G. D. Brademann

Comanchen Mond Band 2


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hatten etwa 20 ihrer Pferde in eine Koppel gebracht, die sie aus zerbrochenen Zeltstangen und Seilen errichtet hatten. Einige Pferde waren jedoch außerhalb untergebracht. Ihnen hatte man die Vorderfüße gefesselt oder sie mit einem langen Zügel an die dort stehenden Bäume gebunden.

      Summer-Rain schaute sich wieder nach einer Wache um. Vorsichtig durchquerte sie das hohe Gras am Rande eines kleinen Walls, der bis hinunter in die Mulde reichte. Beinahe wäre sie einem der drei Männer, die dort in ihre Decken gehüllt lagen, auf die Füße getreten. Sie hatten sich die Mützen tief in die Stirn gezogen, und zwei von ihnen schnarchten.

      Der dritte lag auf der Seite; das glühende Ende einer Zigarette erhellte kurz sein bärtiges Gesicht.

      Summer-Rain kroch in einem weiten Bogen an ihnen vorbei. An der nächsten Baumgruppe aus schlanken Kiefern erhob sie sich und suchte drei Pferde aus. Über den Ästen hingen Halfter und Zügel – wahrscheinlich hatte die Wache sie ihren Pferden abgenommen und dort aufgehängt. Sie griff sich drei Halfter, um sie den erbeuteten Pferden umzulegen, löste die Seile, mit dem zwei andere an einen Baum gebunden waren, und verband ihre damit. Ungehindert kam sie mit ihrer Beute bis zu dem versteckt liegenden Birkenhain. Sie konnte nicht anders – sie musste noch einmal zurück, um auch die Seile der anderen angebundenen Pferde zu lösen und die Koppel zu öffnen. Kurz sah sie zu, wie sich die Pferde gemächlich hinter den Hügeln zerstreuten. Dann schlich sie im Schutze der Dunkelheit unten am Wald entlang bis zur Senke mit dem Geröllfeld. Es war ganz einfach gewesen.

      Während sie hinter Gebüsch am Rande Deckung suchte, konnte sie den Pawnee auf seinem Pferd sitzen sehen.

      Die Zelte, in acht Reihen hintereinander aufgereiht, reichten bis hinunter zum Fluss. Noch immer brannten einige Feuer, aber nicht mehr so viele wie zuvor. Soldaten sah sie kaum noch. Die meisten schienen bereits zu schlafen – schließlich hatten sie alle einen harten Tag hinter sich. Die lauten Geräusche des Lagers waren verstummt. Einige ruhelose oder vielleicht sogar betrunkene Soldaten, die noch immer unterwegs waren, würden sich auch bald zur Ruhe begeben. Soeben bog Oberstleutnant Smith mit einem ihn begleitenden Pawnee-Scout um ein Dickicht, das sein großes Zelt von der Senke etwas abschirmte. Sie ritten in geringer Entfernung an ihr vorbei. Der weiße Soldatenhäuptling sagte etwas zu dem Pawnee, der sich daraufhin entfernte. Sein Pferd einem vor dem großen Zelt stehenden Mann übergebend, schlüpfte er hinein.

      Summer-Rain ließ den Pawnee nicht aus den Augen, bis er zum Fluss hinunter verschwunden war.

      Erst dann schlich sie bis an den Rand der Senke. Als hätte man sie für sie bereitgelegt, griff sie nach einem der dort liegenden Äste. Zehn Schritte weiter glomm noch ein Feuer vor einem der Zelte. Es dauerte nur Augenblicke, dann brannte der Ast. Ein letzter prüfenden Blick – niemand war zu sehen – schon hockte sie vor einem Zelt, zündete es an, lief zum nächsten, zum übernächsten und so weiter. Während sie das tat, drehte sie sich in Richtung Geröllfeld und ahmte dreimal den Schrei einer Eule nach.

      Die ersten Männer sprangen aus den brennenden Zelten, aber da war sie bereits verschwunden. Augenblicke später war das halbe Lager alarmiert. Die brennenden Zelte zu löschen, war verlorene Mühe. Also versuchte man nur noch, die in der Nähe stehenden zu retten. Von überall eilten Soldaten herbei. Oberstleutnant Smith erschien vor seinem eigenen Zelt. Nicht gerade erfreut, in seiner Nachtruhe gestört zu werden, erteilte er überflüssige Befehle.

