Prinzip der Meistbegünstigung).[67] Warum die Veränderung erfolgte, ob wegen veränderter Rechtsauffassung[68] oder wegen Wandels der Verhältnisse, ist unerheblich.[69]
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Das mildeste Gesetz ist auf Grundlage aller einschlägigen Sanktionsnachteile für den konkreten Einzelfall und mit dem Ziel der für den Täter mildesten Beurteilung zu bestimmen.[70] Es gelten folgende Leitlinien: Straflosigkeit ist milder als Verurteilung, Ordnungswidrigkeitenhaftung ist milder als Strafhaftung, die Möglichkeit einer Geldstrafe ist milder als die Androhung einer Freiheitsstrafe; regelmäßig milder ist auch der Wegfall eines besonders schweren Falls oder die Einführung einer Strafmilderungsmöglichkeit.
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Ergibt der Vergleich der Strafarten kein eindeutiges Ergebnis, ist eine Prognose der Straferwartung unter Einbeziehung aller gesetzlichen Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe anzustellen, ggf. auch einschließlich von Nebenstrafen und Nebenfolgen.[71]
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Bei Änderungen der Steuergesetze, die durch das Steuerstrafgesetz in Bezug genommen werden und diese inhaltlich ausfüllen, gilt nach herrschender Meinung Entsprechendes.[72] In der die frühere Rspr. von RG und BGH nicht weiterführenden Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1965[73] heißt es, dass die Unterscheidung zwischen Änderungen der Steuerstrafgesetze einerseits und Steuergesetzen andererseits „formal und willkürlich vom Zufall der Gesetzestechnik“ abhängig sei und damit „notwendig zu unbilligen Ergebnissen“ führe. Mit dem Wechsel der Ausfüllungsnorm ändere sich auch „ein wesentliches Element des Strafgesetzes selbst“.[74]
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Besondere Fragen stellen sich, wenn Gesetze aus dem Bereich des Steuerwesens, Steuerstrafgesetze wie Steuergesetze, einer verfassungsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden und dieser mitunter nicht standhalten (zu den Folgen der Nichtigerklärung bzw. [befristeten] Weitergeltungsanordnung von materiell verfassungswidrigen Gesetzen durch das BVerfG s. Vor § 369 Rn. 18 ff.).
(2) Räumliche Geltung, §§ 3 ff. StGB
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Die räumliche Geltung der Steuerstrafgesetze bemisst sich im Grundsatz nach den allg. Regeln (§ 369 Abs. 2 i.V.m. §§ 3 ff. StGB).[75] Das Steuerstrafrecht gilt danach für Taten, deren Tatort im Inland liegt, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Täter (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 3 StGB) (zur reinen Auslandstat s. Rn. 37). Die örtliche Zuständigkeit im gerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach § 391.
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Tatort der Begehung einer Tat ist zum einen der Ort der Vornahme der Handlung (Tun) oder des Handelnmüssens (Unterlassen) des Täters oder zum anderen der Ort, an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder hätte eintreten sollen (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 StGB).
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Bei Teilnehmern ist nicht nur der Ort der Teilnahmehandlung, sondern auch der Ort der Haupttat Tatort im Sinne der Norm (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 StGB).
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Ausnahmsweise sind bei der Steuerhinterziehung auch reine Auslandstaten erfasst (§ 370 Abs. 7), deren Regelung dem allg. Strafrecht vorgeht (§ 369 Abs. 2 Hs. 2; s. auch Rn. 115). Allerdings ist bei Auslandstaten auch der Verfolgungszwang eingeschränkt (§ 385 Abs. 1 i.V.m. § 153c StPO).
(1) Täterschaft und Teilnahme
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Hinsichtlich Täterschaft und Teilnahme gelten die allg. Regeln (§ 369 Abs. 2 i.V.m. §§ 25 ff. StGB; s. etwa § 370 Rn. 14 ff., 22 ff.).
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(a) Täterschaft, § 25 StGB: Unmittelbarer Täter ist, wer die Tat „selbst begeht“ (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB), also den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht (s. auch Rn. 41 ff.). Dies ist nach Ansicht der Rspr. anhand einer wertenden Beurteilung aller Umstände zu ermitteln, wobei als entscheidungsrelevante Umstände neben dem in der Literatur vertretenen Kriterium der Tatherrschaft auch der Wille zur Tatherrschaft, die Beteiligung am Tatgeschehen und das Interesse am Taterfolg in Betracht zu ziehen sind.[76]
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Bei gemeinsamer Tatausführung auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans (Mittäterschaft) können gem. § 25 Abs. 2 StGB objektive Tatbeiträge der beteiligten Mittäter wechselseitig zugerechnet werden; die subjektiven Voraussetzungen müssen dagegen durch jeden Mittäter selbst erfüllt werden.
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Der Täterkreis kann dabei aber je nach gesetzlicher Fassung der Steuerstraftat variieren. So ist die Steuerhinterziehung in der Handlungsvariante von § 370 Abs. 1 Nr. 1 kein Sonderdelikt, weshalb Täter nicht nur der Steuerschuldner sein kann, sondern auch andere Personen wie die Hilfspersonen des Steuerschuldners (Angestellte, gesetzliche Vertreter, steuerliche Berater etc.), wenn sie die Festsetzung, Erhebung oder Durchsetzung des Steueranspruchs nachteilig beeinträchtigen.[77] Alle diese Personen müssen gleichwohl die an (Mit-)Täterschaft zu setzenden allg. Anforderungen (Rn. 40) erfüllen.[78]
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Die Steuerhinterziehung in der Unterlassensvariante von § 370 Abs. 1 Nr. 2 ist dagegen durch ihre Bezugnahme auf die Verletzung steuerlicher Pflichten nach allgemeiner Meinung ein Sonderdelikt, wodurch nur diejenigen Täter sein können, die eine konkrete Steuererklärungspflicht trifft[79] (Details s. § 370 Rn. 104 ff.). Zu diesen Pflichten gehören etwa die Anzeigepflichten zur steuerlichen Erfassung gem. §§ 137 ff.,[80] aber auch die nachträglich entstehende Anzeige- und Berichtigungspflicht gem. § 153.[81] Eine eigene