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Englisch ab Klasse 1 - Grundlage für kontinuierliches Fremdsprachenlernen


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auszutauschen, konnte als Gegengewicht gegen die verständliche Frustration wirken (vgl. Phillips et al. 2013: 1-20). Im Laufe der Zeit rückten die fachdidaktischen Aspekte und vor allem die Freude am Dialog über die tägliche Praxis deutlich stärker ins Bewusstsein der Lehrer*innen als die Auseinandersetzung mit den zeitlichen Zwängen.

      Ein Faktor, der für die Beteiligten die Wahrnehmung der Zeitbelastung möglicherweise veränderte, war die Art und Weise, wie die Projektgruppe die Gewinnung und Erhebung von Daten anging. Im Gegensatz zu Forschungsansätzen, die Lehrer*innen als Forscher*innen mit der Verantwortung ausstatten, selbst Daten zu erheben, z.B. die Aktionsforschung (Burns 2010), wurden im PROJEKT andere Wege gegangen. Datenerhebung und Gewinnung lagen ausschließlich in den Händen der professionellen Forscher*innen, denn unter Regelbedingungen haben Lehrkräfte weder Zeit noch Energie, solche Kärrnerarbeit zu leisten (vgl. auch Müller-Hartmann / Schocker / Pant 2013: 21-25; Barkhuizen 2009). Dies enthebt die Forscher*innen jedoch keineswegs der Verpflichtung, ihre Methoden und Entscheidungen immer für die Gesamtgruppe transparent zu machen. Von den PROJEKT-Lehrkräften konnte nicht erwartet werden, dass sie Forschungstagebücher führten oder sich in Forschungsberichte vertieften, noch war es realistisch, sie für umfangreiche narrative Interviews zu gewinnen. Deshalb setzten die Forscher*innen darauf, mit den Lehrer*innen so oft wie möglich gut handhabbare und dokumentierbare Situationen zu schaffen, die zum einen dazu dienten, dass letztere ihre besondere „Stimme“ entdecken konnten und dass diese Stimmen in Form von knappen Datensätzen anderen zugänglich wurden. Audio und Videoaufnahmen aus dem Unterricht kamen ebenso zum Einsatz wie informelle Gespräche und kurze Interviews. Mit dem gewachsenen Vertrauen in der Gruppe (s. 2.2.4) bildeten diese Datensätze den Ausgangspunkt intensiven Austausches in den monatlichen Gruppensitzungen und vor allem bei der Jahrestagung.

      Der achtsame Umgang mit Zeit spiegelte sich auch in der Organisation der monatlichen Treffen, die immer am ersten Donnerstag im Monat stattfanden und für das gesamte Schuljahr im Voraus angekündigt wurden, damit Lehrkräfte gemäß den Vereinbarungen mit dem Kultusministerium langfristig delegiert werden konnten. Die Treffen wurden jeweils von einer PROJEKT-Schule ausgerichtet und dauerten nicht länger als 2 Stunden. Das konsequente Einhalten der 2-Stunden-Regel erlaubte nicht nur eine verlässliche Zeitplanung für die Beteiligten, sondern erwies sich vor allem mit dem Fortschreiten des PROJEKTS als Bedingung für sehr gezieltes Arbeiten. Die Planung oblag dem Leitungsteam, das zu den Sitzungen mit Tageordnung einlud und das alle Sitzungen innerhalb einer Woche protokollierte. Konsequent wurde vom Leitungsteam auch die Regel „keine Hausaufgaben für die Treffen“ beachtet, was nicht ausschloss, dass Lehrer*innen Materialien aus dem Unterricht mitbrachten oder sich eigene Hausaufgaben stellten, indem sie Gespräche über Videomitschnitte ihres eigenen Unterrichts für die Gesamtgruppe vorbereiteten.

      2.2.2 Der Aufbau von Selbstvertrauen in die eigene Professionalität

      Das Bemühen um die Stärkung des Selbstvertrauens der Beteiligten in ihre eigene Professionalität war ein weiterer Beitrag für die Entwicklung eines sicheren und produktiven Begegnungsraums und damit für die Entfaltung des Forschungskonzepts. Ersteres manifestierte sich in drei miteinander zusammen-hängenden Aspekten: (1) Die Lehrer*innen mussten sich vergewissern können, dass ihre Ideen und ihr Erfahrungswissen das PROJEKT weiterbringen, dass sie Relevantes zu sagen haben, dass es auf ihre Beiträge ankam. (2) Lehrer*innen mussten unterstützt werden, sich eine fachdidaktische Fachsprache anzueignen und sich auf theoretische Konzepte einzulassen, ohne dass sie ihre unterrichtsbezogene Alltagsprache als minderwertig oder unzulänglich bewerteten. (3) Schließlich ging es darum eine gemeinsame Sprache für alle Beteiligten zu finden.

      Die Unsicherheit der beteiligten Lehrkräfte spiegelte sich vor allem zu Beginn des PROJEKTS in Interviewdaten wieder:

       Stimme 1 1 , 2

      Gaby: Was könnte ich noch hinzufügen?

