Dr. Sabine Gapp-Bauß

Depression und Burn-out überwinden


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schlecht schlafen, sind erschöpft und leer und haben immer wieder Zustände schlechter Stimmung. Sie bekommen Panik, wenn Sie an den „Berg“ denken, der vor Ihnen liegt. Ihnen fehlt eine klare Perspektive. Nun ist es so: Ich kann Ihnen in diesem Buch nur nacheinander verständlich machen, was eigentlich gleichzeitig geschehen müsste. Das ist wirklich ein Dilemma!

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       Selbsthilfefaktoren für den Heilungsprozess

      Um Ihnen also die Orientierung zu erleichtern, habe ich meine Empfehlungen in sieben Themenkreise gegliedert, aus denen Sie sich Hilfreiches heraussuchen können, das Ihnen hilft zu verstehen, warum Sie gerade gewisse Probleme oder Stimmungen haben oder warum Sie zurzeit oder immer wieder auf eine bestimmte Art und Weise reagieren. Schritt für Schritt erleben Sie konkrete Möglichkeiten, wie Sie aus diesen belastenden inneren Zuständen herauskommen. Wenn Sie akut großen Leidensdruck haben, beginnen Sie also gleich bei Themenkreis 1 (vgl. Inhaltsverzeichnis). Mit den hier zunächst folgenden Abschnitten über Diagnosen, über Vorgänge im Gehirn und über die Frage, wie Heilung geschieht, können Sie sich später immer noch beschäftigen, wenn Ihnen danach ist.

      Ich möchte mit Ihnen im Themenkreis 1 („Die Krise ist da“) ein Überlebenspaket schnüren und gute Startbedingungen für Ihren Heilungsprozess schaffen. Ähnlich, wie ich es in einem Erstgespräch in meiner Praxis tun würde, möchte ich Ihnen verständlich machen, welche Herangehensweisen, Maßnahmen und Strategien Priorität haben, um das Gefühlschaos zunächst einmal etwas zu lichten und Ihnen Struktur und Halt zu vermitteln. Hier geht es unter anderem um eine gelassene Einstellung, um die Sicherung der Existenz, um Krankschreibung, Unterstützungsnetzwerke sowie die Frage: Wie behält man einen klaren Kopf?

      Im Themenkreis 2 erfahren Sie, wie Sie sich für den Heilungsprozess „gute Rahmenbedingungen schaffen“, indem Sie aus der Selbstüberforderung herauskommen und den Tag bewusst strukturieren. Im ersten Stadium der Krise sollten wir nämlich nichts einfach so dem Zufall überlassen. Heilung braucht ein Halt gebendes Ambiente. Das gibt Sicherheit und stabilisiert!

      Im Themenkreis 3 („Unterstützendes für Körper und Seele“) geht es um eine gute körperliche Verfassung und stabilisierende Faktoren für Ihren Seelenzustand. Beides stellt Ihren Heilungsprozess auf sichere Füße. Suchen Sie sich heraus, was Sie am ehesten anspricht.

      Im Themenkreis 4 („Umgang mit typischen Problemen und Nöten“) erfahren Sie ganz konkret, wie man schwierigen Stimmungen und typischen depressiven Symptomen am sinnvollsten begegnet. Vor allem lernen Sie, sich selbst besser zu verstehen und bewusst mit sich umzugehen. Hier werden gezielte Techniken vorgestellt, die hilfreich sind, um unter anderem aus traumatischen Erlebnisweisen herauszukommen und sie in realitätstaugliche Sichtweisen und Gewohnheiten umzuwandeln. „Lesen“ Sie sich das heraus, was Sie zu Ihrer Unterstützung gerade besonders benötigen.

      Im Themenkreis 5 („Sinnfragen und heilsame Einstellungen“) geht es um eine neue Haltung zu sich selbst, die eine tiefere Ebene Ihres Seins berührt und so einen neuen Blickwinkel auf das Leben erlaubt. Überfordern Sie sich auch hier nicht, indem Sie meinen, alles umsetzen zu müssen. Halten Sie sich an die Texte, von denen Sie sich besonders angesprochen fühlen.

      Im Themenkreis 6 („Ich und die anderen“) erfahren Sie hilfreiche Strategien für den Umgang mit typischen Problemen, die Menschen in der Krise mit ihrem Umfeld haben. Sie werden sehen, mit einer gewissen inneren Klarheit lassen sich für alles Lösungen finden. Gerade Angehörige werden hier wichtige Hinweise bekommen.

