bzw. § 30 Abs. 2 WpÜG erweitert und konkretisiert. Abgestimmtes Verhalten mit der Folge der Stimmrechtszurechnung liegt demnach vor, wenn der Meldepflichtige und der Dritte mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Beeinflussung der unternehmerischen Ausrichtung zusammenwirken, dazu zählt auch die gegenseitige Abstimmung außerhalb von Hauptversammlungen. Die Regelung in § 127 Abs. 8 S. 3 WpHG (§ 41 Abs. 4d S. 3 WpHG a.F.) verlangt für die Meldepflichten das Zusammenrechnen der Stimmrechte aus Aktien und Aktienoptionen und impliziert damit ein frühes Erreichen der Eingangsmeldeschwelle und eine Erhöhung der Meldedichte. Des Weiteren müssen Aktionäre, sobald sie 10 % oder mehr eines Unternehmens erworben haben, die mit der Beteiligung verfolgten Ziele und die Herkunft der Mittel offen legen, § 43 Abs. 1 WpHG (§ 27a Abs. 1 WpHG a.F.). Im Zusammenhang mit der Verletzung wertpapierrechtlicher Mitteilungspflichten ordnet § 44 Abs. 1 S. 3 WpHG (§ 28 Abs. 1 S. 3 WpHG a.F.) nunmehr hinsichtlich vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzungen grundsätzlich eine Verlängerung des Verlustes von Stimmrecht und Dividendenbezug um weitere sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Nachholung an, soweit die Verletzung die Höhe des Stimmrechtsanteils betrifft.
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C. Rechtsquellen
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Die für die Compliance einschlägigen Rechtsquellen sind indes – dies mag eine Nebenwirkung der beeindruckenden Dynamik der Gesetzgebung sein – ein Konglomerat aus zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Regelungsregimen, die nicht immer aufeinander abgestimmt sind. Parallelentwicklungen in den jeweiligen Rechtsgebieten führten und führen in der Praxis zu Interdependenzen und Unsicherheiten. Zunehmend wird die deutsche Kapitalmarktgesetzgebung durch den europäischen Gesetzgeber beeinflusst. Und auch die Rechtsprechung des EuGH ist für die Auslegung deutscher Kapitalmarktvorschriften, sofern diese auf EU-Recht zurückzuführen sind, maßgeblich. Daher darf ein Überblick über die wichtigsten Richtlinien und Verordnungen des europäischen Gesetzgebers der vergangenen Jahre nicht fehlen.
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Die für Compliance maßgeblichen Rechtsquellen aus dem Gesellschaftsrecht sind:
– | Deutscher Corporate Governance Kodex, |
– | § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, |
– | § 43 Abs. 1 GmbHG, |
– | §§ 823, 826 BGB, |
– | § 161 AktG. |
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Das compliance-spezifische allgemeine aufsichtsrechtliche Regelungsregime für den Bereich des Kapitalmarkts besteht aus
– | § 80 WpHG (§ 33 WpHG a.F.) i.V. mit §§ 8 ff WpDVerOV-E (§§ 12 ff. WpDVerOV a.F.), |
– | § 25a Abs. 1 KWG, |
– | § 25c Abs. 1 KWG. |
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Institute müssen nach § 25c Abs. 1 KWG über ein angemessenes Risikomanagement sowie über Verfahren zur Verhinderung von Geldwäsche oder sonstiger strafbarer Handlungen (wie z.B. Marktmanipulation, Insiderhandel, aber auch Steuerstraftaten[92]) verfügen. Machen sich Geschäftsleiter der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig oder dulden diese, kann – je nach Schwere des Verstoßes – dies ihre Abberufung nach § 36 Abs. 1 KWG zur Folge haben. Beruht ein Geschäftsmodell auf nachhaltigen Verstößen, so dass die Entfernung einzelner Verantwortlicher nicht ausreicht, kann die BaFin nach § 35 Abs. 2 Nr. 6 KWG als ultima ratio die Erlaubnis entziehen.
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In straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlicher Hinsicht sind vor allem folgende Vorschriften compliance-spezifisch:
– | die „Merkmalsüberwälzung“ der §§ 14 StGB, 9 OWiG, |
– | die bußgeldbedrohte Aufsichtspflichtverletzung, § 130 OWiG, |
– | die Verbandsgeldbuße, § 30 OWiG, |
– | bußgeld- und strafbewehrte Ge- und Verbotsnormen der Marktmissbrauchsverordnung, des WpHG (z.B. Art. 12 MAR und Art. 14 MAR), des KWG (z.B. §§ 3, 32 KWG) und des BörsG, |
– | originäre Strafnormen, insbesondere das Vermögensstrafrecht (§§ 263, 264a, 266 StGB), |
– | dazu kommen einschlägige Nebengebiete wie die Korruptions- oder die Steuerstraftatbestände. |
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Die Marktmissbrauchsrichtlinie (MAD II) und ihr folgend die Marktmissbrauchsverordnung sehen eine flächendeckende verwaltungsstrafrechtliche Sanktionierung von Verstößen gegen kapitalmarktrechtliche Pflichten vor. Der damit verfolgte Ansatz, Verstöße gegen die Pflicht zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns mit Strafe zu bedrohen, auch wenn ein Vermögensnachteil hierdurch nicht entsteht, rechtfertigt nicht stets die Etablierung strafrechtlicher Vorschriften.[93] Deshalb hat sich der deutsche Gesetzgeber zumeist für eine bußgeldrechtliche Lösung entschieden. Die Schaffung der Strafvorschrift des § 54a KWG im Trennbankengesetz begegnet vor diesem Hintergrund erheblichen Zweifeln.[94]
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Als Folge der Bundestagswahl vom 24.9.2017 dürfte damit erneut der Diskontinuitätsgrundsatz greifen.[95] Erwähnung gefunden haben bereits die Vorschläge der Europäischen Union zur Verschärfung des bestehenden Sanktionenrechts insbesondere durch Einführung neuartiger Verwaltungsstrafen.[96]
Anmerkungen
Buck-Heeb CCZ 2009, 18; Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis/Szesny 33. Kap. Rn. 1.
Spindler WM 2008, 905, 907 f.
Vgl. Fleischer ZIP 2003, 1, 10; Preussner NZG 2004, 57.
Lopmas/Kramer Corporate Internal Investigations – An International Guide, 2008, S. 288; Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis/Szesny 33. Kap. Rn. 3.
Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis/Szesny 33. Kap. Rn. 3.
Näher Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis/Szesny 33. Kap. Rn. 4.