Markus Brinkmann

Tax Compliance


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des A hat einen anonymen Hinweis erhalten. Dieser Hinweis scheint von einem mutmaßlichen Wettbewerber des A zu kommen und belastet A, Mitarbeiter des H bestochen zu haben, um seine viel zu hochpreisigen Produkte an H zu verkaufen. Die Geschäftsführung des A veranlasst eine Investigation. Das Investigation Team führt zunächst Interviews mit Vertriebsmitarbeitern durch; dabei offenbaren sich Integritätszweifel bzgl. einiger Vertriebsmitarbeiter des A. Aus den Gesprächen und ihrem Verhalten wird deutlich, dass sie alles dafür tun würden, um ihre vertrieblichen Ziele zu erreichen. Konkrete Hinweise ergeben sich jedoch nicht. Die Auswertung von Aufwandskonten, auf denen auch Geschenke und Einladungen gebucht werden, zeigt auffällig hohe Aufwendungen für Städtereisen. Ein Vorgang betrifft eine Reise nach New York. Zahlreiche Belege weisen darauf hin, dass an dieser Reise Vertriebsmitarbeiter des H unentgeltlich teilgenommen haben. Eine daraufhin angestoßene Datenanalyse ergibt, dass in den Buchungstexten zahlreiche Namen von Einkäufern diverser Kunden enthalten sind. Alle im Rahmen der Datenanalyse auffälligen Buchungen werden anschließend detailliert untersucht. Nach datenschutzrechtlicher Prüfung wird eine E-Discovery-Untersuchung ausgewählter Daten von Vertriebsmitarbeitern durchgeführt. Stichworte sind die Namen ausgewählter Einkäufer, typische Einladungen und Geschenkartikel. Ausgehend von diesen Erkenntnissen rückt die Angebotsabgabe in den Fokus. Da im Rahmen der Datenanalyse Namen von Einkäufern des Kunden H in den Reisekosten gefunden wurden, werden konkret Angebote an H der letzten zwei Jahre untersucht. Dabei fällt auf, dass die Angebote an H fast alle zum Zuge kamen, was in der Branche völlig unüblich ist. Zudem werden bei zahlreichen Angeboten Nachbesserungen vorgefunden, die dann Basis für den Zuschlag wurden. Hierauf aufbauend wird die E-Discovery Untersuchung um Schlagworte zur Angebotsabgabe (z.B. Nachbesserung, Preissenkung etc.) ausgeweitet, um Hinweise auf Kommunikation mit Einkäufern des H zur Verbesserung von Angeboten zwecks Zuschlag zu erhalten.

V. Aufklärung der steuerlichen Auswirkungen von Bilanzmanipulation

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      Der Begriff der „Bilanzmanipulation“ dient i.d.R. als übergeordneter Begriff für Unregelmäßigkeiten in der Rechnungslegung, d.h. insbesondere in Jahres- und Konzernabschlüssen. Dabei ist nicht unbedingt nur das reine Zahlenwerk (insbesondere Bilanz oder Gewinn-und Verlustrechnung, deren Basis die Buchführung darstellt) betroffen. Vielmehr können auch verbale Erläuterungen im Anhang und im Lagebericht ein falsches Bild über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln und hierdurch eine Bilanzmanipulation darstellen oder im Zahlenwerk vorhandene Bilanzmanipulationen verschleiern. Hierzu können insbesondere gehören:

unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in der Eröffnungsbilanz, im Jahresabschluss, im Lagebericht oder im Zwischenabschluss,
unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse des Konzerns im Konzernabschluss, im Konzernlagebericht oder im Konzernzwischenabschluss,
die Offenlegung eines befreienden Konzernabschlusses bzw. Konzernlageberichtes nach §§ 291, 292 HGB, in dem die Verhältnisse des Konzerns unrichtig, wiedergegeben oder verschleiert worden sind,
Abgabe einer unrichtigen Versicherung (Bilanzeid) nach § 264 Abs. 2 S. 3, § 289 Abs. 1 S. 5, § 297 Abs. 2 S. 4 oder § 315 Abs. 1 S. 6,
Erteilung unrichtiger Angaben oder Verschleierung der Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in Aufklärungen oder Nachweisen an einen Abschlussprüfer der Kapitalgesellschaft, den Abschlussprüfer eines verbundenen Unternehmens oder den Konzernabschlussprüfer nach § 320 HGB.

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      Abb. 8:

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      Zwar haben Bilanzmanipulationen oftmals auch steuerliche Auswirkungen, die in Hinblick auf mögliche Steuerstrafverfahren für die Organe erhebliche persönliche Risiken in sich bergen können, jedoch sind die steuerlichen Auswirkungen i.d.R. nicht die Hauptmotive für die Durchführung von Bilanzmanipulationen. Vielmehr rücken bei Bilanzmanipulationen regelmäßig andere Interessen in den Vordergrund. Dabei muss die Motivation zur Bilanzmanipulation nicht zwingend von dem Willen geleitet sein, dem betroffenen Unternehmen einen Schaden zuzufügen. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Krisen können Bilanzmanipulationen mit der Motivation erfolgen, das Unternehmen vor einer Insolvenz zu bewahren oder diese zumindest heraus zu zögern um Zeit für eine Lösung der wirtschaftlichen Probleme zu „erkaufen“. Dies kann die