das Gefühl hätten, es gäbe verdeckte Konflikte und man rede aneinander vorbei, weil noch kein Gefühl für das Gesamtteam da sei. Nehmen wir also mal so was wie besseres Verständnis füreinander, Kennenlernen der Anderen, Entwicklung eines Wir-Gefühls, Verbesserung der Kommunikationsstrukturen und (ich rate mal!) der Kommunikationsweise als Richtziel und große goldene Endvision am Horizont… Wie fangen wir an?
Rebekka: „Ich finde, wir sollten uns die Zusammenarbeit erst mal ansehen um zu schauen, wie komplex die Kommunikation wirklich ist. Möglicherweise macht der Umweg über die Koordinationsstelle Schwierigkeiten.“
Mart: „Oder wir haben eine Ungleichverteilung von Kompetenzen. Oder es gibt (sehr wahrscheinlich sogar) zwei unterschiedliche Kulturen. Oder der Koordinator ist überengagiert oder steht unter Druck und das wirkt sich auf die Strukturen aus.
Was soll also am Anfang passieren?“
Rebekka: „Wir machen irgendwas strukturähnliches mit viel Aufforderungscharakter in unterschiedlichen Teilgruppen. Irgendwas, wo sie viel miteinander kommunizieren müssen und sich so richtig in die Haare kriegen. Floßbau, Pipeline, so was in der Art. Zwei Gruppen, eine Koordinationsstelle und Kommunikation nur über Funk. Damit versuchen wir die Alltagssituation möglichst nah abzubilden. Ggf. machen wir Zwischenreflexionen um zu schauen, welche Parallelen erkennbar sind. Wie weit ist denn der See weg?“
Mart: „Ich war an der Stelle schon mal. Floßbau geht da total gut. Material müsste halt früh genug oben postiert werden.“
Rebekka: „OK, wenn wir in der Situation feststellen, dass Floßbau gerade noch gar nicht passt, weil es eine Überforderung darstellt oder was immer, was machen wir dann?“
Mart: „Dann machen wir Pipeline – dazu müssen wir dann noch mal über die Regeln schauen – und Floß mit anderer Fokussierung später.“
Rebekka: „OK, wir erzählen ihnen also, dass wir eine Situation kreieren, die dem Arbeitsalltag gewissermaßen ähnlich ist… Irgendeine inhaltliche Fokussierung?“
Mart: „Sie sollen darauf achten, was ihnen von Vorgehensweise in Planung und Organisation bekannt vorkommt und sollen „Stop!“ schreien, sobald sie etwas Störendes registrieren?“
Rebekka: „Dann kommen wir möglicherweise gar nicht voran. Nee, die sollen einfach nur darauf achten, was ihnen bekannt vorkommt, und wir machen auf jeden Fall eine Zwischenreflexion. Brauchen wir da irgendwelche Absprachen zwischendurch?“
Mart: „Können wir ja schnell machen – wir sind ja nur optisch getrennt – sonst sind wir ja nicht weit auseinander. Ansonsten unterbricht einfach derjenige von uns den Prozess, wenn er denkt, jetzt sei es nötig.“
Rebekka: „Irgendeine besondere Reflexionsmethode?“
Mart: „Weiß ich nicht. Kann ich bei der Gruppe nicht sagen. Im Vorgespräch waren die alle sehr kommunikationsbedürftig. Braucht glaube ich viel klare Struktur, damit das nicht ausufert. Lass uns je nach Bedarf den Reflexionsblumentopf oder den Würfel verwenden – wenn’s ganz chaotisch läuft, nehmen wir die Reflexionsschleife.“
Rebekka: „Oder Positionieren zu Aussagen.“54
Mart: „Oder das, ja, das wird auf jeden Fall intensiv. “
Rebekka: „OK – Das Team hat mit Hilfe der Koordinationsstelle zwei gleiche Flöße gebaut, Kommunikation lief über Funk, es gab vermutlich Unstimmigkeiten – zumindest wäre es verwunderlich, wenn nicht – wir haben zwischenreflektiert, die Gruppe hat mit Hilfe der Ergebnisse weitergemacht, die Flöße funktionieren, wir machen eine Abschlussreflexion – mit welcher Fragestellung?“
