ausländischer Amtsträger gehalten wurden, hätte finanziert werden sollen.[18] Eine Untersuchung der Securities and Exchange Commission (SEC) ergab, daß über 400 US-Unternehmen Zahlungen an ausländische Amtsträger entrichtet hatten.[19] Dabei unterliefen sie die offizielle US-Außenpolitik (so der Waffenhersteller Lockhead bei der Bestechung des japanischen Ministerpräsidenten Tanaka). Das mit dem Erlass der FCPA auch moralische Anliegen des neuen Präsidenten Jimmy Carter erfüllt wurden, versteht sich.[20] Allerdings verfolgte die FCPA primär ein sehr konkretes Wettbewerbsinteresse: Unternehmen durften sich zur Erlangung von Aufträgen nicht auf Bestechung verlassen, sie sollten aufgrund ihrer Kompetenz im Wettbewerb bestehen. Freilich waren die US-Unternehmen längerfristig darauf angewiesen, daß auch ausländische Konkurrenten unter dieselben Regeln gestellt wurden.[21]
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Eine erste Initiative der USA zur Internationalisierung der FCPA im Rahmen der UNO (ECOSOC) scheiterte aber 1979 am Widerstand der Entwicklungsländer (G77) einerseits und der wichtigsten Konkurrenten im Norden (G7) andererseits.[22]
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Mit der US Omnibus Trade Act von 1988 wurde erst erwogen, die FCPA aufzuheben.[23] Stattdessen wurde die FCPA vorerst lediglich abgedämpft. Insbesondere wurde klargestellt, daß sie nicht auf kleine facilitation payments Anwendung fand. Sodann wurde die Administration aufgefordert, einen neuen Anlauf zur Schaffung eines Systems der Strafbarkeit von Auslandsbestechung in Industriestaaten zu ergreifen. Diese Initiative führte zum Vorstoß von 1989 in der OECD.[24]
1. 1898–1994
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Nachdem bereits seit 1977 im Rahmen der International Chamber of Commerce (ICC) Bestrebungen zur Bekämpfung der transnationalen Bestechung im Rahmen der Selbstregulierung der Industrie im Gange waren,[25] mag es nicht erstaunen, daß nach 1989 die OECD Staaten verhalten positiv auf den US-Vorstoß reagierten. Man darf nicht übersehen, daß nunmehr mit dem Fall der Berliner Mauer große, vorher „besetzte“ Wirtschaftsräume frei geworden waren und der Auftragserwerb durch Bestechung zunehmend als irrational und riskant empfunden wurde.[26]
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Zwischen 1989 und 1994 wurde im Rahmen der OECD viel geredet, insbesondere über die theoretischen Optionen einer internationalen Regulierung. Mit Amtsantritt der Clinton-Administration stieg der internationale Druck allerdings. Nun war es plötzlich möglich, eine erste Rats-Empfehlung zu verabschieden.[27] Sie las sich mehr als „Einkaufsliste“ denn als verbindliches Instrument. Sie enthielt allerdings eine Regel, die den allmählichen Ausbau der Empfehlung im Laufe der kommenden Jahre vorsah.
2. 1994–1997
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Während der folgenden drei Jahre wurde die Regulierung denn auch systematisch ergänzt, bis 1997 eine Neuauflage auf die eigentlich heiklen Fragen, insbesondere die Strafbarkeit der Auslandsbestechung und das Verbot der steuerrechtlichen Abzugsfähigkeit, einging.[28] 1997 war man sich einig, daß etwas wirklich Relevantes vorgekehrt werden musste. Auf Vorschlag der OECD-Rechtsabteilung begab sich die OECD auf Neuland: Die Empfehlung wurde innert eines halben Jahres – zumal was das Strafrecht anbelangte – in eine verpflichtende Konvention übergeführt.[29] Auch unter den zentralen Ländern der G7 bestand allerdings zunächst erhebliches Misstrauen: Großbritannien, Frankreich und Deutschland mussten mühsam zum Beitritt überredet werden. Dabei war die inzwischen gegründete NRO Transparency International (TI) als Advokatin für die Konvention von großer Bedeutung.[30]
3. Die Konvention
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Die Konvention ist relativ schlicht aufgebaut. Sie enthält eine Definition des Tatbestandes. Von Bedeutung ist dabei eine „autonome“ Definition des Amtsträgers.[31] Die Einstufung des Empfängers des nicht-gebührenden Vorteils in seinem nationalen Recht ist zwar als Tatfrage relevant, die rechtliche Definition des Amtsträgers, die vor allem auf die öffentliche Funktion abstellt,[32] ist allerdings unabhängig vom Recht des Amtsträgers.