      Summer-Rains Plan war, in dem Aufruhr auf die andere Seite des Flusses zu gelangen. Dark-Night hatte ihr die Furt beschrieben. Dort, wo der Fluss aus dem Canyon kam, konnte sie unbemerkt verschwinden. Es war der Weg, den auch die Pferdeherde genommen hatte. Hinter einem bis ins Wasser ragenden entwurzelten Baum fand sie Deckung. Doch wo war die Furt? Dark-Night hatte gesagt – aber hier war sie anscheinend falsch. Jetzt wusste sie nicht mehr weiter. Sie hatte zu viel Zeit verloren – inzwischen war auch das Lager auf der anderen Flussseite hellwach. Von ihrem Versteck aus sah sie, wie eine Handvoll Soldaten mit zwei Pawnee-Scouts von Zelt zu Zelt durch das Lager ritten. Der Oberstleutnant, dem jetzt nicht mehr nach Schlaf zumute war, rief immer noch laute Befehle. Summer-Rain beobachtete hinter ihrer Deckung im Schein der huschenden Fackeln, wie der vor dem Geröllfeld wachende Pawnee zu ihm ritt. Da entschloss sie sich, durch den Fluss zu schwimmen. So eine weite Strecke hatte sie noch nie geschafft. Zögernd hielt sie abermals nach einer flachen Stelle Ausschau – hoffend, dass ihre Lieben längst in Sicherheit waren – Großmutter, Dark-Night, Dream-In-The-Day und das Baby. Gerade, als sie sich von einer der in die Luft ragenden Wurzeln des Baumes lösen wollte, ertönte durch den Tumult des Lagers eine laute Männerstimme, die nach einer Fackel rief. „Hierher, Männer, hierher! Bringt Fackeln mit, hier hoch.“

      Summer Rain erstarrte. Aus Richtung Geröllfeld kamen deutliche Geräusche, wie wenn große Mengen Steine herunterrollten. Soldaten, die in der Nähe waren, liefen mit brennenden Fackeln los. Wo waren die Frauen? Waren sie noch immer dort oben? Sich zur Ruhe zwingend, wartete sie und horchte – unsicher, was sie tun sollte, denn sehen konnte sie nicht viel. Schüsse krachten. Der helle Schein von Fackeln zerriss das Dunkel, zog das Geröllfeld hinauf. Kurz darauf riefen Männer von dort aus nach unten. Da schrie eine Frau. Dream-In-The-Day. Das war unverkennbar Dream-In-The-Day. Dann war alles still. Ohne auf ihre Sicherheit zu achten, reckte sich Summer-Rain aus ihrer Deckung heraus. Es hörte sich so an, als kletterten jetzt weitere Männer den steinigen Abhang aufwärts. Der Schein hin und her schwingender Fackeln markierte ihren Weg. Was auch immer dort gerade passierte, es klang nicht gut. Den Gedanken an ihre eigene Sicherheit verwarf sie. Zuerst musste sie wissen, was mit Großmutter und den anderen Frauen passiert war. Also watete sie geduckt zurück ans Ufer, fest davon überzeugt, dass sie alle bei ihrer Flucht entdeckt worden waren. Es blieb nur eine Möglichkeit, ihnen jetzt noch zu helfen. Sie musste die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Hoffend, dass ihr Plan doch noch funktionieren würde, richtete sie sich auf. Mit dem Mut der Verzweiflung begann sie die ihr zunächst stehende Gruppe Soldaten laut zu beschimpfen. Sie schrie ihre Beleidigungen nicht auf Comanche, sondern fluchte auf Taibo-Tekwapu, amerikanisches Englisch – radebrechte, was ihr gerade einfiel.

      Sofort verstummten die Männer. Die ersten kamen vom Geröllfeld zurück, andere, die weiter weg waren, griffen sich ihre Pferde und ritten auf sie zu. Oberstleutnant Smith versuchte, Ordnung in seinen Haufen zu bekommen – vergeblich; niemand achtete auf ihn. Summer-Rain, die erkannte, dass die Fackeln wieder den Abhang herunterkamen, watete so schnell sie konnte zurück in den Fluss, hinein in die Dunkelheit – und hoffte und hoffte. Bis zu den Augen im Wasser liegend, sah sie, wie sich die leuchtenden Punkte der Fackeln auf das Ufer zubewegten, weg von dem Geröllfeld. Vielleicht hatte die Zeit doch gereicht, um den Frauen durch ihre Aktion einen Vorsprung zu verschaffen. Vielleicht hatten die Soldaten auch oben nichts entdeckt. Diese Vielleichts im Kopf, horchte sie weiter in die Nacht hinein, denn viel sehen konnte sie nicht. Stimmen näherten sich und entfernten sich wieder. Dann verlosch eine Fackel nach der anderen flussabwärts, und auch die Stimmen ließen nach. Erleichtert watete sie durch das flache Wasser in entgegengesetzter Richtung, zurück auf ihre erste Deckung zu. Der Pawnee fiel ihr wieder ein. Würde er so einfach aufgeben? Wohl kaum. Er hatte die ganze Zeit über Hartnäckigkeit bewiesen; sie sollte ihn also nicht unterschätzen.

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