knüpfen oder mit Besteck essen konnte. Die hellseherische Gabe war bei mir immer schon da und sie wird immer da sein. Man verliert das auch nicht. Seit meiner frühesten Jugend habe ich diese Feinfühligkeit gespürt. Vielleicht, weil ich öfter allein war – aus heutiger Sicht ein Glück für mich.
Ich kann mich allerdings an ein prägendes Initialereignis erinnern. Es geschah während meiner Pubertät. Es war nachts. Die Eltern waren ausgegangen und ich lag allein im Bett. Da passierte es: Ich habe gesehen, wie jemand mein Zimmer betrat und ich spürte plötzlich Angst und geriet in Panik, denn ich habe auch Berührungen durch das Wesen gespürt. Echte Berührungen. Da kamen glücklicherweise die Eltern nach Hause und in dem Moment, da sie mein Zimmer betraten, flog ein Vogel vom Fenster – ein lebendiger, der vorher nicht da war.
Solche Begegnungen mit «Geistern» oder paranormalen Phänomenen hatte ich in der Folge noch öfter. Außerdem habe ich bereits in der Kindheit regelmäßig gewisse Dinge schon im Voraus gewusst. Ich spreche hier von Ereignissen, die dann wirklich eingetreten sind. Aber das war für mich und für meine Mutter ganz normal, wie wenn nichts wäre.
Shiva und Jesus
In diesen spirituellen Kontext gehört auch mein damaliges brennendes Interesse für Religion: Als Teenager wollte ich Pfarrer werden. Ich besuchte auch alle möglichen Kirchen und spürte in diesem spirituellen Ambiente auch übernatürliche, geistige Phänomene. Jesus und seine Wundertaten, die biblischen Botschaften und der Religionsunterricht: das faszinierte mich ungemein. Ja, und apropos die Wunder, die Jesus vollbrachte: die waren für mich logisch und absolut nachvollziehbar.
Alle diese wunderbaren Phänomene habe ich mir nicht angelesen, wie meine Freunde es getan haben, sondern ich habe sie echt erlebt, gespürt und gewusst! Schon als Teenie bestand für mich kein Zweifel: Wenn man etwas auf geistiger Ebene anstrebt, dann kann man es auch erreichen, dank festem Willen und Konzentration der Gedanken. Es war für mich einfach normal, dass man alles erreichen kann, wenn man das auch wirklich will.
Warum ich dann nicht Pfarrer geworden bin? All diese religiösen Faktoren waren eben nur eine Zeitlang meine Begleiter, die ich nicht in externen Quellen – zum Beispiel in einer Religion oder in der Esoterik – gefunden habe, sondern tief drinnen in mir selbst.
Ich habe Spiritualität immer aus meinem eigenen Innern geschöpft. Die Frage stellt sich deshalb: Bin ich denn überhaupt gläubig? Die Antwort lautet: absolut ja! Indem ich an Gott glaube, denn aus meiner Warte ist jeder Mensch ein Teil Gottes. Den Glauben aber mit einer organisierten Gemeinschaft zu verbinden und dem herrschenden Gruppenmechanismus zu folgen, davon halte ich null und nichts.
Auch deshalb nicht, weil gewisse religiöse Gemeinschaften Missbrauch mit ihren Anhängern betreiben.
Ein Super-Karrierestart
Und was machte der junge Herr Shiva nach der Schule? Ins Gymnasium gehen oder eine Lehre anfangen? – Nein, meine Passion war das Hypnotisieren, Kartenlegen und Wahrsagen, und ich wollte das als Beruf wählen. Und wirklich, bereits als Fünfzehnjähriger gelangen mir als Newcomer meine ersten Karriereschritte. So habe ich forsch angefangen, Leute zu hypnotisieren, und zwar in Gruppen oder massenweise – und voilà, es hat funktioniert!
Ich war so der jüngste Massenhypnotiseur der Welt. Rekord! Gleichzeitig erwachte mein Showtalent. Daher habe ich mir ein Konzept ausgedacht, wie man eine Show montieren könnte. Schließlich entstamme ich einer Zirkusfamilie, weshalb ich früh Blut geleckt und gemerkt habe, dass man auch performen muss. Und, oh Glück! Ich bekam schnell Gelegenheit, an verschiedenen öffentlichen Anlässen meine Fähigkeiten zu beweisen und die Menschen mit meinen Talenten zu begeistern.
Zum Beispiel an einem Großanlass in der Tennishalle Thun mit dem Sänger Michel Villa. Und der Event wurde gleich zu einem Riesenerfolg. Villa lud mich im Anschluss nach Brig ein, dort trat gleichzeitig mit mir die Rockgruppe Dschinghis Khan auf – und auch dort: grand succès. Selbstbewusst stellte ich mein Licht nicht unter den Scheffel und war ziemlich offensiv bei der Suche nach Engagements. So durfte ich im «Sonntagsmagazin» des Schweizer Fernsehens bei der damals sehr bekannten Moderatorin Ursi Spaltenstein auftreten, und anschließend in einem bekannten Theater in Basel, gerade neben dem legendären Atlantis. Und, wow! Da kam das Fernsehen mit Riesen-Aufnahmewagen – wie stolz ich da war!
