Mustern/Strukturen (zum Beispiel: Ermittlung von Satzgliedern);
Funktionalität (Ermittlung der Funktion von Wortarten im Satz);
Sprachkritikfähigkeit (Umgang mit Normvorstellungen).
Auch hier bietet es sich an, ausgehend von den bereits thematisierten Satzbauplänen zum Beispiel über die Glinz’schen Tests Satzglieder segmentieren zu lassen und anschließend deren Funktion zu ermitteln. Eine weitere Möglichkeit ist die Identifizierung von Wortstämmen (Sommer, sommerlich, Sommerkleid). Im Zentrum steht also in erster Linie der konkrete Sprachgebrauch und weniger eine formale Sprachsystemanalyse, was bisweilen auch als Kritik an dem Modell vorgebracht wird (vgl. Bredel 2013, 237).
Für die Unterrichtspraxis bedeutet dies, um bei den Tempora zu bleiben, dass Präteritumsformen zum Beispiel anhand einer schriftlichen Erzählung eingeübt werden, wobei auch der Unterschied zwischen Perfekt und Präteritum erläutert wird (Funktionalität). Im Schulunterricht kann auch eine fehlerhafte Aufschrift untersucht werden wie Lisa’s Nähstube und Ananässer. Um Sprachkritikfähigkeit zu schulen, sollen die Kinder zunächst die Fehler finden und eventuell auch Überlegungen anstellen, weshalb diese passiert sein könnten. Eine weitere Möglichkeit wäre, Schülerinnen und Schüler im Internet eigenständig nach „Verschreibern“ suchen zu lassen.
4.4.2 Systematisch versus situationsorientiert (situativ)
Der systematische Grammatikunterricht basiert auf „Teilsystemen der Grammatik“, die entweder erarbeitet oder auch beigebracht werden (Eisenberg & Menzel 1995, 15). Die Vorgehensweise ist dabei von bestimmten Axiomen geleitet: „vom Konkreten zum Kategorisieren“ und „von Kategorien zum Konkreten“ (Bartnitzky 2015, 207). Zu Beginn steht dabei immer das konkrete sprachliche Handeln des Schülers/der Schülerin im Zentrum, in einem nächsten Schritt werden dann sprachliche Auffälligkeiten ermittelt. Über Handlungsabläufe des Operierens mit und Nachdenkens über Sprache werden Kategorien bzw. Begriffe ermittelt, die letztendlich dann als Arbeitssprache im Unterricht dienen sollen (vgl. Bartnitzky 2015, 207).
Der Kerngedanke des situativen Unterrichts ist es, Sprache in ihrer konkreten Verwendungsform zu beobachten und zu kategorisieren. Diese Vermittlungsform berücksichtigt, dass Sprache und Kommunikation eng miteinander verwoben sind, daher werden grammatische Formen auch immer im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Funktion eingeführt und geübt (vgl. Bredel 2013, 229).
Ziele eines situationsorientierten Grammatikunterrichts können je nach Relevanz sein (zitiert nach Bredel 2013, 230):
Sensibilisieren für einen Sachverhalt,
Sichern von Wissen,
Operieren (Alternativen austesten),
Diagnostizieren (Probleme auf- und entdecken),
Verbalisieren,
Diskussion.
Als Beispiel: Die Lehrkraft stellt fest, dass die Formen des Präteritums in schriftlichen Textsorten nicht bzw. nicht ausreichend genug beherrscht werden und übt diese situationsindiziert.
4.4.3 Deduktiv versus induktiv
Der Unterschied zwischen diesem Gegensatzpaar ist in der Vermittlung begründet (vgl. hierzu Eisenberg & Menzel 1995, 15).
Deduktiv bedeutet, einen Sachverhalt von formulierten Regeln aus zu vermitteln. Zum Beispiel werden zunächst die Regeln zur Verwendung von Konjunktiv I gegeben, bevor diese anhand von Beispielen anzuwenden sind.
