Mitte befinden. Dies kann Ihnen schnell gelingen – ein paar tiefe Atemzüge. Oder es dauert zwanzig Minuten, in denen Sie etwas Sport machen oder meditieren. (Klappt beides nicht, wenn Ihre Kinder da sind? Versuchen Sie es mit Musik und tanzen Sie mit Ihren Kindern, um Ihre Gefühlslage zu verändern.)
Das hört sich schwierig an, und das ist es auch. Aber Sie können mit ein paar einfachen Übungen klein anfangen. Versuchen Sie es z. B. mit der Übung »Fünf Atemzüge nehmen«, um bei sich anzukommen und zu zentrieren. Atmen Sie einfach fünf tiefe, langsame Atemzüge. Um die Wirkung zu verstärken, nehmen Sie während der Atmung wahr, was in Ihrem Körper los ist. Stellen Sie sich vor, wie Sie Licht in alle angespannten Stellen in Ihrem Körper einatmen und Spannung ausatmen. Diese täuschend einfache Übung hilft Ihnen, sich Ihren Stress bewusst zu machen, damit Sie durch ihn durch atmen und loslassen können. Studien haben ergeben, dass man sich mithilfe bewusstes Atmens, wie die gerade genannte Übung, aus einen Gefühl des Gestresst-seins in nur fünf Atemzügen in einen entspannten Zustand bringen kann. Die Wirkung dieser Atmung wird noch effektiver, je häufiger Sie sie praktizieren.5 Sie können fünf Atemzüge nehmen, während Sie ein weinendes Baby auf dem Arm halten, während Sie Ihre Kinder baden oder wenn Sie an der Ampel stehen.
Am wichtigsten ist es jedoch, dass Sie diese Übung machen können, bevor Sie dazwischen gehen, wenn sich Ihre Kinder streiten. Und das ist notwendig, denn wenn die Emotionen zwischen unseren Kindern hochkochen, befinden sie sich bereits im Zustand von »Kampf, Flucht oder Starre«. Sprich: Sie glauben, es handelt sich um einen Notfall. Für uns Eltern ist es somit ganz normal, so zu reagieren, als wäre es wirklich ein Notfall. Das Problem hierbei ist, dass niemand klar denken kann, wenn das Gehirn mit Biochemikalien überschüttet wird, die uns während eines Notfalls überschwemmen.6
Überlegen Sie, wie dies funktioniert. Ihr Sohn stößt seine kleine Schwester um. Ist das ein Notfall? Genau genommen nicht. Aber es fühlt sich sehr wahrscheinlich wie einer an. Ohne dass es Ihnen überhaupt bewusst ist, befinden Sie sich in einem Zustand von »Kampf, Flucht oder Starre« und Ihr Sohn sieht wie der Feind aus. Bevor Sie sich versehen, schreiten Sie ein mit heulenden Sirenen, um den Feind zu besiegen und Ihr Baby zu retten.
Unglücklicherweise helfen diese heulenden Sirenen nicht, sondern verschlimmern nur den Zustand der Anspannung, in dem sich beide Kinder befinden. Ihre Tochter, die sich zwar erschrocken, aber nicht wehgetan hat, beginnt zu heulen. Ihr Sohn flieht hinter die Couch, wohin Sie ihn unter Schreien und Drohen verfolgen. Es braucht zwanzig Minuten, bis die Ruhe wiederhergestellt ist.
Wiederholt sich diese Situation in unserem Haus häufig, so werden die Amygdalas unserer Kinder – der Teil des Gehirns, der uns vor Gefahren warnt – aktiver und ängstlicher. Sie sind schneller auf 180, wenn sie sich ärgern. Da sie sich leichter bedroht fühlen und aus der Fassung zu bringen sind, streiten sie mehr miteinander.
Eine wichtige Information für Sie ist, dass Kinder mit unfertigen Gehirnen geboren werden, damit das Kind die größte Chance erhält, sich an die Besonderheiten seiner Umwelt anzupassen. Ihre Gehirne formen sich sprichwörtlich in Abhängigkeit von ihren Interaktionen mit uns.7 Und je öfter wir aus der Haut fahren, desto öfter erhalten unsere Kinder die Information, dass das Leben häufig ein Notfall ist. Sie erschaffen ein Gehirn, das auf Selbstschutz ausgerichtet ist, wodurch das Kind noch aggressiver wird.
Natürlich liefert das Leben mit Kindern den Eltern genügend Gründe, um verärgert, überwältigt und wütend zu sein. Der Säugling hört nicht auf zu weinen, das kleine Kind haut den Säugling, das Vorschulkind spült den Teddy der jüngeren Schwester die Toilette hinunter und der Sechsjährige wiederholt jedes Schimpfwort, das er in der Schule hört, um seinen kleinen Bruder zum Weinen zu bringen. Besonders wenn unsere Kinder streiten, ist es für uns selbstverständlich, dass wir verärgert sind. Also stürzen wir uns in den Kampf, wir schreien, ergreifen Partei und sagen Dinge, die wir später bereuen. Wir versuchen nur, das Problem zu lösen, doch wenn wir aus einem Gefühl des Notfalls heraus handeln, verschlimmern sich die Dinge unausweichlich zum einen in der unmittelbaren Situation und zum anderen in der Beziehung unserer Kinder untereinander.
