Tim Hackemack

HIT THE STAGE


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schon in jungen Jahren angefangen zu touren. Hattet ihr Erwachsene dabei, die euch begleiteten?

      Jack: Wir hatten Fahrer, weil wir offensichtlich nicht fahren konnten, aber ansonsten waren wir allein unterwegs. Unsere Eltern sind nie mitgekommen. Wir hatten Freunde, die uns ab und zu geholfen haben, aber das war es.

      Sid: Bei der ersten Tour in Deutschland hat Thomas Ecke uns gefahren. Wir haben in Essen, Hamburg, Wegeleben und Dresden gespielt. Das war im Jahr 2014.

      Wie alt wart ihr damals?

      Jack: Ich war 15 und Sid war 16.

      Hattet ihr Probleme mit den Flügen wegen eures Alters?

      Sid: Nicht mit den Flügen, aber Jack hatte einige Probleme, als wir nach Hause kamen. Man benötigt eine Einverständniserklärung der Eltern, dass man reisen darf. So was hatten wir aber nie. Wir kamen ja schon zurück.

      Jack: Die Grenzpatrouille war immer verwirrt. Warum kommt ihr in eurem Alter allein über die Grenze? Einer von ihnen fragte Sid sogar einmal, ob er ein Opfer von Kinderhandel sei.

      Sid: Damals haben wir zum ersten Mal in Paris gespielt. Der Mann an der Grenze sagte zu mir: „Gib mir einfach ein Zeichen, wenn du Opfer von Kinderhandel bist.“ Aber wir sind einfach allein gereist und tun es immer noch.

      Wie seid ihr das erste Mal nach Paris gekommen?

      Jack: Wir sind mit dem Bus dorthin gefahren, aber das werden wir nie wieder tun. Es dauerte 16 Stunden von London und 16 Stunden zurück. Damals waren wir aber einfach pleite und suchten nach dem billigsten Weg nach Paris.

      Sid: Damals wussten wir nicht, wie wir eine Tour buchen sollten, und wir nahmen die erste Verbindung, die wir finden konnten.

      Jack: Heutzutage fliegen wir einfach, das geht viel schneller und ist auch nicht so teuer.

      Macht ihr denn das Booking immer noch selber oder habt ihr eine Booking-Agentur?

      Sid: Wir haben jetzt eine Booking-Agentur für Europa und eine für die Vereinigten Staaten.

      Also ist alles professioneller geworden?

      Sid: Das musste es. Wir fingen an, so viele Shows zu spielen, und eine Tour folgte der anderen, dass wir es nicht mehr selbst schaffen konnten. Wir hätten nur angefangen, Fehler zu machen, die falschen Flüge zu buchen und dadurch Geld zu verlieren.

      Jack: 2017 stellten wir fest, dass wir immer wieder dieselben Shows spielten und dass wir neue Veranstaltungsorte finden mussten. Eine Booking-Agentur hat viel bessere Kontakte als wir und das haben wir gebraucht.

      Sid: Bis 2017 war das Spielen von Shows für uns einfach nur Party. Wir konnten herumreisen und Spaß haben. Dann stellten wir fest, dass die Leute wirklich wegen uns zu den Shows kamen und unsere Songs hören wollten. Das war ein Wendepunkt für uns, weil wir bemerkten, dass die Band größer werden könnte. Das war gerade, als wir Break the Routine aufgenommen haben. Wir haben viel am Sound für diese Platte gearbeitet und wussten, dass wir, um mit diesen Aufnahmen Schritt halten zu können, keine Shows mehr verkatert oder zu betrunken spielen konnten.

      Wie habt ihr euer erstes Demo aufgenommen?

      Sid: Wir hatten keine wirkliche Idee und suchten einfach nur ein Studio.

      Jack: Wir leben in Ryde auf der Isle of Wight und da gibt es nicht viele Studios zur Auswahl. Ich denke, wir haben eine Empfehlung von einem Freund bekommen. Wir haben dort ein Demo mit einigen Songs aufgenommen, aber die gefallen uns heute nicht mehr, weil sie so schlecht sind. Die sollte niemand hören. Für die nächste Aufnahme-Session haben wir dann das Studio gebucht, das wir bis zu unserem neuen Album Graveyard Island genutzt haben.

      Wo habt ihr das neue Album aufgenommen?

      Jack: Wir haben es mit Tim Armstrong in Los Angeles aufgenommen, aber die Vorproduktion war in unserem alten Studio.

      Wie lange hat es gedauert, das Album aufzunehmen?

      Sid: Wir haben zwölf Tage gebraucht. Im Dezember 2018 tourten wir für fünf Shows in Amerika und blieben dann, um das Album aufzunehmen. Wir hatten es kurz vor Weihnachten fertig, also war es schon zehn Monate vor seiner Veröffentlichung fertig.

