Agilität ist in den letzten Jahren immer mehr zum Synonym für die (digitale) Transformation vieler Unternehmen geworden. Im nächsten Kapitel werden wir das Thema Agilität genauer unter die Lupe nehmen.
➤ Tipps für VUCA-Helden
Wir leben in einer VUCA-Welt, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen bietet. Auf ein Rezept, wie Sie auf jeden Fall erfolgreich sein werden, brauchen Sie nicht zu hoffen, das gibt es einfach nicht. Aber Sie können erfolgsversprechenden Prinzipien und Werte folgen, die helfen, den Herausforderungen zu begegnen und die Chancen zu erkennen und zu nutzen, wenn sich Gelegenheiten ergeben.
1 Entwickeln Sie Visionen.
„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ gab Altkanzler Helmut Schmidt einst zu bedenken. Was damals schon eher fragwürdig erschien, lässt sich heute daran angelehnt vielleicht als „Wer keine Visionen hat, kann nach Hause gehen“ formulieren. Visionen helfen Ihnen auf Kurs zu bleiben und Klarheit in Ihre Ziele zu bringen. Sie beschreiben, warum, wie und was Sie tun. Eine gute Vision fördert die Motivation und gibt dem Handeln Sinn.
Daher sollten Sie versuchen, die Vision zu verstehen, die Ihr Unternehmen verfolgt. Können Sie keine Vision erkennen, dann ist es eine gute Idee, danach zu fragen und eine Diskussion über eine gemeinsame Vision zu starten. Ein Unternehmen ohne eine starke, gemeinsame Vision verschenkt sehr viel Potenzial. Zudem kann es sehr aufschlussreich sein, sich zu fragen, welcher Vision Sie selbst folgen. Können Sie Ihre persönliche „Mission“ formulieren?
Kennen Sie die Vision, die Ihrem beruflichen Umfeld Sinn gibt?
Ist die Vision allen Beteiligten bekannt und wird geteilt?
Gibt die Vision Antworten auf die Fragen „Warum?“, „Wie?“ und „Was?“?
Kennen Sie Ihre eigene, persönliche Vision?
1 Verstehen Sie, was um Sie herum geschieht.
Versuchen Sie ein Gefühl dafür zu entwickeln, was um Sie herum geschieht. Wie fühlen sich die Menschen? Welche Sorgen und Nöte treiben sie um?
Hören Sie mit echtem Interesse zu? Schenken Sie Ihrem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit?
Bilden Sie Hypothesen über Ihre Umwelt und überlegen Sie sich, wie Sie möglichst schnell herausfinden können, ob diese Hypothesen korrekt sind.
Gehen Sie mit Experimenten so um, dass ein Fehlschlag als Lerngelegenheit gesehen wird?
1 Schaffen Sie Klarheit.
Komplexität können Sie nicht beseitigen oder reduzieren. Aber Sie können dafür sorgen, dass es nicht noch komplexer wird. Ganz wichtig dabei ist eine saubere und klare Kommunikation. Durch Missverständnisse und verschleierte Aussagen werden die Empfänger Ihrer Nachrichten sich sehr vorsichtig oder sogar kontraproduktiv verhalten. Wenn Sie aber offen und transparent, ehrlich, direkt und klar kommunizieren, dann stehen die Chancen gut, dass Ihnen vertraut wird.
Kommunizieren Sie direkt und offen? Sind Sie sicher, dass Ihre Zuhörer Ihre Botschaft richtig verstanden haben?
Wenn Sie Informationen nicht weitergeben dürfen, was können Sie darüber mitteilen, wann und wer diese Informationen weitergeben wird? Können Sie vielleicht schon etwas über die nächsten Schritte sagen?
Grundlagen von Agilität
Wenn wir uns mit der Digitalisierung und den Veränderungen beschäftigen, die damit für Arbeitsweisen, Unternehmen und auch jeden einzelnen einhergehen, dann spielt das Thema Agilität eine zentrale Rolle. An dieser Stelle möchte ich einen kurzen Überblick über die Grundlagen geben. Schauen wir uns dafür zunächst einmal die historischen Wurzeln an.