Die Eltern von Camille wuchsen in lauten Haushalten auf, und wenn sie frustriert sind, schreien sie. Wenn die dreijährige Camille aus der Reihe tanzt, schreien sie sie an. Und wenn ihr kleiner Bruder Marco ein Spielzeug von ihr nimmt oder anfängt zu quengeln, schreit Camille ihn an. Genau genommen schreit Camille Marco an, wenn sie einfach nur mürrisch oder nicht gut drauf ist. Marco beginnt nun mit seinen sechzehn Monaten, sie zurück anzuschreien.
Die Eltern von Isabel wuchsen auch in lauten Haushalten auf, doch sie haben hart daran gearbeitet, mit dem Schreien aufzuhören. Natürlich sind sie auch frustriert, gerade wenn die dreijährige Isabel ihre Gefühle auslebt. Deshalb haben sie sich ein Repertoire an Möglichkeiten zugelegt, wie sie ihre Emotionen regulieren können, wenn sie verärgert sind, um so ihre Kinder weniger anzuschreien. Wenn Isabels kleiner Bruder Milo eines ihrer Spielzeuge nimmt, versucht sie nun mit ihm Spielzeuge zu tauschen. Wenn Milo anfängt zu quengeln, ahmt sie ihre Eltern nach: »Milo, du traurig? … Ich helfe dir.« Milo bietet mit seinen sechzehn Monaten nun Spielzeuge an und Isabel kann Milo besser aufmuntern als ihre Eltern.
Kinder lernen, was sie in ihrem Leben erfahren. Wenn wir schreien, dann leben wir das Verhalten vor, das unsere Kinder nachahmen werden:
sich gegenseitig und uns anzuschreien
auf unausweichliche Konflikte und Frustrationen im Alltag mit Schreien und Vorwürfen zu reagieren anstatt mit dem Gegenüber gemeinsam eine Lösung zu finden
ihre Wut an anderen auslassen, wenn sie von der Rolle sind.
Es hört sich vielleicht überraschend an, aber indem Sie lernen, sich zu beruhigen, gehen Sie einen der wichtigsten Schritte überhaupt, um die Beziehung Ihrer Kinder untereinander zu stärken. Ist das einfach? Nein. Die eigenen Gefühle zu regulieren ist der schwierigste Teil des Elternseins und für gewöhnlich ein andauernder Prozess / andauernde Baustelle. Eine jede von uns wird die Grenze überschreiten, wenn wir zu weit getrieben werden. Aber aus diesem Grund ist es Ihre Verantwortung als Eltern, dass Sie von der Grenze wegbleiben. Das Regulieren der eigenen Emotionen ist für uns alle eines der schwierigsten Dinge, doch das ist keine Entschuldigung dafür, es nicht in Angriff zu nehmen. Wenn Sie jemand sind, der schreit, dann ist die beste Zeit jetzt, um dies zu ändern. Es ist nicht leicht, aber ich habe erlebt, wie Tausende Väter und Mütter es geschafft haben. (Weitere Unterstützung, wie Sie mit dem Schreien aufhören können, finden Sie in Teil 1 von Gelassene Eltern – zufriedene Kinder: Wie Sie liebevoll bleiben, statt zu schreien, zu schimpfen oder zu drohen.)
Die gute Nachricht ist: Wenn Sie ruhig reagieren können, auch wenn die Emotionen überkochen, lernen Ihre Kinder weitere zielführende Möglichkeiten, ihre Emotionen zu steuern, wenn sie verärgert sind. Sie lernen:
Diese Situation erscheint mir wie ein Notfall, aber tatsächlich ist es keiner.
Ich weiß, man hört mir zu, somit kann ich meinen Geschwistern auch zuhören.
Wir können immer eine Lösung finden: Emotionscoaching
Was ist Emotionscoaching? Es hilft Ihren Kindern dabei, emotionale Intelligenz zu entwickeln. Emotionale Intelligenz ermöglicht es uns, unsere Emotionen zu regulieren, gut mit anderen zu arbeiten und zu spielen, und in jeder Beziehung Konflikte durchzuarbeiten, sodass beide Parteien ihre Bedürfnisse auf gesunde Art und Weise erfüllt bekommen. Der Begriff »Emotionscoaching« wurde von John Gottman geprägt, Autor von Kinder brauchen emotionale Intelligenz: Ein Praxisbuch für Eltern.8 Er hat in seinem »Love Lab« in Seattle jahrelang Familien beobachtet und ist zu dem Schluss gekommen, dass, auch wenn es essenziell ist, es nicht ausreicht, eine liebevolle Mutter zu sein, um ein Kind großzuziehen, das sich selbst regulieren kann. Kinder brauchen unsere Unterstützung im Umgang mit den schwierigen Gefühlen, die für sie herausfordernd sind: Eifersucht, Wut, Angst.
Damit wir Kindern im Umgang mit Emotionen helfen können, müssen wir zunächst verstehen, dass sobald wir zulassen, die Emotion zu fühlen, beginnt sie sich