Bei der induktiven Vorgehensweise werden Regeln anhand von Sprachbeispielen erarbeitet. Die Lehrkraft verteilt beispielsweise einen Text mit auffälliger Verwendung des Konjunktiv I. Anhand der Belege leiten die Schülerinnen und Schüler Regeln ab.
Bei der deduktiven Vorgehensweise gibt die Lehrerin/der Lehrer ein Rahmenthema vor, etwa: Konjunktiv I und seine unterschiedlichen Verwendungsformen. Aus von der Lehrkraft vorgegebenen Beispielsätzen werden dann Regeln abgeleitet, falls diese nicht auch deduktiv vorgegeben werden.
Der induktive Ansatz hingegen lässt Schülerinnen und Schüler forschend und eigenständig an Sprachmaterial arbeiten, Erkenntnisse gewinnen, Kategorisierungen erstellen und Regeln ableiten bzw. Merksätze formulieren. Schülerinnen und Schüler übernehmen die Aufgabe von Sprachforschern (vgl. Grammatikwerkstatt). Zum Beispiel könnten unterschiedliche analytische und synthetische Konjunktivformen verglichen und untersucht werden: wir würden gehen, wir gingen, er gehe, würde er gehen.
In der Unterrichtsrealität sind die sechs vorgestellten Dimensionen oft in unterschiedlichen Verbindungen vorzufinden: funktional-systematisch-induktiv oder auch formal-systematisch-deduktiv (vgl. Eisenberg & Menzel 1995, 15). Zu beachten ist jedoch immer, dass sprachliches Handeln die Grundlage bilden soll zum Nachdenken über Sprache. Nachdenken über Sprache entsteht durch Operieren und Experimentieren mit Sprachmaterial und sprachliche Auffälligkeiten führen zwangsläufig zum Reflektieren über Sprache. Nicht zu vergessen ist zudem die Tatsache, dass Sprachreflexion als ein Prozess zu verstehen ist.
Schulbuchauszug zu Satzgliedern (aus: Kombiniere Deutsch 7, 95), © C.C. Buchner Verlag, Bamberg
4.4.4 Integrativer Grammatikunterricht
Zusätzlich zu den von Eisenberg und Menzel erwähnten Konzeptionen gibt es auch den integrativen Grammatikunterricht, der vor allem, aber nicht nur für DaZ-Lernende von Vorteil ist. Wie der Name bereits vermuten lässt, findet beim integrativen Unterricht Grammatikvermittlung niemals isoliert, sondern immer gekoppelt an weitere Lernbereiche (wie z.B. Texte verfassen) statt und hat somit eine Nähe zum oben erwähnten situationsorientierten Grammatikunterricht (vgl. hierzu das erwähnte Kompetenzstrukturmodell).
Diese vernetzte Herangehensweise ist für DaZ-Lernende besonders zu empfehlen, da die Funktionen sprachlicher Formen besser durchdrungen und verstanden werden können, wenn unmittelbar eine situationsorientierte Anwendung des Gelernten ersichtlich ist.
Dem integrativen Grammatikunterricht widmet sich auch Einecke (www.fachdidaktik-einecke.de) und stellt Materialien und Stundenmodelle zur Verfügung (http://www.fachdidaktik-einecke.de/3_Sprachdidaktik/hauptseite_sprachdidaktik.htm).
Schulbuchauszug zur Satzform (aus: Mit eigenen Worten 7, Hauptschule Bayern, 145)
4.4.5 Grammatik-Werkstatt
Eisenberg & Menzel (1995, 15) bemängeln am herkömmlichen Grammatikunterricht, dass Schülerinnen und Schüler nach wie vor zu wenig über grammatikalische Methoden und Herangehensweisen erfahren, welche sie befähigen könnten, eigenständig Kategorien zu entwickeln bzw. Entscheidungen über die Un- bzw. Angemessenheit von Varianten zu treffen. Diese Tatsache hat die beiden Wissenschaftler dazu bewogen, das induktive Modell der Grammatik-Werkstatt