend ist die Klassifizierung der Aufgabe auch für die Bestimmung der zuständigen Widerspruchsbehörde: Große Kreisstädte und Stadtkreise sind betreffend den weisungsfreien Aufgaben Widerspruchsbehörde nach § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 17 AGVwGO, da sie gem. § 119 GemO nicht der Rechtsaufsicht des Landratsamts unterstehen (zur Unterscheidung von kreisangehörigen Gemeinden, Großen Kreisstädten und Stadtkreisen, Rn. 10 ff.).

      4. Teil Aufgaben der Gemeinde › B. Weisungsaufgaben

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      Haben die Gemeinden bei der Erfüllung der ihnen kraft Gesetzes zugewiesenen Pflichtaufgaben keinen Spielraum, wie sie diese Aufgaben erledigen, spricht man von weisungsgebundenen Pflichtaufgaben oder kurz von Weisungsaufgaben, § 2 Abs. 3 GemO.

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      Weisungsaufgaben werden den Gemeinden durch Gesetz zur Erfüllung nach Weisung auferlegt, wobei im Gesetz der Umfang des Weisungsrechts zu bestimmen ist (§ 2 Abs. 3 GemO). Weisungsaufgaben sind solche, bei denen die Gemeinden als untere staatliche Verwaltung tätig werden, wie etwa als untere Baurechtsbehörde (weitere Beispiele sind die Aufgaben nach dem PolG, dem GastG etc.). Darüber hinaus sind gemäß § 15 Abs. 2 LVG die von den Stadtkreisen und Großen Kreisstädten wahrgenommenen Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörden Weisungsaufgaben. Weisungsaufgaben sind im jeweiligen Gesetz regelmäßig ausdrücklich als solche benannt.

      Beispiel

      § 62 Abs. 4 PolG normiert: „Ortspolizeibehörden sind die Gemeinden. Die den Gemeinden hiernach übertragenen Aufgaben sind Pflichtaufgaben nach Weisung.“

      Da hinsichtlich der Weisungsaufgaben sowohl das „ob“ als auch das „wie“ der Aufgabenerfüllung gesetzlich bestimmt ist, unterliegen die Gemeinden diesbezüglich der Fachaufsicht (§ 118 Abs. 2 GemO, Rn. 374 ff.). Überprüft werden kann folglich sowohl die Recht- als auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns.

      Hinweis

      Die Abgrenzung von freiwilligen Aufgaben, weisungsfreien Pflichtaufgaben und Weisungsaufgaben kann man sich einfach mit der Frage nach dem „ob“ und „wie“ der Aufgabenerfüllung merken: Bei freiwilligen Aufgaben ist die Gemeinde sowohl hinsichtlich des „ob“ als auch des „wie“ der Erfüllung frei. Bei weisungsfreien Pflichtaufgaben ist das „ob“ staatlicherseits bestimmt, das „wie“ liegt in der Verantwortung der Gemeinde. Bei der Erfüllung von Weisungsaufgaben ist den Gemeinden sowohl das „ob“ als auch das „wie“ der Aufgabenerfüllung vorgegeben.

      4. Teil Aufgaben der Gemeinde › C. Bundesauftragsangelegenheiten

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      Eine Sonderform der Weisungsaufgaben bilden die Bundesauftragsangelegenheiten. Führen die Länder Bundesgesetze im Auftrag des Bundes aus, bleibt die Errichtung der entsprechenden Behörden und damit die Bestimmung der Vollzugskompetenz dennoch Angelegenheit des Landes (vgl. Art. 85 GG). Auf diesem Wege können die Länder den Gemeinden die Erledigung von Bundesaufgaben übertragen. Man spricht dann von Bundesauftragsangelegenheiten. Nicht zulässig ist indes die Übertragung von Aufgaben durch Bundesgesetz an die Gemeinden (Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG). Ausnahmen sind aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 125a GG möglich.

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      Inhaltsverzeichnis

       A. Einwohner

       B. Bürger

       C. Übungsfall Nr. 1