Mart: „Was war jetzt besser als vorher und wie können wir konkret dafür sorgen, dass es weniger Reibungsverluste in Planungsphasen gibt? Wir sollten da einen Flipchart haben um die Ergebnisse zu dokumentieren.“
Rebekka: „Machen wir aber da unten am See.“
Mart: „Ortsnah – ja klar.“
Rebekka: „Wo steht die Gruppe danach?“
Mart: „Die braucht erst mal Kaffeepause. Wir dürfen übrigens nicht vergessen, dass die Leute noch nicht so lange zusammenarbeiten und es einige Wechsel gegeben hat – die haben also vermutlich noch keinen angemessenen Raum für Konflikte gehabt.“
Rebekka: „Na, da werden sie in den drei Tagen noch genug Gelegenheit haben. Aber Kaffeepause ist gut – vielleicht müssen die sich auch einfach in informellem Rahmen besser kennen lernen. Wie wäre danach etwas zum Runterkommen – irgendwas mit viel Wertschätzung und so?“
Mart: „Ich hoffe, das wird mir nicht zu nett. Mir wäre wichtig, dass die Teilnehmer über Ihre Fähigkeiten und die Ressourcen des Teams etwas erfahren – vielleicht in Form von einer Steckbriefwand à la >Meine Macken – meine Stärken – meine Wünsche<?“
Rebekka: „Wäre mir noch zu früh. Ich glaube, wir brauchen nach dem Floßbau erst mal etwas, was die Gruppe wieder stabilisiert.“
Mart: „OK. Dann erst mal eine Weitschätzungsrunde – und dann? Mal was Normales zwischendurch? Lagerbauen, Feuerholz sammeln und so?“
Rebekka: „Würde ich die Gruppe fragen. Wir können ihnen das vorschlagen, wenn sie noch platt vom Floßbau sind. Wenn noch Energie da ist, würde ich mit dem Programm weitermachen. Irgendein kleines Teamtask?“
Mart: „Balltransport könnte ich mir an der Stelle gut vorstellen – das ist intensiv aber nicht so hochdynamisch. Oder aber wir machen eine >Was-ich-im-Team-schon-immermal-sagen-wollte-Runde< nach Schulz von Thun.“
Rebekka: „Das beißt sich aber mit der Wertschätzungsrunde. Das wird dann zu viel. Statt dessen, Ok. Also wir schauen dann, was davon am besten passt. Dann ist der erste Tag auch schon bald rum. Irgendein besonderer Tagesabschluß?“
Mart: „Irgendeine Nachtaktion zum Genießen für den Einzelnen – nur für die, die wollen.“
Rebekka: „Und dann kommt der nächste Tag. Wenn wir jetzt noch mal auf das Richtziel schauen – passt das bislang? Wenn alles so läuft wie gedacht, hat der erste Tag der Gruppe dann was gebracht?“
Mart: „Wir müssen auf jeden Fall flexibel genug sein um spontan alles umzuwerfen, falls sich plötzlich ein anderes Thema ergibt.“
Rebekka: „Machen wir doch sowieso immer.“
Wie an Hand dieses Beispiels ersichtlich wird, ist die Planung von Programmen ein Balanceakt zwischen „Wir müssen einen Plan haben, was wir machen.“ und „Wir können erst in der Situation entscheiden, was wir gerade brauchen und was den Prozess voranbringt.“ Es ist ein Dilemma, dass gemäß aller Theorie Prozesse nicht antizipierbar sind, wir aber so tun müssen, als seien sie es, um handlungsfähig zu bleiben. Rein prozessorientiertes Arbeiten gleicht einer Art Dauerimprovisation, die viele Methoden im Handwerkskoffer braucht.
Das Prozessplanungsschema hilft uns dennoch immer wieder, uns durch eine Planungssituation zu hangeln, weil es den ständigen Querbezug zwischen Medien und Absicht herstellt. Auf diese Weise wird das Schaffen von Isomorphien vereinfacht.55 Im zweiten Beispiel wollen wir nun zeigen, wie sich Teile dieses Schemas innerhalb eines laufenden Prozesses bemerkbar machen.
Praxisbeispiel 2: Dialog des Leitungsteams bei der Übung Blindflug
Blindflug
(Bei dieser