      Forscherin: Haha

      Gaby: ((Spricht mit Akzent)) @Etwas, das bedeutsam ist (.) du weißt schon, was man auch gut zitieren kann@

      Forscherin: Haha

      Gaby: @ Was ist dann nicht – nee. Nee, nur ein Scherz (.) Etwas das, das humanistischen Wert hat, das humanistisch ist, also, Kindern lernen folglich etwas für ihr ganzen Leben.@

      Forscherin: Haha

      Gaby: Im Prinzip habe ich das schon gesagt, und und ehm und @sehr verantwortungsvolles, verantwortungsvolles Fach, weil man kann da sehr viel kaput machen, wenn man nicht Spaß rüberbringt, nee@ Das ist ein Scherz. Nee, also, I habe das [Fach] eigentlich mit Absicht gewählt.

      Ähnliche Äußerungen finden sich bei anderen Lehrkräften. Für manche Lehrer*innen dauerte es fast 5 Jahre, bis sie sich sicher fühlten, nicht nur selbstbewusst die eigenen Ideen zu vertreten, sondern an einer gemeinsamen öffentlichen Schlusspräsentation mitzuwirken und an einer Abschlusspublikation mitzuwirken (Dreßler et al. 2016).

      2.2.3 Die Wertschätzung der alltäglichen pädagogischen Praxis und die Suche nach Schätzen

      Selbstvertrauen in die eigene Professionalität hängt nicht zuletzt davon ab, welche Wertschätzung Lehrer*innen ihrer alltäglichen Praxis zukommen lassen und welche sie von anderen erfahren. Von Anfang an dienten die monatlichen Treffen der PROJEKT-Gruppe deshalb dazu, Aspekte der Alltagspraxis unter unterschiedlichen Perspektiven zum Gegenstand des kollegialen Austausches zu machen, mit dem Ziel, solche Wertschätzung zu befördern und zu praktizieren (vgl. Allwright 2003). Orientierung bot Goffmans Konzept der Erfahrungsschemata, das davon ausgeht, dass eine alltägliche Situation, current situation (Goffman 1974: 9) im Diskurs unterschiedlich definiert und interpretiert wird. Diese unterschiedlichen Interpretationen galt es zugänglich und besprechbar zu machen. Ausgangspunkt war die Suche nach „Schätzen“ in der eigenen Praxis. Lehrer*innen wurden gebeten, einen oder mehrere solcher Schätze mitzubringen, zu erklären, warum es sich um einen Schatz handelt und warum sie glauben, dass die Beschäftigung mit ihm das Wissen der Gruppe zum frühen Englischunterricht erweitern könnte. Die Besprechung der Schätze in Kleingruppen und im Plenum zu Beginn der Projektarbeit bot nicht nur die Möglichkeit, individuelle Vorstelllungen zum kommunikativen Englischunterricht zu thematisieren, sondern auch Perspektiven für die Weiterarbeit zu entwickeln. So kristallisierte sich schon früh die systematische Beschäftigung mit Lernaufgaben als Arbeitsschwerpunkt heraus, denn manche der Schätze konnten als Beispiele komplexer Lernaufgaben (Legutke / Thomas 1999, Hallet 2011) gelten, auch wenn die Lehrer*innen sie nicht so bezeichneten.

      Die alltägliche Praxis erfuhr ferner eine deutliche Aufwertung durch eine Intensivierung von Unterrichtsbeobachtungen. Sie erfolgten grundsätzlich nur auf Einladung der Lehrer*innen und schlossen die Beobachtungen durch Peers ein. Beobachtungen waren zunächst eher sporadisch und weniger fokussiert. Je deutlicher sich allerdings konkrete Fragen ergaben, etwa wie Schreib- und Leseaufgaben anzuleiten, wie Präsentationsaufgaben zu orchestrieren oder wie Rückmeldungen zu geben waren, nahmen die Beobachtungen und anschließenden Gespräche an Häufigkeit und Intensität zu.

      Unterrichtsbeobachtungen und später im PROJEKT auch videografierte Sequenzen, die die Lehrer*innen aus dem eigenen Unterricht für die Gruppenarbeit zur Verfügung stellten, verstärkten die Wertschätzung. Denn sie machten deutlich erfahrbar, mit welchem Einsatz und welcher Energie die Lehrkräfte den Englischunterricht inszenieren, wie Kopf, Herz, Hand und Fuß in dem Prozess doing a lesson (Bloome et al. 1989) zusammenwirken.

      Zu Beginn des PROJEKTS war eine deutliche Zurückhaltung, ja Skepsis der Lehrer*innen wahrnehmbar, Mitglieder des Forschungsteams in den Unterricht einzuladen. Denn mit dem Besuch verband sich die Vorstellung, eine ganz besondere Stunde zeigen zu müssen. Dies mögen Folgen der Ausbildung sein, denn die Mehrzahl der Lehrer*innen berichtete über negative Erfahrungen mit Unterrichtsbeobachtungen im Zusammenhang der zweiten Ausbildungsphase, dem Referendariat. Der kontinuierliche Rekurs in den monatlichen Projektsitzungen auf den Alltag und die täglichen Routinen sowie die Art und Weise, wie das Team die Besuche realisierte,