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Von erheblicher Bedeutung war die Regelung der Haftung der juristischen Person für Auslandsbestechung (Art. 2 OECD-Konvention). Der schlichte Text der Konvention wurde in den Länderprüfungen der nachfolgenden Jahre und vor allem in einer OECD Good Practice Guidance von 2009[33] weiterentwickelt: Insbesondere Großbritannien wurde – obwohl es seit Anfang des 20. Jahrhunderts bereits über eine strafrechtliche Unternehmenshaftung verfügte – dazu genötigt, die Haftung auf Kontrollversagen der Manager auszudehnen. In einem Befreiungsschlag schuf Großbritannien mit der UK Bribery Act Art. 7 gleich eine Kausalhaftung des Unternehmens für Bestechung aller Mitarbeiter, unter Vorbehalt einer due diligence-Klausel.[34] Die Konvention verpflichtet die Mitgliedsländer allerdings nicht dazu, eine strafrechtliche Haftung im eigentlichen Sinne einzuführen. Eine verwaltungsstrafrechtliche Norm im deutschen Sinne (OWiG) ist ausreichend, falls sie die nötige Konsequenz aufweist.[35]
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Eine weitere wichtige Regel der OECD-Konvention verbietet die Einstellung oder den Freispruch aus politischen, ökonomischen oder diplomatischen Rücksichten: Einzig professionelle Einstellungsgründe (fehlende Beweise, Verjährung etc.) sind akzeptabel.[36] Diese Regel war in der bisher größten Krise der OECD-Konvention von erheblicher Bedeutung.[37] Als der britische Premierminister, Tony Blair, die Einstellung einer Strafuntersuchung gegen die Waffenschmiede British Aerospace anordnete, weil er seine Beziehungen zu Saudi Arabien nicht gefährden und weil er 20‘000 Stellen in einem seiner wichtigsten Wahlkreise erhalten wollte, setzte sich die OECD heftig zur Wehr.[38] Indirekte Folge des Konfliktes war der Erlass des vermutlich schärfsten Anti-Korruptionsgesetzes der Welt, der UK Bribery Act.[39]
4. Monitoring
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Sämtliche Mitgliedstaaten der OECD-Konvention haben ihre Gesetze angepasst. Die Haupttätigkeit der OECD Working Group on Bribery, des zuständigen Komitees, besteht seither darin, Gesetzgebung und Rechtsanwendung regelmäßig zu überprüfen.[40] Dabei bedient sie sich eines ausgeklügelten Verfahrens der peer-evaluations. Inzwischen ist die Working Group on Bribery in die vierte Evaluationsrunde eingetreten. Der Hauptfokus liegt auf der Rechtsanwendung. Materielles und formelles Recht der Staaten werden differenziert analysiert und unter Umständen konkrete Entscheide öffentlich kritisiert. Die Evaluation folgt – in Abweichung vom allgemein anwendbaren Einstimmigkeitsprinzip nach dem Modell unanimity minus one.[41] Das überprüfte Land erhält zwar das Gehör, darf aber den Entscheid der Gruppe nicht blockieren. Die Ergebnisse werden zwingend veröffentlicht. Auch wenn die Empfehlungen der Working Group on Bribery nicht rechtlich verbindlich sind, werden die Evaluationsergebnisse von den Mitgliedsstaaten sehr ernst genommen.
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Die Verfahrensordnung sieht im Nachgang zur ordentlichen Evaluation mündliche und schriftliche follow-ups vor. Zudem enthält sie eine Reihe von „Strafevaluationen“, wenn ein Land die Anforderungen der Gruppe kontinuierlich nicht erfüllt (von politischer Intervention bis hin zur Wiederholung der Landesprüfung insgesamt).
5. Erweiterungen 2009 und 2019
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Aufgrund der politischen Lage ist an eine rechtlich verbindliche Ergänzung der Konvention (z.B. durch ein Zusatzprotokoll) nicht zu denken. Der Prozess ist stattdessen in Anlehnung an die Financial Action Task Force (FATF)[42] – mit soft law-Instrumenten (Ratsempfehlungen) vorangetrieben worden. Sie erlauben es, auch jenseits von strafrechtlichen Regeln, die OECD-Antikorruptionsnormen weiterzuentwickeln. Nachdem die letzte Reform der Empfehlung