kann von Auflagen abhängig auch bloß bedingt ausgesprochen werden (conditional debarment). Für Unternehmen besonders gravierend ist, daß die MDBs ab einem gewissen Schweregrad der Sanktion zwingend cross-debarment vereinbart haben: Wird ein Unternehmen von einer Entwicklungsbank ausgesperrt, schliessen sich alle anderen der Sanktion an.[62]
V. Transnational Public Policy
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Eine Vielzahl von großen Verträgen (zu denken ist insbesondere an Infrastrukturbauten, wie die Erstellung von Autobahnen, Brücken, Tunnels, Häfen oder Untergrundbahnen) werden mit Schiedsklauseln abgesichert. Streitigkeiten sind typischerweise der nationalen Justiz entzogen. Nachdem auf weltweiter Ebene Regeln gegen die transnationale und nationale Korruption entstanden sind, fragt sich, ob die Schiedsgerichtsbarkeit vom neuen Regelwerk ausgenommen ist.
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Tatsächlich bekunden Schiedsrichter Schwierigkeiten mit dem Thema Korruption (und verwandten Annexthemen wie der Geldwäsche).[63] Das ist insofern nachvollziehbar, als sie nicht über Zwangsmaßnahmen verfügen. Häufig aber zeigen sie geringes Interesse am Thema, weil sie sich weit eher den Parteiinteressen als internationalem öffentlichem Recht verpflichtet sehen.[64]
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Mit Inkrafttreten der OECD- und der UN-Konvention im Besonderen, hat sich die Lage allerdings verändert. Während man bislang in der Schiedsgerichtsbarkeit Illegalität des Grundvertrages dann berücksichtigt hatte, wenn sie vom anwendbaren Verfahrensrecht anerkannt war, hat sich mit den Konventionen ein weltweit anwendbarer Standard etabliert, der generell auch für Schiedsgerichte maßgebend wurde. Unter den Begriff der transnational public policy, gelegentlich auch als ordre public bezeichnet, wurde Korruption für Schiedsgerichtsbarkeit relevant: Im Rahmen der investment arbitration fehlt es an einer gültigen Investition, wenn sie von Anfang an durch Korruption zustande gekommen ist. Unter Umständen ist die Reaktion besonders harsch: Immer wieder haben Schiedsgerichte schlicht ihre Jurisdiktion verneint.[65]
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Wenn die Korruption nur die Vertragserfüllung betrifft oder im Rahmen der commercial arbitration auftritt, tendieren Schiedsgerichte generell dazu, die Beiträge der Parteien zur Illegalität abzuwägen und nach Maßgabe der Verantwortlichkeit der Parteien ausbalancierte Lösungen zu wählen.[66]
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Analysen der Spruchpraxis ergeben ein konfuses Bild.[67] Inzwischen sind verschiedene Initiativen lanciert worden, damit Schiedsgerichte nicht jedes Mal, wenn sie mit dem Thema konfrontiert werden, neue Regeln entwickeln müssen. Als hilfreich angesehen wird in der Branche der Toolkit for Arbitrators.[68]
I. Die Entwicklung der Compliance
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Mit der Intensivierung der wirtschaftlichen Globalisierung verdienen inzwischen große Unternehmen, aber auch etliche Mittelständler bis zu 50 % ihrer Einnahmen in der Exportwirtschaft. Damit ist das Risiko der Auslandsbestechung prominent geworden.[69] Compliance gilt als „Wunderwaffe“ gegen die Rechts- und Rufrisiken, die mit der Auslandsbestechung verbunden sind.[70]
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Compliance steht für die Techniken, die sicherstellen sollen, daß sich Mitarbeiter und Intermediäre an das nationale und das fremde Recht halten. Darüber hinaus sorgt Compliance für die Respektierung firmeninterner Regulierungen. Während Compliance für viele Unternehmen lange als nice to have galt, ist sie inzwischen zum must have geworden. Bei KMU muss die Funktion nicht unbedingt hausintern wahrgenommen werden. Sie kann auch nach außen delegiert werden. In gewissen Staaten ist die Antikorruptions-Compliance obligatorisch und Defizite sind als solche (verwaltungsrechtlich) strafbar.[71] Andernorts kann das fehlbare Unternehmen einen Strafnachlass für seriöse Compliance beanspruchen.[72]
