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Englisch ab Klasse 1 - Grundlage für kontinuierliches Fremdsprachenlernen


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Bereich angesiedelt waren, die Entwicklung einer angemessenen fremdsprachlichen Kompetenz hingegen kaum Aufmerksamkeit erfuhr.1

      In der BIG-Studie lag der Anteil der für das Fach Englisch ausgebildeten Lehrkräfte bei unter 50 % (Müller 2017: 127). Nur eine Minderheit der Lehrkräfte hat eine längere Zeit im englischsprachigen Ausland verbracht (ebd.: 131). Unter anderem darin begründet liegt auch die Tatsache, dass nur 29 % der befragten Lehrkräfte die eigene Sprachkompetenz im Englischen als sehr gut bezeichnen, 20 % dagegen sogar als nur mittelmäßig (ebd.: 132). Das hat eindeutige Auswirkungen auf den Unterricht: Die Studie zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen einer hohen Sprachkompetenz der Lehrkräfte und deren Ansprüchen an das sprachliche Handeln der Kinder (Böttger 2017: 12) sowie dem Vertrauen der Lehrkräfte in ihre eigene Sprachkompetenz und dem Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler (Müller 2017: 262ff.). Auch die Interviewstudie von Deters-Philipp (2018) zeigt, dass viele der befragten Lehrkräfte besonders den fremdsprachlich ausgerichteten Qualifikationskriterien nicht genügen können.

      Das PROJEKT war in der komfortablen Situation, dass durch Unterstützung des Schulamts und des Kultusministeriums neu zu besetzende Stellen an den Grundschulen des PROJEKTS ausschließlich mit für das Fach Englisch qualifizierten Lehrkräften besetzt wurden, sodass zum Ende der Projektlaufzeit der Englischunterricht fast ausschließlich von Fachkräften gegeben wurde. Die intensive Arbeit mit den Lehrer*innen im Zusammenhang mit den Unterrichtsbeobachtungen, den monatlichen Fachtreffen und Intensivseminaren verdeutlichte jedoch, dass methodisch-didaktische Kompetenzen keine hinreichenden Voraussetzungen für einen kommunikativen Englischunterricht in der Grundschule bieten, sondern von einer hoch differenzierten Lehrersprache ergänzt werden müssen. Nicht zuletzt die kooperativen Mikroanalysen zur Inszenierung von Lernaufgaben (s. Kapitel 4 in diesem Band) bestätigen in eindrücklicher Weise die herausragende Bedeutung der Lehrersprache für die Ausgestaltung der Unterrichtsroutinen und des fremdsprachlichen Unterrichtsdiskurses (Deters-Philipp 2018). Dieser ist höchst vielschichtig und verlangt deshalb die kompetente Realisierung unterschiedlicher Rollen (teacher as partner in communication, teacher as instructor, teacher as language model and input provider) und die Fähigkeit eine Vielzahl von miteinander verschränkten Microfunktionen auszufüllen (z.B. assigning & directing activities, modeling, presenting new words, giving feedback, small talk, story telling).

      Ein Versuch, Antworten auf die Frage zu liefern, was der frühe Fremdsprachenunterricht bringt, muss neben der didaktisch-methodischen Lehrkompetenz der Grundschullehrkräfte auch und gerade ihre Lehrersprache in den Blick nehmen. Klassenzimmerbasierte Forschungen zu den Praktiken der Lehrkräfte, wie sie im PROJEKT versucht wurden (s. Kapitel 4 und Kapitel 6), dürften dabei ebenso helfen wie eine Analyse und Evaluation der sprachpraktischen Komponenten der ersten Ausbildungsphase sowie der Fort- und Weiterbildung.

      3.2 Einheitliche Mindeststandards

      Die Situation des Englischunterrichts in der Grundschule in den einzelnen Bundesländern ist nach wie vor von starker Heterogenität geprägt. Unabhängig vom Beginn in Klasse 1 oder Klasse 3 streben die meisten Bundesländer das Niveau A1 an, die einzelnen sprachlichen Fertigkeiten werden dabei aber durchaus unterschiedlich gewichtet, teilweise geht die Erwartung auch über das Niveau A1 hinaus (für einen Überblick über die Situation in den einzelnen Bundesländern vgl. Lohmann 2017). Im Gegensatz zu den Fächern Deutsch und Mathematik gibt es für das Fach Englisch keine bundesweiten Standards für die Grundschule. Für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht in der Grundschule sind verbindliche Vereinbarungen, welche Kompetenzen die Schüler*innen am Ende der Primarstufe erreichen sollen, jedoch eine weitere Voraussetzung. Damit würden Verlässlichkeit der Lernziele und eine gewisse Vergleichbarkeit der erworbenen Kompetenzen zu Beginn der Sekundarstufe erreicht (Börner et al. 2017: 91). Sekundarstufenlehrkräfte hätten durch solche Mindesstandards eine Orientierung, auf welche in der Primarstufe erarbeiteten Inhalte und Kompetenzen sie aufbauen können:

      Lehrpläne sollten weniger in die Breite gehen und stattdessen fokussierter vorgeben, welche konkreten Ziele bis zum Übergang auf die Sekundarstufe erreicht worden sein müssen. Damit würde eine Basis für verbindliche Abschluss- bzw. Übergangsprofile geschaffen, die von den weiterführenden Schulen aufgegriffen werden könnte (Hempel et al. 2017: 90).

