kleinen Hirn Platz. Ich habe sogar den Eindruck, dass das Gehirn eine Barriere bildet für unser höheres Wissen, unsere höheren Erfahrungen.
Wie hat das Nahtoderlebnis Sie persönlich verändert?
Die Veränderungen stellten sich nicht sofort ein. Im Laufe der Zeit jedoch hat mein Charakter tatsächlich begonnen, sich zu ändern. Ich wurde feinfühliger gegenüber geistigen Ebenen. Es fällt mir heute leichter, mich in einen meditativen Zustand der Andacht und des Gebets zu versetzen. Außerdem versuche ich seither nach Kräften, mich an den Vorsatz zu halten: »Wie man selbst gern behandelt werden möchte, so behandle andere.« Ich habe gemerkt: Glücklich machen macht glücklich.
Haben Sie auch schon mit anderen Betroffenen über das Erlebte gesprochen?
Ja. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die eine solche Nahtoderfahrung gemacht haben. Es sind mehr, als man denkt. In deren Schilderungen gab es große Ähnlichkeiten, jedoch auch Unterschiede. Es gibt NTE-Fälle, die sahen andere verstorbene Menschen, betraten neue Welten oder gelangten in ein Paradies. Wobei ich glaube, dass man als das kreative Wesen, das jeder Mensch ist, seine Welt dort drüben weitgehend selbst erschaffen oder gestalten kann. Man hat ja fast unbeschränkte schöpferische Fähigkeiten. In den höheren Welten muss man nur an etwas denken oder es kennen, und schon nimmt es Gestalt an.
Welchen Stellenwert hat das Nahtoderlebnis heute in Ihrem Leben?
Ich denke jeden Tag daran. Es ist das einzige Ereignis in meinem Leben, das ich mir jederzeit voll vergegenwärtigen kann.
Verarbeiten Sie das Erlebte auch mit Ihrer Musik?
In einem gewissen Sinn ja. Nachdem ich fühlte, dass die Inhalte der Rockmusik nicht mehr genügend für mich hergaben, suchte ich nach einem neuen musikalischen Feld, mit dem ich inhaltlich mehr in die Tiefe gehen konnte und das meiner Erfahrungswelt besser entspricht. Dadurch fand ich über die von Sklaven gesungenen Worksongs und sogenannten Negro Spirituals zur Gospelmusik. Untersucht man die Themen dieser Lieder etwas genauer, so erkennt man sehr ehrliche und persönliche Statements zum Leben, die nicht nur »kirchenreligiös« gefärbt sind.
Wie hat das Erlebte ihre religiöse Sichtweise verändert?
Ich denke, dass die Religionen die wichtige Aufgabe haben, die Brücke zwischen dem Irdischen und dem Spirituellen zu bauen. Jedoch transportieren sie ihre Botschaft aus meiner Sicht ein wenig missverständlich. Ich höre immer »Gott will« oder »Gott befiehlt«. Was ich von meinem Blick in die jenseitige Welt mitgenommen habe, ist die Gewissheit: Gott will und befiehlt nichts. Der Wille Gottes ist, dass Liebe praktiziert wird. Ich bete nicht mehr gedankenlos die Sprüche nach, die man mir als Kind beigebracht hat, sondern ich habe entdeckt, dass das Beten eine viel tiefere Bedeutung hat. Beten ist nichts anderes als die Bemühung, sich geistig mit den Schwingungen der Liebe in Einklang zu bringen.
Nachdem Sie verschiedenste Theorien gelesen haben, wie stehen Sie zu den wissenschaftlichen Erklärungsversuchen des Lebenssinns?
Die Wissenschaft befasst sich ausschließlich mit Materie und versucht, diese zu messen und ihre Vorgänge zu erklären. Das Problem liegt darin, dass der Zustand, den ich erlebt habe, nichts mit Materie zu tun hat, und darum auch wissenschaftlich nicht messbar und erklärbar ist. Es ist eine völlig andere Disziplin. Der Wissenschaft ist es in den letzten Jahrhunderten nicht gelungen, einen Beweis für oder gegen eine Weiterexistenz nach dem Tod zu finden. Aber ihre kommende Aufgabe wird es sein, dass sie auch Zusammenhänge und Wirkungsbereiche anerkennen lernen und erforschen muss, die über das Materielle hinausgehen. Erste Ansätze versucht ja bereits die Quantenphysik.
Glauben Sie, dass ein Kontakt zwischen dieser Welt und dem Jenseits existiert?