      Habt ihr bei all der Zeit, die ihr auf Tour verbringt, noch andere Jobs?

      Sid: Der Ort, in dem wir leben, ist ein sehr saisonabhängiger Ort. Arbeit gibt es überwiegend im Sommer in Hotels und Restaurants sowie in Tourismusunternehmen. Da fehlt es für uns an echten Karrieremöglichkeiten und wir haben nicht die Zeit, weiter zu touren und uns dazu noch für einen der wenigen Jobs zu bewerben, die wir in Vollzeit machen könnten. Im Grunde haben wir beschlossen, dass wir in unserem Alter sehen werden, wie weit wir kommen können. In den letzten zwei Jahren haben wir jährlich 80–100 Shows gespielt.

      Also könnt ihr davon leben?

      Sid: Nein, so gut ist es noch nicht, aber wir arbeiten daran. Wir reißen uns dafür den Arsch auf.

      Jack: Wir sind an einem Punkt, an dem wir entweder weitermachen können oder aufhören und eine Wochenendband werden. Wir haben beschlossen weiterzumachen. Zum Glück haben wir momentan keine so hohen Lebenshaltungskosten und werden von unseren Eltern unterstützt. Die verstehen, was wir tun.

      Sid: Obwohl wir sie austricksen mussten, als wir zum ersten Mal wegen eines Festivals das Land verlassen haben. Ein anderer Freund von uns erzählte seiner Mutter, dass meine Eltern bereits zugestimmt hatten, was wiederum dazu führte, dass sie zustimmte. Dann gingen wir zu unseren Eltern und sagten ihnen, dass seine Mutter ja gesagt hatte, wissend, dass sie dann auch ja sagen werden. Das hat ganz gut funktioniert. Als wir dann nach Hause kamen, sagten wir ihnen, dass sie ja bereits das letzte Mal zugestimmt hatten, und wir konnten loslegen. So fing alles an.

      Denkt ihr, dass euer jugendliches Alter euren bisherigen Erfolg beeinflusst hat, oder war es ein Problem?

      Sid: Es war beides. Zu Beginn haben uns viele Leute unterstützt, weil es nicht viele junge Bands gab, die klassischen Oi spielten. Aber natürlich haben uns auch Leute ausgelacht. Ich denke, viele Leute stecken in ihrem Jahrzehnt fest und vergessen, dass dies nicht mehr die 80er Jahre sind. Manchmal kommt es vor, dass Bands sich weigern vor einer Band zu spielen, die mindestens zehn Jahre jünger ist als sie. Das kommt aber selten vor. Für uns war es definitiv eine gute Sache. Aber es gab auch viele Enttäuschungen. Ich erinnere mich, dass wir einmal nach Mailand geflogen sind, um vor sechs Leuten zu spielen. Das muss man aber in Kauf nehmen.

      Wie hat diese Show finanziell für euch funktioniert?

      Jack: Zum Glück hat der Veranstalter die Flüge bezahlt, also sind wir gut rausgekommen. Wir hatten einige Veranstalter, die uns für Shows gebucht und die Flüge bezahlt haben, obwohl sie wussten, dass wir kein großes Publikum anziehen würden. Sie lieben die Musik einfach und deshalb haben sie uns dorthin gebracht.

      Habt ihr einen Plan für die Zukunft?

      Sid: Na, wenn alle paar Jahre ein neues Album machen und dann auf Tour zu gehen ein Plan ist, dann ja, dann haben wir einen Plan.

      Jack: Sobald wir genug Songs haben, gehen wir zurück ins Studio.

      Könnt ihr denn auf einer Tour neue Songs schreiben?

      Jack: Es ist definitiv schwieriger als zu Hause. Dort haben wir die Zeit, die wir brauchen, auf Tour ist es immer stressig.

      Sid: Und wenn wir Freizeit haben, legen wir uns lieber hin und tun gar nichts. Auf Tour zu sein ist wirklich geistig anstrengend. Aber hin und wieder greifen wir zu den Instrumenten und versuchen, etwas Neues zu schreiben.

      Wenn die Leute sehen, dass euer neues Album auf Hellcat Records veröffentlicht wurde, nehmen sie an, dass ihr ein Leben wie die Rockstars in einem großen Nightliner habt? Wie sieht euer Gefährt auf dieser Tour aus?

      Sid: Das hätten wir gerne – aber unser Van ist nicht einmal so groß wie ein Sprinter. Es ist eher wie ein Postauto. Wir haben diesmal keine Backline dabei, weil sie nicht in den Van passen würde, so klein ist er.

      Jack: Wir sind definitiv keine Nightliner-Band. Aber uns wurde schon oft vorgeworfen,