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Sprachkritik und Sprachberatung in der Romania


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hat der OQLF eine neue Institution zur Sprachberatung des Québecer Französischen auf der Grundlage einer internen Norm und Sprachkritik geschaffen. Übergeordnetes Ziel bleibt für den OQLF jedoch die sprachliche Korrektheit im offiziellen Gebrauch, die maîtrise de la langue officielle. Allerdings ist neuerdings ein Wandel im Selbstverständnis des OQLF zu erkennen, der im neuesten Plan stratégique 2013–2016 anhand der sich wandelnden Ziele abgelesen werden kann, im Vergleich zur Angabe der Mission in der Charte de la langue française, die zuletzt 2002 modifiziert worden ist. Das Ziel der Sprachberatung und Sprachpflege ist von dem einer üblichen (habituelle) zu dem einer lebendigen Sprache (vitalité) übergegangen:

      2002: veiller à ce que le français soit la langue normale et habituelle du travail (www.oqlf.gouv.qc.ca/office/mission.html, 08.07.2016, Hervorhebung EE).

      2014: Ancré dans une société en constante évolution, l’Office est une organisation performante qui contribue à assurer la vitalité et la qualité du français dans les milieux de travail et l’espace public québécois (OQLF 2014, 9, Hervorhebung EE).

      Der Generaldirektor des OQLF Robert Vézina betont in dem Plan stratégique die Rolle der Sprache als Mittel zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts:

      La langue étant un vecteur important de cohésion sociale, les engagements contenus dans ce plan contribueront assurément au développement du plein potentiel du Québec (OQLF 2014, 5, Hervorhebung EE).

      Auch in Bezug auf das Ziel der Toponymiekommission kann ein verändertes Sprachkonzept ausgemacht werden, von der Präsenz des Französischen und einer korrekten Benennung in der Mission der Commsission de terminologie der Charte von 1977 hin zu einem symbolisch aufgeladenen Einsatz französischer Namen zum Anzeigen des historischen Kulturguts:

      1977: s’assurer que le territoire du Québec est nommé avec justesse et qu’il met en valeur le visage français du Québec (www.toponymie.gouv.qc.ca/ct/a-propos-commission/mission-mandat/, 08.07.2016, Hervorhebung EE).

      2014: un territoire bien nommé, pour permettre le déplacement efficace des biens et des personnes, et des noms de lieux évocateurs, pour témoigner des différents patrimoines culturels de la société québécoise (OQLF 2014, 9, Hervorhebung EE).

      So hat sich das Ziel der Sprachberatung des OQLF im Jahr 2014 deutlich modernisiert und sich einer stärker politischen und sprachpflegerischen Haltung im Kontext einer sozialen Ausrichtung verschrieben, welche die einzelnen regionalen Ausprägungen des Québecer Französisch zu fördern sucht.

      5.2 Die symbolische Verwendung des Québécois als regionaler Marker

      Dieser Wandel reflektiert die veränderte Einstellung zur Sprache und zu regionalen Merkmalen einer Sprache, wie sie auch in anderen metasprachlichen Manifestationen zu erkennen ist, die das Québécois als Ausdruck der regionalen Identität aufgreifen. Die Sprache wird zunehmend als Identitätsmerkmal für die Sprecher gesehen, das unabhängig von der Sprachkompetenz anzeigen soll, dass eine regionale Verbundenheit besteht. Dieser Stolz auf die eigenen Charakteristika wird auch Fremden und Besuchern dadurch mitgeteilt, dass diese die spezifischen sprachlichen Merkmale (Aussprache, Wörter, Wendungen) zum besseren Verständnis lernen und verwenden können, gerade auch wenn sie nicht aus der Region stammen. So soll zu einem Verständnis mit alloglotten Personen nicht auf eine überregionale Sprache wie Englisch, aber auch nicht auf eine anerkannte überregionale Normvarietät wie das europäische Französisch zurückgegriffen werden. Publikationen wie die folgenden zeigen den Anstieg des symbolischen Werts dieser Varietät und ihres Gebrauchs: Gazaille/Guévin (2009): Le parler québécois pour les nuls; Guévin/Gazaille (2011): Les 1000 mots indispensables en québécois; Scheunemann (2015): Québécois Slang. Das Französische Kanadas. In diesen Werken wird das Französische in Québec eher als Widerhall der Identität, der Geschichte und damit auch als emotionale Verbindung dargestellt denn als globales Kommunikationsmittel:

      un français qui est avant tout l’âme d’un peuple épris de paroles et de causeries (Yannick Resch in: Gazaille/Guévin 2009, XIII).