Wenn wir denken, erfinden oder sonst irgendwie kreativ tätig sind, machen wir eigentlich nichts anderes, als das unendliche geistige »Wissensmeer« anzuzapfen, in dem sämtliche Ideen bereits gedacht sind: Wir zupfen uns eine Variante heraus, die wir dann umsetzen. Da unser Geist nicht materiell ist, kann er mit der geistigen Welt jederzeit korrespondieren. C. G. Jung nannte einen Teil dieses Bereichs das »Kollektive Unbewusste«, und er vertrat die Überzeugung, dass die Wirklichkeit im immateriellen Bereich angesiedelt ist. »Wirklich ist, was wirkt«, meinte er. Was wir sehen und messen können, sind lediglich die materiellen Auswirkungen von unsichtbaren geistigen Kräften, die diese Vorgänge in Gang setzen. Also nicht die Materie erzeugt den Geist, sondern der Geist be-wirkt die Materie.
Denken Sie, das Jenseits, das Sie gesehen haben, ist unsere letzte »Station« oder auch nur eine Art Übergangswelt?
Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass wir viele, viele Stationendurchwandern müssen, bis wir am Ziel angekommen sind. Das Ziel ist die Erreichung eines hundertprozentig liebevollen Geistes- und Gemütszustandes. Wenn wir davon ausgehen, dass wir geistige Wesen sind, die eine kurze Weile in einem materiellen Körper verbringen, und akzeptieren können, dass »Geist« im Gegensatz zu Materie unvergänglich und unzerstörbar ist, dann ist auch unsere Existenz unvergänglich und ewig. In Wirklichkeit sind wir geistige Wesen, die für kurze Zeit »Fleisch geworden« sind. Genau wie mein jetziges Leben, entsprach auch jener Zustand nur einer von vielen möglichen Dimensionen, in denen wir existieren können.
Was glauben Sie, trifft eher zu: das Leben ist vorbestimmt oder wir lenken es aus eigener Kraft?
Ich denke, dass alles, was je passiert ist oder je passieren wird, bereits in einer geistigen Ebene vorausgedacht ist und als theoretisches Modell existiert. Es gibt unzählige vorgefertigte Varianten, wie unser Leben verlaufen könnte, und eine davon wählen wir aus. Mit jeder Tat und jedem Gedanken fällen wir eine Entscheidung, wie es weitergeht, und stellen jede Sekunde die Weichen für unseren weiteren Lebensweg. Alle diese Möglichkeiten sind aber bereits in der Ewigkeit gespeichert, auch jene, die wir nicht wählen. Das ist vergleichbar mit einem Gefäß voller Lose bei einer Tombola. Darin befinden sich vielleicht tausend Lose, aber wir greifen uns nur eines heraus. Die anderen sind zwar vorhanden, aber wir benutzen sie nicht.
Betrachten Sie das Erlebte als eine positive oder negative Erfahrung?
Ich sehe das Nahtoderlebnis als ein großes Geschenk an. Für nichts bin ich dankbarer als für diese Erfahrung, auch wenn sie mit großen Leiden verbunden war. Es hat mir geholfen, in diesem Leben die Orientierung zu finden.
Gibt es etwas, das man über das Thema der Ewigkeit wissen sollte?
Die meisten Menschen stellen sich unter »Ewigkeit« eine unendlich lange Zeit vor und setzen Ewigkeit mit Endlosigkeit oder Unendlichkeit gleich. Das sind aber alles Zeitbegriffe, die davon ausgehen, dass es eine Zeit gibt, die aber nie aufhört. Die Ewigkeit ist jedoch das Gegenteil von Zeit, sie ist die Abwesenheit von Zeit. Sie ist ein Zustand, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig vorhanden sind. Sie ist der Zustand der geistigen Welt.
Haben Sie Angst vor dem Sterben?
Vor dem Tod habe ich keine Angst, im Gegenteil. Seit ich weiß, dass der Tod das Beste ist, was einem im Leben passieren kann, habe ich nichts zu befürchten. Nach wie vor Respekt habe ich aber vor dem Übergang. Damit meine ich den körperlichen Zerfallsprozess, den man unter Umständen durchmachen muss.
Doch was einen danach erwartet, ist das Schönste und Befreiendste, das man sich vorstellen kann. Man kann also voller Vertrauen aus diesem Leben gehen. »Das Leben« ist nicht an diesen Körper gebunden, sondern ein Phänomen, das immateriell ist, sich aber durchaus auch materiell manifestieren kann. Nur die Materie kann vergehen. Geist kann niemals enden, und daher auch »das Leben« nicht, weil es geistig ist. Das irdische Leben, das wir jetzt gerade führen, ist bloß eine Art Zwischenstation in der Unendlichkeit des Prinzips »Leben«. Unsere Essenz aber – also unsere Seele und unser Geist – ist unsterblich.
Kommt da noch etwas?
An meiner Jenseitserfahrung hatte ich lange Zeit zu knacken. Es dauerte Jahrzehnte, bis ich sie einigermaßen verarbeitet hatte. Man muss sich vorstellen: Da wird ein kerngesunder