Damals schon hat es richtig Boom gemacht. Die ganze Performance war der Hit und ich war ein Jahr lang ausgebucht – mit Hypnose und Kartenlegen.
Shiva, der Showstar
Ist Shiva also ein Showman? Nein, denn in diesem Fall müsste ich auf der Bühne oder im TV auf Spektakel aus sein, also tricksen und Dinge machen, die zwar echt aussehen, aber raffinierte Fakes sind. Oder ich müsste dann echt unmögliche Experimente durchführen, wie zum Beispiel mit Verstorbenen Kontakt aufnehmen oder ähnlichen Humbug. Doch solches interessiert mich nicht, sondern die Wahrheit des Lebens. Es gibt Leute, die nehmen meine Beratung an und merken, dass es ihnen plötzlich besser geht oder dass sie wieder gehen können und ähnliches. Außerdem gelingt es mir, mit Kartenlegen Prognosen zu stellen. Was ich auf der Bühne mache, ist eine Mischung aus Spiritualität und Show. Der Fokus liegt aber immer auf dem geistigen Universum.
Ich gebe den Menschen aus einem spirituellen Bewusstsein heraus inspirierende Wahrheiten mit auf den Lebensweg. Natürlich liebe ich es, im Radio, im TV und öffentlich aufzutreten und meine spirituellen Fähigkeiten direkt auf das Publikum anzuwenden. Ob es mir mehr Spaß macht, öffentlich zu performen oder die Leute individuell und privat zu beraten? Da gibt es keinen Unterschied. Ich mache nur, was mir Freude bringt.
Darum trete ich nicht mehr in öffentlichen Hypnoseshows auf. Just, weil es mir keinen Fun mehr macht. Im Gegenteil: Heute wirken sich solche Events für mich als Stressfaktor aus. Weil die Events ja echt sind und keine billige Fakes, und es da auch keine vorbereiteten Gags gibt. Da die Shows live und echt sind, kann es passieren, dass der erstrebte Effekt zwar eintritt, aber optisch nicht optimal in Erscheinung tritt.
Shiva «ON AIR»
Mit Hypnoseshows begann ich im zarten Alter von 16 Jahren, und mit 23 beschloss ich, mich von diesem Format zu verabschieden. Die Events waren so erfolgreich und zahlreich, dass sie sich stressig auf mich auswirkten. Das Herumreisen, die Abhängigkeit von der Technik und von anderen Leuten gipfelte für mich in eine unerwünschte Hektik. Aber meine Beratungen als Hellseher und Wahrsager florierten. Zu meinen Events sind die Leute von überall her geströmt, sogar von Übersee.
Zehn Jahre lang wirkte ich dann «on air», das heißt, ich betreute meine Anrufer am Radio, zum Beispiel bei Radio Grischa, Radio Basel und Radio Edelweiss. Jede Woche einmal in jedem Radio – und zwar ohne Gage! Das als Hinweis an all jene, die kritisieren, ich sei ein Profiteur und würde arme Leute abzocken.
In einem weiteren Quantensprung hieß es dann: gestylt auftreten und Make-up auflegen, denn bald trat ich – ich bin ein TV-Junkie – im Fernsehen auf. Zuerst in Stuttgart, wo man mir ohne vorheriges Casting gleich eine Live-Sendung anbot, die ich natürlich mit Enthusiasmus annahm. Dazu kamen noch andere TV-Stationen, unter anderem ein österreichischer Sender. Nach vielen Stunden Gratisberatung am Radio wollte ich auch mal Geld sehen und entwickelte als Pionier ein Zahlsystem, das super funktionierte. So tröpfelte, nein, sprudelte nach und nach Geld in die Kasse, so dass ich als Youngster von 25 Jahren meine erste Eigentumswohnung kaufen konnte.
Das Abenteuer Shiva-TV
Nach dieser Erfahrung begann die Challenge Shiva TV, das am Anfang Mike Shiva TV hieß, und sich zu einem großen Abenteuer und zu einem Imperium entwickelte, mit zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Schließlich habe ich Shiva TV verkauft und war im Anschluss daran eine Zeitlang beim Unternehmen angestellt. In dieser Zeit musste ich aber Dinge erleben, die ich nicht vertreten konnte, und habe schließlich den Entschluss gefasst zu kündigen.
Direkter Draht ins Universum
Da ich bisher tausende von Beratungssendungen gemacht habe, stellt sich die Frage, ob ich denn auch eine Art «Sendungsbewusstsein», also einen Helfer-Impuls, habe. Ein solches vermeintliches Helfersyndrom trifft man