§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG gilt ein Abzugsverbot für rechtswidrig zugewendete Vorteile sowie damit zusammenhängende Aufwendungen. Es greift unabhängig davon ein, ob eine strafrechtliche Verfolgung wegen der Zuwendungen erfolgt.[1062]
407
Die in Betracht kommenden Tatbestände zählt Hinweis 4.14 EStH wie folgt auf:
– | § 108b StGB (Wählerbestechung), |
– | § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung), |
– | § 299 Abs. 2 und 3 StGB (Bestechung im in- und ausländischen geschäftlichen Verkehr), |
– | § 333 StGB (Vorteilsgewährung), |
– | § 334 StGB (Bestechung), |
– | Art. 2 § 2 IntBestG (Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem Zahlungsverkehr), |
– | § 119 Abs. 1 BetrVG (Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder), |
– | § 81 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 GWB (Vorteilsgewährung für wettbewerbsbeschränkendes Verhalten), |
– | § 405 Abs. 3 Nr. 7 AktG (Vorteilsgewährung in Bezug auf das Stimmverhalten in der Hauptversammlung), |
– | § 152 Abs. 1 Nr. 2 GenG (Vorteilsgewährung in Bezug auf das Abstimmungsverhalten in der Generalversammlung), |
– | § 23 Abs. 1 Nr. 4 SchVerschrG (Vorteilsgewährung in Bezug auf die Abstimmung in der Gläubigerversammlung). |
408
Das Abzugsverbot erfasst auch die Kosten eines nachfolgenden Strafverfahrens sowie Aufwendungen, die aufgrund einer im Strafurteil ausgesprochenen Einziehung entstehen. Zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Doppelbelastung gilt das Abzugsverbot jedoch für Einziehungsbeträge nicht, bei denen das Strafgericht die Ertragsteuerbelastung bei der Bemessung des Verfallsbetrages nicht mindernd berücksichtigt hat (s. dazu auch Rn. 373).[1063]
409
Erfahren Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden Tatsachen, die den Verdacht einer straf- oder bußgeldbewehrten Vorteilszuwendung begründen, haben sie diese der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten /-ordnungswidrigkeiten mitzuteilen (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 2 EStG). Umgekehrt ist die Finanzbehörde nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 3 EStG beim Bestehen eines entsprechenden strafrechtlichen Anfangsverdachts ohne eigene Prüfung, ob eine strafrechtliche Verurteilung in Betracht kommt, verpflichtet, die erlangten Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.[1064] Diese unterrichten die Finanzbehörde wiederum von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen (§ 4 Abs. 5 Nr. 10 S. 4 EStG). Nach AEAO zu § 160 Nr. 1 hat die Finanzbehörde bei entsprechenden Anhaltspunkten zudem stets die Benennung des Gläubigers oder des Empfängers zu verlangen.[1065] Wird der Steuerpflichtige zur Mitwirkung an der Aufklärung von Sachverhalten verpflichtet, bei denen die Finanzbehörde rechtswidrige Zahlungen vermutet, so ist er über die Mitteilungspflicht der Finanzbehörde an die Strafverfolgungsbehörde, über die Möglichkeit der Selbstbelastung und über das bestehende Zwangsmittelverbot zu belehren.[1066] Verstöße gegen die Belehrungspflicht führen zu einem strafrechtlichen Verwertungsverbot (s. dazu § 393 Rn. 5 ff.).[1067]
aa) Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit
410
Als verwaltungsrechtliche Folge einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kommt eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 S. 1 GewO bzw. nach §§ 15, 4 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 GastG wegen Unzuverlässigkeit in Betracht. Als unzuverlässig gilt ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt.[1068] Dazu ist eine Prognoseentscheidung anzustellen, für die die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend sind.[1069] Da Grund für die Gewerbeuntersagung die Unzuverlässigkeit in Bezug auf das Gewerbe ist, müssen die hinterzogenen Steuern im Zusammenhang mit dem Gewerbe stehen, wie Lohn-, Gewerbe- oder Umsatzsteuer. Personensteuern erfüllen diese Voraussetzung nur, wenn der Gewerbetreibende sich dadurch Wettbewerbsvorteile verschafft.[1070] Steuerrückstände können die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit begründen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, ist von Bedeutung.[1071] Voraussetzung ist stets ein erfolgloser Vollstreckungsversuch des Finanzamts.[1072] Ist die Vollziehung eines Steuerbescheides nach § 361 oder nach § 69 FGO ausgesetzt, darf die Nichtzahlung der festgesetzten Steuer im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren nicht berücksichtigt werden.[1073]
411
BFH[1074] und BVerwG[1075] gehen davon aus, dass es den Finanzämtern aufgrund des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Hs. 1 ohne Verletzung des Steuergeheimnisses erlaubt ist, den Aufsichtsbehörden Auskünfte über steuerliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb zu erteilen. An der Auskunftserteilung bestehe in solchen Fällen ein zwingendes öffentliches Interesse, da eine wirksame Anwendung des § 35 GewO zu einem erheblichen Teil von der Offenbarungsbefugnis der Finanzbehörden abhängt.[1076]
bb) Ausschluss von öffentlichen Aufträgen
412
Nach den Vergabeverordnungen können Bieter von der Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn sie nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt (so nach § 6 Abs. 3 Nr. 6 VOB/A und § 6 Abs. 5 Bst. c VOL/A und § 4 Abs. 9 Bst. b VOF).[1077] Die Begehung einer Steuerhinterziehung kann eine schwere Verfehlung i.d.S. begründen. Nachweislich sollen solche Verfehlungen nicht erst mit strafrechtlicher Verurteilung sein, sondern bereits dann, wenn die Tat durch erhärtete konkrete Indizien oder Beweismittel belegt ist.[1078]
413
Darüber hinaus kann sich ein Ausschluss von Aufträgen auch aus § 21 SchwarzArbG ergeben sowie aus einer in die Landeskorruptionsregister[1079] erfolgten Eintragung, die neben Korruptionsstraftaten regelmäßig auch wegen Steuerhinterziehungen[1080] und anderen Delikten, z.B. nach § 266a StGB, erfolgt. Bedenklich ist, dass eine Eintragung in die Register auch dann erfolgt, wenn das Strafverfahren nach § 153a StPO eingestellt wird. Dies lässt sich mit dem In-dubio-pro-reo-Grundsatz schwerlich in Einklang bringen.[1081]
cc) Ausweisung von Ausländern, Reisebeschränkungen
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Straffällige Ausländer können nach den Vorschriften des AufenthG aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen werden. Die Entscheidung über die Ausweisung erfolgt nach der am 1.1.2016 in Kraft getretenen[1082] und mit Wirkung zum 17.3.2016 verschärften[1083] Neufassung der Ausweisungsvorschriften des AufenthG aufgrund einer im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung aller für und