      Im Themenkreis 7 („Es geht aufwärts – Die letzte Phase der Genesung“) gehe ich auf typische Stationen dieser Phase mit all ihren Klippen ein. Insbesondere erfahren Sie die wichtigsten stabilisierenden Faktoren für die Zeit, wenn Sie wieder im „normalen Leben“ angekommen sind. Denn da wollen Sie doch sicher wieder hin, oder?

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      Wie Sie sehen, sind die Kapitel bewusst so gestaltet, dass sie einzeln, jedes für sich gelesen werden können. Richten Sie sich beim Lesen ganz nach Ihren aktuellen Bedürfnissen und orientieren Sie sich an dem, was Sie gerade anspricht. Ich traue Ihnen zu, dass gerade Sie als Hilfesuchende besonders kompetent darin sind, herauszufinden, worauf Sie ganz dringend eine Antwort benötigen. Wenn Sie sich derzeit bereits in der Phase der Wiedereingliederung in Ihren Arbeitsprozess befinden, mögen Sie das Buch vielleicht sogar lieber von hinten anfangen.

      An den Anfang eines jeden Kapitels habe ich einen kurzen Vorspann gestellt, der die Problematik kurz umreißt. Auch am Ende jedes Kapitels finden Sie eine kurze Zusammenstellung von wesentlichen Einsichten und konkreten Tipps. Sie können diese zunächst einmal schnell überfliegen, um sich zu orientieren.

      Auch wenn Sie, liebe Leser, Angehörige eines erkrankten Menschen sind, können Sie von fast allen Kapiteln profitieren. Ich möchte damit ausdrücken, dass es nicht auf der einen Seite den „armen“ Kranken und auf der anderen Seite den „beneidenswert“ Gesunden gibt, sondern dass wir, Therapeuten, Kranke und Gesunde, alle nur Menschen sind – mit vielen Kompetenzen, aber auch mit Schwächen. Deshalb möchte ich dieses Buch mehr als ein Bündel aus praktischem und theoretischem Wissen verstanden wissen, aus dem sich jeder nach seinen individuellen Bedürfnissen bedienen kann. Egal, ob gesund oder krank, wir alle sind von Zeit zu Zeit auf der Suche nach heilenden Einsichten.

      Ich habe versucht, Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zu finden:

      •Was ist mit mir los und wie sind meine Symptome zu erklären?

      •Was hilft mir und wie kann ich mir selbst konkret helfen?

      Das zusammengetragene Wissen habe ich aus der praktischen Arbeit mit Menschen in krisenhaften Lebenssituationen und immer auch aus meinen eigenen Lebenserfahrungen gewonnen. Ich möchte Ihnen damit vermitteln: Es gibt Hoffnung auf ein Leben nach Depression oder Burn-out!

      Für diejenigen unter Ihnen, die sich vielleicht fragen: „Was habe ich denn nun?“, oder: „Was hat es mit gewissen Diagnosen auf sich?“, möchte ich an dieser Stelle einen Pfad durch das Dickicht der verschiedenen Begriffe aufzeigen. Diagnosen sind dazu da, verschiedene seelische und körperliche Symptome medizinisch-wissenschaftlich zu katalogisieren. Wenn Sie zum Beispiel unter den Symptomen A, B und C leiden, dann nennt man das X, Y oder Z.

      In der Medizin kursieren verwirrend viele Begriffe für seelische Leidenszustände mit depressiver Färbung, die oft wenig darüber aussagen, woran jemand wirklich leidet. Vielen Betroffenen wird gesagt, sie hätten eine „Depression“. Andere haben angeblich „nur“ einen Erschöpfungszustand oder ein „Burn-out“. Bei wieder anderen wird von einem „Nervenzusammenbruch“ gesprochen, der angeblich bald wieder vorbei ist. Auch gibt es die sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung, die Folge einer oder verschiedener traumatischer Erfahrungen sein kann. All diese Bezeichnungen überlappen einander in ihrer Bedeutung. Die Symptome sind ähnlich und nicht immer eindeutig voneinander zu trennen.

      Viele Betroffene kommen in die hausärztliche Behandlung mit der Vermutung: „Ich habe ein Burn-out“. Sie leiden unter zunehmenden körperlichen Beschwerden, Erschöpfungszuständen und Lustlosigkeit bis hin zu geistiger Lethargie. Oftmals wird bei anhaltenden Schlafstörungen eine Depression vermutet. Bei Laien hat sich zunehmend der Begriff des Burn-out-Syndroms eingebürgert, der ursprünglich ein Phänomen beschrieb,