Lean Management
Im Zusammenhang mit Agilität wird sehr häufig auch der Begriff „Lean“ verwendet. Teilweise werden diese Begriffe sogar synonym verwendet, was allerdings nicht korrekt ist. Lean stammt aus der Produktion und hat einen sehr starken Fokus darauf, Verschwendung zu reduzieren. Dabei wird oft das Toyota-Produktionssystem, das untrennbar mit dem Namen seines Erfinders Taiichi ŌnoŌno, Taiichi verbunden ist, als Vorbild herangezogen (Ōno 2013). Toyota war es gelungen, ein System einzuführen, dass es dem Unternehmen erlaubte, ganz neue Qualitätsmaßstäbe zu setzen. Viele Unternehmen aus dem Westen unternahmen Reisen zu Toyota, um sich Dinge von diesem Vorzeigemodell abzuschauen.
Heutzutage gibt es in sehr vielen Unternehmen, besonders in der Produktion, Lean Initiativen, die auf den gleichen oder sehr ähnlichen Prinzipien beruhen. Die Gestaltungsprinzipien dieser Produktionssysteme sind dem nachempfunden, was Toyota zum Vorbild gemacht hat. Dabei steht die Vermeidung von Verschwendung an vorderster Stelle. Hier wird versucht, alles, was nicht direkt oder indirekt zur Wertschöpfung beiträgt, zu vermeiden. Ōno nennt diese Arten von Verschwendung MudaMuda. Zusammen mit MuriMuri (Überbeanspruchung) und MuraMura (Unausgeglichenheit) bildet Muda (Verschwendung) das sogenannte 3M des Toyota-Produktionssystems.
Verschwendung | Beschreibung | Beispiel |
Muda | Verschwendung | Transport Bestände (Inventory) Bewegung (Motion) Warten Überproduktion (Overproduction) falsche Technologie (Overengineering) Nacharbeit (Defects)1 |
Muri | Überbeanspruchung | unrealistische Fristen falsche Markteinschätzung (Nachfrage) schlechter Ausbildungsgrad |
Mura | Unausgeglichenheit | Folge aus Muda und Muri Ermüdungserscheinungen im Team |
Tab. 3:
Das 3M des Toyota-Produktionssystems
Ein weiteres Gestaltungsprinzip ist die Standardisierung. Durch Standardisierung versucht man, möglichst alle unnötigen Arbeitsschritte aus dem Prozess zu entfernen. Dadurch soll zum einen die Effizienz erhöht werden, zum anderen aber natürlich auch die Qualität. Standardisiert wird alles, was wiederholt durchgeführt wird und festen Abläufen und Fertigungsschritten zugeordnet werden kann.
Das Null-Fehler-Prinzip ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Dieses hat zur Folge, dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit hat, die komplette Produktion anzuhalten, wenn er einen Fehler entdeckt. Dann ist jeder Beteiligte angehalten, an der Behebung des Fehlers mitzuwirken. Vorher wird nicht weiter produziert. Was auf den ersten Blick wie Verschwendung erscheinen mag, weil andere Produktionsschritte vielleicht gar nicht betroffen sind von dem aufgetretenen Fehler, ist eine Grundlage für die hohe Qualität, die so erreicht wurde.
Natürlich sollten Fehler, die das gesamte System lahmlegen, die absolute Ausnahme darstellen. Denn der möglichst geschmeidige Fluss der Arbeit durch das System ist ein weiteres Gestaltprinzip von Ganzheitlichen Produktionssystemen. Dieser Fluss wird immer wieder auf möglichst geringe Durchlaufzeiten hin optimiert und angepasst.
Ein grundlegender Bestandteil ist auch das Pull-Prinzip. Dieses sieht vor, dass Arbeit jeweils vom nächsten Prozessschritt gezogen wird und nicht vom vorherigen in den nächsten Schritt gedrückt wird. Somit fließt die Arbeit im Optimalfall, durch einen Kundenauftrag gezogen, durch das Fertigungssystem.
Ein sehr anschauliches und greifbares Beispiel für diese