Max Schwerdtfeger

Kartell Compliance


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Verhältnis der beiden Rechtsordnungen zueinander. § 19 GWB entspricht inhaltlich im Wesentlichen Art. 102 AEUV. Die beiden Vorschriften unterscheiden sich aber insbesondere dadurch, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im EU-Recht dazu geeignet sein muss, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dies erklärt sich aus der allgemeinen Zielsetzung des EU-Vertrages: Der Verwirklichung des gemeinsamen Marktes. Dieser sog. Zwischenstaatlichkeitsklausel kommt eine Doppelfunktion zu. Als Tatbestandsmerkmal begrenzt sie den Anwendungsbereich der europäischen Missbrauchskontrolle auf Wettbewerbsbeschränkungen, die die Verwirklichung des Binnenmarktes behindern. Als Kollisionsregel dient sie der Abgrenzung des europäischen vom deutschen Kartellrecht, wonach Mitgliedstaaten die ausschließliche Kontrolle über solche Verhaltensweisen behalten, die nur Auswirkungen auf den innerstaatlichen Markt haben können. Die Zwischenstaatlichkeitsklausel wird in der Rechtsprechung des EuGH weit ausgelegt. Danach liegt eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vor, wenn eine Maßnahme unter Berücksichtigung „der Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit“ erwarten lässt, dass sie „unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder der Möglichkeit nach den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflusst, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein könnte.“[3]

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      Gem. Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1/2003 kommt dem europäischen Kartellrecht eine Vorrangstellung gegenüber den Regelungen des GWB zu. Allerdings sind die Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 S. 2 VO (EU) Nr. 1/2003 befugt, in ihrem Hoheitsgebiet strengere Vorschriften zur Unterbringung oder Ahndung einseitiger Handlungen von Unternehmen zu erlassen bzw. anzuwenden.

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      Die wesentlichen Anknüpfungspunkte des Missbrauchsverbots sind das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung (I.) sowie der Missbrauch dieser Stellung (II.).

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