      Vorschläge in diese Richtung wurden schon 2005 vom BIG-Kreis (BIG-Kreis 2005) vorgelegt; diese hilfreiche Zusammenstellung von Kompetenzen kann auf der Basis nun vorliegender empirischer Untersuchungen zum Fremdsprachenunterricht in der Grundschule überarbeitet und ergänzt werden (vgl. dazu auch Börner et al. 2017: 92ff.).

      In Ermangelung nationaler Mindeststandards wurde im PROJEKT zusammen mit den beteiligten Grundschulen ein Stufenprofil für die erreichten Kompetenzen am Ende von Klasse 4 als Orientierungsrahmen erarbeitet, das sowohl die Standards des BIG-Kreises weiterdachte, als auch den Lehrplan des Landes Nordrhein-Westfalen berücksichtigte. Zum einen sollte damit für Lehrkräfte eine Orientierung geschaffen werden, welche sprachlichen Leistungen realistischerweise am Ende von vier Jahren Englischunterricht in der Grundschule erwartet werden können. Zum anderen diente das Stufenprofil Lehrkräften zu Beginn der Sekundarstufe dazu, die in der Grundschule erworbenen Kompetenzen wahrzunehmen, wertzuschätzen und zu diagnostizieren (Dreßler / Kollmann 2016). Auch der für das PROJEKT entwickelte Sprechtest richtete sich nach diesem Stufenprofil (s. Kapitel 3 in diesem Band).

      3.3 Der Übergang in die Sekundarstufe

      „Über den Erfolg des Frühbeginns entscheidet ganz wesentlich der Unterricht in Klasse 5/6“ befanden Kahl / Knebler schon 1996 (109) in ihrer Evaluation des Hamburger Schulversuchs. Für den Erfolg des Fremdsprachenlernens in der Grundschule spielt eine kontinuierliche Weiterführung des Englischlernens in der Sekundarstufe eine wichtige Rolle.

      Die mitgebrachten Kompetenzen der Schüler*innen wahrzunehmen und systematisch auszubauen, scheint jedoch für viele Sekundarstufenlehrkräfte nach wie vor eine große Herausforderung darzustellen. Die Lehrer*innen sind unsicher, mit welchen Strategien und mit welchen methodischen Möglichkeiten sie am besten mit den teils sehr heterogenen Leistungen der Kinder umgehen können. Dazu kommen unterschiedliche Lernkulturen und methodische Orientierungen in den beiden Schulstufen. Ein Brennpunkt ist dabei beispielsweise die Schriftlichkeit. Auch wenn die Anbahnung schriftsprachlicher Kompetenzen inzwischen auch in der Primarstufe systematischer betrieben wird, kann von den Schüler*innen nicht erwartet werden, dass sie mit Eintritt in die fünfte Klasse selbständig und korrekt schreiben können. Wahrzunehmen und wertzuschätzen gilt es vielmehr die mündlichen sprachlichen Fähigkeiten, mit denen die Kinder in die Sekundarstufe kommen. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt dabei auch das informelle Sprachenlernen:

      Diese nicht-intentionalen impliziten Prozesse der Sprachaufnahme, -verarbeitung und ersten -produktion des frühen Fremdsprachenlernens können dabei allerdings nicht wie explizit zur Verfügung stehendes bewusstes Sprachwissen und -können reproduziert werden, weil die jungen Fremdsprachenlerner einfach (noch) nicht wissen, was sie alles an fremder Sprache behalten haben und verwenden können (Börner et al. 2017: 101-102).

      Im PROJEKT galt der Kontinuität zwischen Primar- und Sekundarstufe von Anfang an besonderes Interesse. Dabei wurde angestrebt, die Übergangsphase im Hinblick auf ihre Potentiale und Herausforderungen näher zu charakterisieren sowie erprobte Modelle für die Unterrichtspraxis zu erarbeiten. Wichtig war eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften der Primar- und der Sekundarstufe, um den Austausch zu befördern, Lehrkräften Einblicke in die jeweils andere Schulstufe zu ermöglichen und gemeinsame schulstufenübergreifende Projekte zu planen. In den Schulverbund miteinbezogen wurden deshalb von Beginn an fünf Schulen der Sekundarstufe, welche häufig Schüler*innen aus den beteiligten Grundschulen aufnehmen. An den Projektsitzungen nahmen Lehrkräfte der Primar- und der Sekundarstufe teil. Die Lehrer*innen tauschten sich hier über relevante Fragen aus, diskutierten eigene videografierte Unterrichtsstunden und erarbeiteten kompetenzorientierte Stufenprofile und Lernaufgaben für die Primar- und den Beginn der Sekundarstufe (s. Kap. 4 und 5). Die erarbeiteten Lernaufgaben wurden dann im Unterricht erprobt und ihre Durchführung in den Projektsitzungen reflektiert. Außerdem trugen gegenseitige Unterrichtshospitationen zum Austausch bei. Intensiviert wurde dieser in der zweiten Projektphase