können wir uns sprachlich verständigen (Hoffmann 2014, 25).
Ziel des schulischen Grammatikunterrichts (vgl. hierzu auch Kapitel 03) in der Erst- und auch Zweitsprache ist es, die beschriebene „Funktionalität sprachlicher Formen“ zu erkennen, zu erwerben und auch darüber zu reflektieren, damit ein sicherer Umgang mit Sprache als einem „Medium der Verständigung“ gelingen kann. Damit Grammatikunterricht erfolgreich sein kann, ist es unumgänglich, dass auch die Lehrperson über umfassendes grammatisches Wissen verfügt und sich vergegenwärtigt, was unter Grammatik, grammatischen Formen und der Funktionalität von Formen zu verstehen ist:
Eine Sprache verstehen heißt: sie in ihrem systematischen Aufbau, der Funktionen in Formen verstehbar macht und Verständigung erlaubt, zu begreifen. Die Zusammenhänge in der Grammatik der Sprache sind systematisch zu erarbeiten. Man braucht ein Bild vom Ganzen; Fragmente reichen nicht (Hoffmann 2014, 14).
Dieses „Bild vom Ganzen“ der Grammatik einer Sprache muss der Lehrende sich im Vorfeld erarbeiten, bevor die Grammatikvermittlung beginnen kann. Nun ist aber noch zu klären, was denn überhaupt unter Grammatik zu verstehen ist? Etymologisch bedeutet Grammatik schlichtweg 'Lehre von den Buchstaben' (Bußmann 2008, 241). In der heutigen Sprachwissenschaft wird der Begriff Grammatik für unterschiedliche Bereiche verwendet (vgl. Abb. 4.1).
Was ist Grammatik? (nach Bußmann 2008, 241)
Generell lassen sich eine präskriptiv-normative und eine deskriptiv-beschreibende Grammatikrichtung unterscheiden, die im nächsten Punkt ausführlicher diskutiert werden. In den unterschiedlichen Grammatiken existieren zudem auch enge und weite Definitionsansätze (vgl. hierzu exemplarisch Imo 2016; Duden-Grammatik 2016). Einigkeit herrscht allerdings weitgehend darüber, dass es eine (Haupt-)Aufgabe von Grammatik ist, zu beschreiben, wie aus Wörtern nach gewissen Regularitäten Sätze gebildet werden können (vgl. Kapitel 03).
Prinzipiell gibt es eine weite und eine engere Definition des Satzes, insgesamt kursieren zahlreiche, uneinheitliche Definitionen. Die enge Definition geht davon aus, dass ein Satz eine abgeschlossene sprachliche Einheit ist, die über eine kommunikative Funktion verfügt, inhaltliche, formale und grammatische Merkmale aufweist und gewissen Regeln folgt (vgl. hierzu auch Eroms 2000, 47–48). Die wichtigste Aufgabe übernimmt dabei das Verb in der Funktion des Prädikats, indem es im Satz unterschiedliche Partner in Form von obligatorischen Ergänzungen (Satzgliedern) fordert, ohne die der Satz (normalerweise) nicht vollständig ist. Die weite Definition setzt nicht zwingendermaßen ein Verb als Zentrum des Satzes voraus. Darüber hinaus kann zwischen einfachen Sätzen, die lediglich ein finites Verb aufweisen (Beispiel: Die Katze sitzt auf der Wiese), und komplexen Sätzen unterschieden werden. Komplexe Sätze sind entweder Hypotaxen (Satzgefüge) mit einer Unter- und Überordnung (Beispiel: Die Katze sitzt auf der Wiese [Hauptsatz, übergeordnet], weil sie eine Maus fangen will [Nebensatz, untergeordnet].) oder Parataxen (Satzreihen) (Beispiel: Die Katze sitzt auf der Wiese [Hauptsatz] und [Konjunktor] [die Katze als Subjekt ist zu ergänzen, weil eine Ellipse vorliegt] fängt eine Maus [Hauptsatz]). Ausführlichere Informationen zur Terminologie finden Sie bei Hoffmann (2014, 68 sowie 70).
Anschaulich zu verdeutlichen ist dies anhand der Metapher einer Kommode, die über unterschiedliche Schubladen verfügt, die nach Funktionen geordnet und deren einzelne Bestandteile zu größeren Komplexen zusammengesetzt werden können. In einer Schublade beispielsweise befinden sich Nomen, die im Satz die Funktion des Subjekts übernehmen können. Gemeinsam mit dem Prädikat und einem Objekt (bzw. je nach Prädikat auch mehreren Objekten) können sie zu einem Satz „zusammengebaut“ werden (vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 03, woraus auch der Beispielsatz (2) entnommen ist):
1 Anette und Senem spielen Fußball.
Für Satz II werden drei Bestandteile mit jeweils unterschiedlicher Funktion benötigt: Anette und Senem in der Funktion des Subjekts, spielen als Prädikat und Fußball als Akkusativobjekt. Vor allem für Deutsch als Zweitsprache-Lernende ist dieses Baukastenprinzip von besonderer Relevanz. Sie müssen verstehen lernen, dass im Deutschen gewisse Satzbaupläne existieren, nach deren Vorbild Sätze gebildet werden können, wie Tab. 4.1 exemplarisch veranschaulicht.
Satzbauplan | Beispielsätze |
[Subjekt] + Prädikat + [Dativobjekt] | [Dieses Auto] gehört [meiner Schwester]. |
[Subjekt] + Prädikat + [Genitivobjekt] + infiniter Prädikatsteil | [Er] wird [des Diebstahls] beschuldigt. |
[Subjekt] + Prädikat + [Präpositionalobjekt] | [Der Chemiker] achtet [auf die Laborwerte]. |
[Subjekt] + Prädikat + [prädikativer Nominativ] | [Susi] ist/wird/bleibt [Schulleiterin]. |
[Subjekt] + Prädikat + [prädikative Adjektivphrase] | [Max] ist/wird/bleibt [traurig]. |
Tab. 4.1:
Exemplarische Satzbaupläne (nach Duden-Grammatik 2016, 932)
Ein Satzbauplan ist durch ein Verb und die vom Verb geforderten Satzglieder (Ergänzungen) gekennzeichnet (vgl. Duden-Grammatik 2016, 927; Eroms (2000, 315) spricht von „Verb-Aktanten-Konstellationen“).
Grundlage dieser Satzbaupläne ist die Tatsache, dass (wie in Kapitel 03 bereits dargelegt) das Verb in der Funktion des Prädikats im Satz gewisse Partner in Form von Satzgliedern (die so genannten obligatorischen Ergänzungen) fordert (= Valenz, Wertigkeit). Die Satzbaupläne weisen eine topologische Struktur auf, die anhand des Feldermodells deutlich wird:
Vorfeld (VoF) | linke Klammer (li. Kl.) | Mittelfeld (MiF) | rechte Klammer (re. Kl.) | Nachfeld (NaF ) |
Die Lehrerin | lädt | uns zum Eis essen | ein. | |
Die Lehrerin | hat | uns | eingeladen | zum Eis essen. |
Zum Eis essen | hat | uns die Lehrerin | eingeladen. | |
Die Lehrerin | will | uns zum Eis essen | einladen. | |
Die Lehrerin | hätte | uns zum Eis essen | einladen wollen. |
Tab. 4.2:
Das Feldermodell
Dass Verben sowohl für den Erst- als auch für den Zweitspracherwerb eine sehr wesentliche Rolle spielen, bestätigt