Johannes Wild

Sprachendidaktik


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Verwenden von Brückentexten (falls Schulbuchtexte das sprachliche Niveau der Lernenden überschreiten sollten), sprachlicher Input von Seiten der Lehrperson und letztendlich Einbindung von metasprachlichen und metakognitiven Phasen.

      Die Relevanz der „kognitive[n] Aktivierung“ in Kombination mit einem „schülerorientierte[n] Unterrichtsklima“ (Klieme 2008, 4) wurde auch durch die Ergebnisse der DESI-Studie bestätigt. Die Aufgabe des Lehrenden besteht also zusammenfassend und vereinfacht gesagt darin, jedes Thema zunächst hinsichtlich sprachlicher Besonderheiten/Auffälligkeiten zu untersuchen (vgl. Kniffka & Siebert-Ott 2007, 111).

      Während sich das Makro-Scaffolding überwiegend mit der Situierung und den Lernaufgaben befasst, steht im Zentrum des Mikro-Scaffoldings (vgl. Kniffka 2010, 3) letztendlich die konkrete Unterrichtsaktion, für die Gibbons (2002, 124) folgende Tipps unterbreitet:

       Brainstorming: Was wissen die Lernenden bereits zu der Thematik? (Sammlung von relevantem Sach- und Fachwortschatz)

       Nutzen von unterschiedlichen Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung: Fachpersonen schriftlich oder auch mündlich kontaktieren (Einüben von formelhaften Wendungen: Wie begrüße ich jemanden? Wie trage ich mein Anliegen vor?), Zeitungen oder auch Artikel zur Thematik lesen und Stichpunkte von den Lernenden zusammentragen lassen.

       Fachpersonen interviewen (Lernende sollen entsprechende Expertenfragen im Vorfeld formulieren).

       Informationen im Klassenkreis vortragen/besprechen (Schulung der mündlichen Sprachkompetenz und zugleich der Hörkompetenz).

       Besprechung im kleinen Kreis (Einüben und Vertiefen von Gesprächs- und Argumentationsformeln).

      Kniffka (2010, 3) nennt als weitere allgemein zu beachtende Prinzipien für die Lehrer-Schüler-Interaktion:

       Einplanen von zusätzlicher Zeit für die Lehrer-Schüler-Interaktion, da vor allem DaZ-Schülerinnen und -Schüler eventuell etwas länger brauchen, um Informationen zu entschlüsseln.

       Einräumen von mehr Zeit für Antworten vor allem für DaZ-Schülerinnen und Schüler, da diese für die gedankliche Vorbereitung und das Durchdenken von Antworten oftmals einen flexibleren zeitlichen Rahmen benötigen.

       Abwechslung in Bezug auf Interaktionsmechanismen: Durchbrechen der starren „Frage-Antwort-Bewertung-Struktur“, indem beispielsweise eine Schülerin/ein Schüler die Rolle des Lehrers/Moderators einnimmt.

       Ergänzend ist noch die Bereitstellung von Differenzierungsmaterial sowohl zur qualitativen als auch zur quantitativen Differenzierung anzuführen.

      Nachfolgend wird die Vorgehensweise beim Scaffolding anhand der Geographieunterrichtseinheit „Der Kompass weist den Weg“ für die 5./6. Klassen verdeutlicht (vgl. Kniffka & Neuer 2008, 124). Die Abbildung zeigt anschaulich zwei Grundprinzipien des Scaffoldings:

       vom Konkreten zum Abstrakten: Fachliche Ebene;

       von der Alltagssprache (BICS) zur Fachsprache (CALP): Sprachliche Ebene.

      Abb. 4.9:

      Scaffolding-Modell von Gibbons (nach Kniffka & Neuer 2008, 129)

      Den beiden Prinzipien wird durch von Gibbons geforderte Aktivitäten Rechnung getragen. Die fachliche Ebene wird einerseits durch zwei Experimente (den Kompass ausprobieren und anwenden) in Partnerarbeit und andererseits durch das Referieren der Erkenntnisse repräsentiert. Die sprachliche Seite beinhaltet ein Voranschreiten von der Alltagssprache hin zur konzeptionellen Fachsprache. Zunächst wird in Partnerarbeit der Kompass besprochen, daraufhin werden im Klassenverband die gesammelten Ergebnisse vorgetragen und in einem letzten Schritt werden die Ergebnisse in Form eines Protokolls verschriftlicht, wobei auf die Integration von fachsprachlicher Lexik und Syntax geachtet werden soll.

      4.6 Zur Diagnose: Grießhabers Profilanalyse

      Eines der bekanntesten Konzepte zur Ermittlung des syntaktischen Spracherwerbsstands eines Kindes, das sowohl für den Erst- als auch für den Zweitspracherwerb angewendet werden kann, ist Grießhaber Profilanalyse. Diese zielt auf die Ermittlung der „grammatischen Komplexität“ (2013, 1) von Äußerungen im mündlichen, aber auch im schriftlichen Kontext ab, indem sie anhand der Stellung und Anordnung der in den Äußerungen enthaltenen verbalen Teile die Erwerbstufe eines Kindes ableitet. Die Profilanalyse basiert auf der Annahme, dass „die grundlegenden Wortstellungsmuster […] in bestimmten Reihenfolgen erworben [werden]“ (Grießhaber 2013, 1).

      Anhand der Profilanalyse wird „die syntaktische Struktur von Äußerungen“ ermittelt, wobei „die Verteilung der Strukturen […] das Profil [bildet]“, wovon sich dann die entsprechende „Erwerbsstufe“ ableiten lässt (Grießhaber 2013, 1). Daraus ergibt sich folgende Vorgehensweise (Grießhaber 2013, 1):

      1 Mündliche oder auch schriftliche Äußerungen werden in „minimale satzwertige Einheiten“ aufgegliedert.

      2 Ermittlung der jeweiligen „syntaktischen Struktur“ (zum Beispiel mit Hilfe des Feldermodells, vgl. Kapitel 03), woraus sich das „syntaktische Profil“ ergibt.

      3 Aus dem ermittelten Profil wird die Profilstufe abgeleitet.

      Anhand der in Tab. 4.5 dargestellten Wortstellungsmuster werden, fußend auf der Stellung der verbalen Teile im Satz, zunächst fünf (0–4) Profilstufen abgeleitet:



VoF li. Kl. MiF r. Kl.
4 Verbendstellung …, dass sie ins Theater geht.
3 Inversion Danach geht Maria nach Hause.
Wen will Maria treffen?
Kommst du morgen?
Komm!
2 Separation Maria kommt um 8 Uhr an.