      Die Autoren Gazaille und Guévin weisen darauf hin, dass es um sprachliche Varianten des Französischen geht, also nicht um eine eigene Sprache und auch nicht um eine eigene Norm. Diese Varianten gehören zur gesprochenen Sprache und sind damit eben von einer schriftlichen Norm ausgenommen:

      Il ne s’agit donc pas d’apprendre une nouvelle langue, mais bien de mettre l’accent sur les différences dans l’usage de la langue au quotidien, principalement dans sa forme orale (Gazaille/Guévin 2009, 1).

      Der Titel von Scheunemann (2015) ordnet das Québecer Französisch als Slang, also als diastratisch-diaphasisch stark markierte Gruppensprache ein. Auch sie betont die Besonderheit als gesprochene Varietät ohne Norm:

      Da das Québécois und das kanadische Alltags-Französisch eher gesprochen als geschrieben werden und es für deren Schreibung keine festen Standards gibt, wird man sehr wahrscheinlich immer wieder auf unterschiedliche Schreibweisen stoßen (Scheunemann 2015, 10).

      Ein weiteres Mittel zur Sprachkritik und auch zur Sprachberatung der Québecer Bevölkerung (oder auch für Reisende) sind die Wörterbücher des Französischen. Speziell für die frankokanadische Varietät ist das elektronische Wörterbuch Usito entwickelt worden, in dem die Besonderheit des Französischen in Kanada vor der Folie des Französischen in Europa gesehen wird. Aber der Ausgangspunkt ist nicht eine Pariser Norm, zu der einzelne Kanadismen als Abweichung dargestellt werden, sondern es geht von dem Sprachgebrauch in Québec unter Berücksichtigung aller spezifisch nordamerikanischen kulturellen Konzepte aus, zu dem es divergierende Gebrauchsweisen in Europa und der weiteren Frankophonie gebe:

      Pour combler les lacunes des dictionnaires français

      La langue française dispose déjà de dictionnaires généraux, notamment grâce à de grandes maisons d’édition françaises. Ces ouvrages sont cependant conçus pour un public francophone européen, notamment le public français. Leur description de la langue est donc principalement basée sur l’usage européen du français. Quant à la description complémentaire qu’ils donnent du monde auquel cette langue fait référence et des valeurs culturelles qui lui sont associées, là encore, elle est très largement centrée sur la France et sur le contexte européen.

      Usito est né du désir de combler les lacunes de ces dictionnaires européens, notamment en ce qui a trait :

      1 à la description du français en usage au Québec et en Amérique du Nord, et plus particulièrement de son registre standard;

      2 à la description du contexte québécois et de l’environnement nord-américain;

      3 et à la mise en valeur de la culture francophone québécoise et nord-américaine.17

      Das Wörterbuch Usito ist damit ein Manifest für eine kulturelle Eigenständigkeit des Französischen in Québec und Kanada, wenngleich es noch keine Québecer Norm aufzeigen kann.18

      Ähnliche Projekte verdeutlichen die Bestrebungen, für den Kulturraum Québec eine angemessene sprachliche Repräsentation zu erreichen, welche alle Bezeichnungen für Erscheinungen der Natur und der gesellschaftlichen Kultur erfassen soll. Das Projekt Wikébec eines Wörterbuchs zum aktuellen Französischen in Québec zeigt z.B. dieses gestiegene Interesse an sprachlichen Regionalismen auf:

      Wikébec est un dictionnaire participatif du Français Québécois, ne contenant que les termes spécifiques au Québec, toujours utilisés aujourd'hui.

      Wikébec est un nouveau dictionnaire du Français Québécois. Il est conçu en considérant les deux principes suivants: