Pflanzenkenntnis.
FLORA. Wie geht denn das zusammen?
TITUS. Sehr gut! Wer Menschen kennt, der kennt auch die Vegetabilien, weil nur sehr wenig Menschen leben – und viele, unzählige aber nur vegetieren. Wer in der Fruh aufsteht, in die Kanzlei geht, nacher essen geht, nacher präferanzeln geht und nacher schlafen geht, der vegetiert; wer in der Fruh ins G’wölb geht und nacher auf die Maut geht und nacher essen geht und nacher wieder ins G’wölb geht, der vegetiert; wer in der Fruh aufsteht, nacher a Roll durchgeht, nacher in die Prob geht, nacher essen geht, nacher ins Kaffeehaus geht, nacher Komödie spiel’n geht, und wenn das alle Tag so fortgeht, der vegetiert. Zum Leben gehört sich, billig berechnet, eine Million, und das is nicht genug; auch ein geistiger Aufschwung g’hört dazu, und das find’t man höchst selten beisammen! Wenigstens, was ich von die Millionär weiß, so führen fast alle aus millionärrischer Gewinnvermehrungspassion ein so fades, trockenes Geschäftsleben, was kaum den blühenden Namen »Vegetation« verdient.
FLORA (beiseite). Der Mensch muss die höhere Gärtnerei studiert haben! (Laut.) So dunkel Sein Kopf auswendig is, so hell scheint er inwendig zu sein.
[32]TITUS. Sind Ihnen vielleicht die schwarzen Haar’ zuwider?
FLORA. Zuwider? Er Schelm wird nur zu gut wissen, dass ein schwarzer Lockenkopf einem Mann am besten lasst.
TITUS (für sich). Die Peruck’n wirkt!
FLORA. Er will also hier einen Dienst? Gut, Er is aufgenommen. Aber nicht als Knecht! Er zeigt Kenntnisse, Eigenschaften, besitzt ein vorteilhaftes Äußeres –
TITUS (für sich). Die Peruckenkraft wirkt heftiger!
FLORA. Er soll die Aufsicht über das Gartenpersonale haben, Er soll den übrigen Befehle erteilen; Er soll nach mir im Garten der Erste sein.
TITUS (beiseite). Die Peruck’n hat gesiegt! (Laut.) Ich weiß so wenig, wie ich mich bedanken soll, als ich weiß, wie ich zu solchem Glück komme.
FLORA (seine Haare betrachtend). Nein, diese Schwärze, ganz italienisch!
TITUS. Ja, es geht schon beinahe ins Sizilianische hinüber. Meine Mutter war eine südliche Gärtnerin.
FLORA. Weiß Er aber, dass Er sehr ein eitler Mensch ist? Mir scheint, Er brennt sich die Locken. (Will mit der Hand nach den Locken fahren.)
TITUS (zurückprallend). Oh, nur net anrühren! Ich bin sehr kitzlich aufm Kopf.
FLORA. Närrischer Mensch! – Unter anderm aber, in diesem Anzug kann ich Ihn der gnädigen Frau nicht vorstellen.
TITUS. Also gilt bei Ihnen das Sprichwort: »Das Kleid macht den Mann«, das Sprichwort, durch welches wir uns selbst so sehr vor die Schneider herabsetzen und welches doch so unwahr ist! Denn wie viele ganze Kerls gehn mit zerrissene Röck herum.
FLORA. Aber der Anzug hat so gar nix, was einem Gartner –
[33]TITUS. Oh, der Anzug hat nur zu viel Gärtnerartiges: Er is übersät mit Fleck’, er is aufgegangen bei die Ellbögen und an verschiedenen Orten. Weil ich nie ein Paraplü trag, wird er auch häufig begossen, und wie er noch in der Blüte war, hab ich ihn oft wie eine Pflanze versetzt.
FLORA. Das ist dummes Zeug! (Nach der Türe rechts deutend.) Geh Er durch das Zimmer in die Kammer hinein! In der Truhen, wo der Zwiefel liegt, find’t Er den Hochzeitsanzug von mein’ seligen Mann.
TITUS. Das Hochzeitskleid des Verblichenen soll ich anziehen? – Hören Sie – (fährt sich kokett mit der Hand durch die Locken) da kann ich nichts davor, wenn Gefühle erwachen, die –! (Sieht sie bedeutungsvoll an und geht durch die Seitentür rechts ab.)
Achtzehnte Szene
Flora, dann Plutzerkern.
FLORA. Wirklich ein scharmanter Mensch! – Na, man kann nicht wissen, was geschieht. Ein Spaß wär’s, wenn ich früher zur zweiten Heirat käm als unsere Kammerfrau, die so spöttisch auf mich herabsieht, weil sie den Herrn Friseur zum Liebhaber hat. Mit der Hochzeit lasst er sich aber hübsch Zeit! Bei mir könnt es rascher gehn, das wär ein Triumph! – Vor allem muss ich aber die Leut zusammenrufen. (Geht zum Fenster.) Ah, der Plutzerkern! (Hinausrufend.) Hol g’schwind die Leut alle zusamm’, ein neuer Gärtner is aufgenommen, der in Zukunft statt meiner über sie befehlen wird.
[34]PLUTZERKERN (inner der Szene). Das is g’scheit!
FLORA. Was is das – die Kammerfrau? (Zum Fenster hinaus grüßend.) Gehorsamste Dienerin! (Vom Fenster weggehend.) Sie kommt zu mir, was hat das zu bedeuten? G’wiss wieder ein Verdruss! Die Leut haben was versäumt, und ich kann ’s Bad ausgießen.
Neunzehnte Szene
Flora. Constantia.
CONSTANTIA (zur Mitte eintretend). Frau Gärtnerin –
FLORA (mit einem Knix). Untertänigste! – Was steht zu Befehl?
CONSTANTIA. Die gnädige Frau erwartet heute nachmittags Besuch aus der Stadt und wünscht, dass nicht wieder so schlechtes Obst wie das letzte Mal ins Schloss geschickt werde.
FLORA. Ich hab das allerschönste –
CONSTANTIA. Die gnädige Frau ist überhaupt mit der ganzen Pflege des Gartens höchst unzufrieden.
FLORA. Is nicht meine Schuld; die Leut – aber das wird jetzt alles anders wer’n. Die gnädige Frau hat mir den Auftrag erteilt, einen geschickten Menschen aufzunehmen; na, und da hat sich’s so geschickt, dass ein sehr geschickter Mensch –
CONSTANTIA. Gut, ich werd es der gnädigen Frau zu wissen machen.
FLORA. Ich werde mir die Freiheit nehmen, ihn selbst der gnädigen Frau vorzustellen.
[35]CONSTANTIA. Was fällt Ihr ein? Der gnädigen Frau vorstellen – so ein’ Bengel!
FLORA. Oh, ich bitte, Madame, diesen Menschen mit keinem gewöhnlichen Gartenknecht zu verwechseln; er ist – es ist sogar möglich – beinahe schon gewiss, dass ich ihn heirat.
CONSTANTIA. So? Diese Vermählung wird der gnädigen Frau so uninteressant sein wie der ganze Mensch; ich finde es daher, wie schon gesagt, ganz unstatthaft, ihn der gnädigen Frau vorzustellen.
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