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Schwarz wird großgeschrieben


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We Can Do Better

      Ciani-Sophia Hoeder

       Von uns, für uns

       WAHRNEHMEN

      Jenner Hendrixx

       Black & Queer? Das gibt es bei uns nicht!

      Sarah Fartuun Heinze

       Vom Vergessen & Erinnern

       ERTRÄUMEN

      Tessa Hart

       Die letzte Siedlung

       Über die Autor*innen

       Glossar

       Literatur zum Weiterlesen

       Weiterführende Adressen für Schwarze Menschen (und Allies)

       Endnoten

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      »It is not our differences that divide us. It is our inability to recognize, accept, and celebrate those differences.«

      »Es sind nicht unsere Unterschiede, die uns trennen. Es ist unsere Unfähigkeit, diese Unterschiede zu erkennen, zu akzeptieren und zu feiern.«

      Audre Lorde

      VORWORT

      Es gibt nicht den einen Moment, in dem die Idee zu diesem Buch entstanden ist. Es waren die vielen kleinen Momente.

      Die Momente in der Schule, im Buchladen oder in der Bibliothek, in denen es selten ein Buch gab, das mich als junge Schwarze Frau adressierte, das meine Lebensrealität in der Mitte und nicht am Rand positionierte. Meine Erfahrungswelt fand lange keinen Platz in den Büchern, die mich umgaben und meine Identität prägten.

      Es sind aber auch Erinnerungen an die Momente, in denen ich zum ersten Mal Bücher las, die Schwarze Lebensrealitäten in Deutschland ins Zentrum stellten. An das Kribbeln in meinem Bauch als ich Farbe bekennen in meinen Händen halten konnte. Die Dankbarkeit, die ich spürte und immer noch spüre, dass Generationen vor mir widerständig schrieben, Worte fanden und sich ihren Platz erkämpften. Wir stehen auf ihren Schultern und können heute noch weiter blicken.

      Der Moment, in dem ich das RosaMag entdeckte und endlich ein Online-Magazin fand, das die Themen Schwarzer FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binär, Trans und Agender*) im deutschsprachigen Raum bespricht und Tipps für meine Haare parat hat. Mit einem Team, das mutig genug war, mit mir zusammen an diesem Buch zu arbeiten.

      Auf einer der Black-Lives-Matter-Demos im letzten Jahr habe ich eine junge Schwarze Frau kennengelernt, die sich gerade politisiert und nun die erste Demo ihres Lebens organisiert hatte. Auch Begegnungen wie diese gehörten zu den Momenten, in denen die Idee zu diesem Buch entstand. Ihr hätte ich gerne ein Buch gegeben, das verschiedene Perspektiven auf Schwarzsein eröffnet. Ein Buch, das für sie geschrieben wurde, um sie auf ihrem Weg zu begleiten.

      Wenn Schwarze Menschen in Deutschland gehört werden, dann oft als Expert*innen für Rassismus. Wir erklären weißen Menschen, warum es Rassismus gibt, wie er sich zeigt, warum er wehtut und was man dagegen tun kann. Wir müssen unsere Rassismuserfahrungen rechtfertigen. Immer wieder, auch nach den größten Protesten gegen Rassismus, die dieses Land je erlebte. Antirassismusarbeit ist wichtig, wir brauchen sie, aber trotzdem: Sie ist zermürbend. Nur weil wir Schwarz sind, müssen wir nicht alle Antirassismustrainer*innen werden.

      Der white gaze macht müde. Er verzerrt den Blick, den wir auf uns selbst haben. Es gibt zu wenige Räume, in denen unser Schwarzsein in seiner Unterschiedlichkeit sichtbar wird und sich entwickeln kann. Schwarze Menschen werden von der Dominanzgesellschaft zu einer homogenen Gruppe gemacht. Der Blick auf unsere Unterschiedlichkeiten ist getrübt. Klischees rund ums Schwarzsein nehmen uns den Platz zum Entfalten.

      Dieses Buch macht Platz! Für uns und unsere Geschichten. Es ist von uns für uns. 20 unterschiedlich positionierte Autor*innen erschaffen einen Schwarzen literarischen Raum, in dem wir alles sein können und nichts müssen. Sie sind wohl der zentralste Moment der Entstehung dieses Buches, denn es sind ihre Themen, die Schwarz wird großgeschrieben zu dem machen, was es ist.

      Sie laden uns ein, unsere vielseitigen Erfahrungen zu reflektieren und Machtstrukturen auch innerhalb Schwarzer Communities zu hinterfragen. Vielseitigkeit bedeutet deshalb für uns auch, intersektional zu denken, denn die Gesellschaft hält eine Reihe zusammenwirkender Kategorisierungen für uns bereit, zum Beispiel in Bezug auf Geschlecht, Sexualität, Körper oder Klasse.

      Die Texte sind Momentaufnahmen, die unsere Realitäten und die Fragen, die wir uns als Schwarze FLINTA* heute in Deutschland stellen, festhalten. Ein Versuch, neben unserem Schwarzen Wissen auch unsere Unsicherheiten miteinander zu teilen und Worte dafür zu finden. Es ist eine Einladung, uns mit unseren Unterschieden auseinanderzusetzen und darüber ins Gespräch zu kommen. Unsere Erfahrungen, Emotionen, Sehnsüchte und Träume zu dokumentieren und damit andere zu inspirieren.

      Ich möchte an dieser Stelle aber auch eine Triggerwarnung aussprechen. Denn in diesem Buch schreiben die Autor*innen auch über ihren Schmerz, ihr Trauma und rassistische Gewalt. Dazu gehören Themen wie: Trans- und Queerfeindlichkeit, Polizeigewalt, Colorism, Fettfeindlichkeit, Antimuslimischer und Anti-Schwarzer Rassismus sowie sexualisierte Gewalt.

      Abschließend ein paar Worte zur Sprache in diesem Buch: Schon der Titel verweist darauf, dass wir Schreibweisen für wichtig halten. So entschieden sich alle Autor*innen für die Schreibweisen, mit denen sie aus ihrer Sicht die Realität am besten abbilden – und beeinflussen – können. Die Vielzahl der Schreibweisen trägt somit auch der Vielzahl der Perspektiven Rechnung. Vielzahl soll hier aber nicht Beliebigkeit bedeuten: Wir sind der Meinung, dass einiges, wie die Sichtbarmachung geschlechtlicher Vielfalt jenseits des binären Systems, so wichtig ist, dass wir uns zum Beispiel klar zur Verwendung des Gendersterns bekennen. Das Glossar und das Literaturverzeichnis am Ende sollen dem Verständnis mancher Begrifflichkeiten dienen. An dieser Stelle auch ein kurzer Hinweis an die Dominanzgesellschaft. Für euch ist dieses Buch ein Weckruf, die Lebensrealitäten Schwarzer FLINTA* zu respektieren und Deutungshoheit abzugeben. Lasst euch darauf ein.

      Zuletzt möchte ich mich bei allen Menschen, die an diesem Buch mitgewirkt haben, von ganzem Herzen bedanken. Allen voran bei den 20 inspirierenden und mutigen Autor*innen. Danke für euer Vertrauen in diesen Prozess. Danke, dass ihr euer Schwarzsein in diesem Buch diskutiert und gemeinsam ein Mosaik Schwarzer Perspektiven erschafft. Danke an Sharonda Quainoo, dass deine Illustrationen dieses Buch noch lebendiger machen. Danke an das RosaMag-Team, für all eure Unterstützung.

      Dieses Buch ist für uns. Es ist eine Einladung zu überlegen, wer dieses »Wir« eigentlich ist, wie unterschiedlich sich dieses »Wir« in Wirklichkeit zeigt. Eine Einladung, Schwarzsein im Plural zu denken, Uneinigkeiten zuzulassen und gemeinsam noch einen Schritt weiter zu gehen. Nach all diesen Momenten, die zur Entstehung dieses Buches geführt haben, bleibt jetzt wohl nur noch der Moment des Lesens.

      Evein