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Compliance hat sich von einem Instrument zur Risikovermeidung[73] fortentwickelt. Sie gehört neben der Corporate Social Responsibility zu den Instrumenten der Corporate Governance, ist aber viel direkter mit dem Unternehmenszweck verbunden. Neuerdings ist oftmals von Ethics and Compliance die Rede, zumal in den USA.[74] Damit kommt die Erwartung zum Ausdruck, daß der Mitarbeiter sich vom Code of Conduct inspirieren lassen solle und sich jenseits der bloßen Regelbefolgung generell ethisch verhalten werde. In dieser Logik ist es, Compliance als Business Argument zu betrachten.[75]
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Compliance ist ein inhaltliches Programm. Es setzt aber auch eine Organisation voraus: Compliance Officers haben eine wichtige Stabsfunktion. Sie beraten die Linie, entscheiden aber selbst nicht. Hinzu kommen Verfahrensregeln, die für Transparenz sorgen und die Eskalation von Problemfällen ermöglichen sollen.[76]
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Compliance ist ein „offenes Gehäuse“.[77] Korruptionsprävention ist nur eines der Anliegen. Die Vermeidung von Geldwäsche ist ebenso zentral. Im Übrigen werden oftmals auch kartellrechtliche Bestimmungen und Regeln zur Sicherheit am Arbeitsplatz durch Compliance abgesichert.
II. Das Compliance-Programm
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Die klassischen Stationen des Antikorruptions-Compliance-Programmes beginnen bei der Risikoanalyse und der sog. risk map, die auf die besondere Größe, das Geschäftsfeld und den geografischen Tätigkeitsraum des Unternehmens Rücksicht nehmen.[78]
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Eine Reihe weiterer Schritte dient dazu, die corporate culture zu etablieren: Ein Code of Conduct umschreibt in abstrakter und in der Regel knapper Form die ethischen Prinzipien des Unternehmens. Der tone from the top[79] dient dazu, klarzustellen, daß die Unternehmensleitung zu den Prinzipien steht und auch bereit ist, denjenigen zu unterstützen, der ihnen in konkreten Konfliktlagen nachlebt. Zu Recht hat Moosmayer[80] darauf hingewiesen, daß es des buy in des middle management braucht, damit die corporate culture sich etablieren kann.
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Das eigentliche Regelwerk, das sich oft in einem Handbuch als Anhang zum Code of Conduct findet, muss sich einerseits mit Themen aus der Grauzone im Grenzbereich zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem und andererseits mit der Beziehung zu Dritten in der Lieferkette befassen.
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Im Rahmen der Antikorruptions-Compliance werden typischerweise drei Themen im Grenzbereich angesprochen:
– | facilitation payments, |
– | hospitality und Geschenke und |
– | Parteienfinanzierung.[81] |
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Facilitation payments wurden durch die FCPA und auch vom Text der OECD Konvention nicht erfasst. Ursprünglich ging man davon aus, daß kleine Zahlungen zur Förderung von gebundenem Verwaltungshandeln relativ harmlos seien. Inzwischen hat man eingesehen, daß es sich selten um Einzelhandlungen handelt. Facilitation Payments sind typischerweise Teil einer endemischen Korruptionskultur. Etliche OECD Staaten verfolgen daher inzwischen auch facilitation payments im Ausland.[82]
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Hospitality und Geschenke sind oftmals versteckte Bestechungsleistungen.[83] Wenn es sich um richtige Bagatellen handelt, die