die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen werden, wenn eine unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Damit ist die Ausweisung nunmehr – anders als bei der früheren Ermessensausweisung nach § 55 Abs. 2 AufenthG a.F.[1085] – eine gebundene Entscheidung. Die Ausweisungsinteressen werden in § 54 AufenthG konkretisiert und in den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift unterschiedlich gewichtet. Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt eine Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren[1086] besonders schwer, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand. Schwer wiegt gem. § 54 Abs. 2 Nr. 1 eine Verurteilung wegen einer Vorsatztat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Zudem muss eine Wiederholungsgefahr bestehen[1087]. Die Ausweisungsvoraussetzungen für Asylberechtigte und Asylbewerber sind demgegenüber gem. § 53 Abs. 3 und 4 AufenthG erhöht. Dem Ausweisungsinteresse sind die in § 55 AufenthG typisierten und ebenfalls gewichteten Bleibeinteressen[1088] gegenüber zu stellen. Anschließend sind sämtliche Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht gegeneinander abzuwägen. Nur wenn das Ausweisungsinteresse – unter Einbeziehung der Kriterien des § 53 Abs. 2 AufenthG – das Bleibeinteresse überwiegt, kommt eine Ausweisung in Betracht. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG kann der Pass entzogen werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass sich der Passinhaber seinen steuerlichen Pflichten entziehen will.
dd) Verlust des Waffenscheins
415
Eine Waffenbesitzkarte ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 WaffG zu versagen bzw. nach § 45 WaffG zu widerrufen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Das ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 b WaffG stets der Fall, wenn in den letzten 10 Jahren eine rechtskräftige Verurteilung (z.B. wegen Steuerhinterziehung) zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erfolgt ist. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung innerhalb der letzten fünf Jahre zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder bei wiederholter Verurteilung zu einer Geldstrafe ist davon in der Regel auszugehen, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Bst. a WaffG. Zwingende Folge der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ist die Versagung oder Entziehung des Jagdscheins § 17 Abs. 1 S. 2 JagdG.[1089]
d) Berufsrechtliche Folgen
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Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kann für bestimmte Berufsgruppen zusätzlich berufsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Das gilt insb. für eine eigene Steuerhinterziehung oder die Beteiligung an einer fremden Steuerhinterziehung durch Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigte,Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte. Diese begehen damit eine nach §§ 89 ff. StBerG, §§ 67 ff. WPO bzw. §§ 113 ff. BRAO zu ahnende Berufspflichtverletzung, sofern der Verstoß entweder als „innerberuflich“ qualifiziert wird oder ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung der Berufstätigkeit oder für das Ansehen des Berufs bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 89 Abs. 2 StBerG, § 67 Abs. 2 WPO, § 114 Abs. 2 BRAO). Die Verletzung steuerlicher Pflichten soll nach der berufsrechtlichen Rspr. nicht nur dann innerberuflich sein, wenn sie im Zusammenhang mit der Beratung von Mandanten erfolgt, sondern selbst dann, wenn nur eigene steuerliche (USt-, LohnSt- sowie sogar ESt-) Pflichten verletzt werden.[1090]
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Das Verhältnis des berufsrechtlichen Verfahrens zum Strafverfahren regelt § 109 StBerG, § 83 WPO bzw. § 118 BRAO, die widerstreitende Entscheidungen vermeiden sollen, indem das das Strafverfahren Vorrang[1091] gegenüber dem berufsrechtlichen Verfahren hat. Ist gegen den Steuerberater oder Rechtsanwalt wegen der Verletzung steuerlicher Pflichten bereits eine Strafe verhängt worden, so ist nach § 92 StBerG bzw. § 115b BRAO von einer berufsgerichtlichen Ahndung wegen desselben Verhaltens abzusehen, wenn nicht eine berufsgerichtliche Maßnahme zusätzlich erforderlich ist, um den Steuerberater oder Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen des Berufs zu wahren. Der Ausschließung aus dem Beruf steht eine anderweitig verhängte Strafe oder Maßnahme nicht entgegen. Insoweit ist zu beachten, dass nach § 109 Abs. 3 S. 1 StBerG,§ 83 Abs. 2 WPO und § 118 Abs. 3 BRAO die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils im berufsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich bindend sind. Das gilt auch dann, wenn die Verurteilung auf der Grundlage einer Verständigung nach § 257c StPO und einem zu diesem Zweck abgegebenen Geständnis erfolgt ist.[1092] Hingegen soll einem Strafbefehl wegen der eher summarischen Prüfung anhand der Aktenlage keine solche Bindungswirkung zukommen.[1093] Ein Freispruch im Strafverfahren hat Bindungswirkung für das berufsrechtliche Verfahren (§ 109 Abs. 2 StBerG, § 83 Abs. 1 WPO, § 118 Abs. 2 BRAO), nicht aber eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO.[1094]
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Bei der Mitteilungen von Tatsachen, die den Verdacht einer Steuerhinterziehung begründen ist das Steuergeheimnis des § 30 zu beachten. Die Offenbarung entsprechender Kenntnisse setzt eine Ermächtigung i.S.d. § 30 Abs. 4 AO voraus. Bei der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) handelt es sich nicht um eine gesetzliche Ermächtigung i.S.d. § 30 Abs. 4 Nr. 2, sondern um eine Verwaltungsvorschrift. Nach § 120a BRAO unterrichten sich Rechtsanwaltskammer und Staatsanwaltschaft gegenseitig, sobald sie von einem Verhalten eines Rechtsanwalts Kenntnis erlangen, das den Verdacht einer schuldhaften Verletzung seiner Pflichten begründet, die mit einer der anwaltsgerichtlichen Maßnahmen nach § 114 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BRAO geahndet werden kann. Nach Nr. 23 Abs. 1 MiStra erfolgt die Mitteilung durch die Staatsanwaltschaft erst mit Anklageerhebung oder Strafbefehlsantrag. Nur beim Vorwurf der Veruntreuung von Mandantengeldern und bei Vorwürfen, die zu einem Berufs- oder Vertretungsverbot oder einer Amtsenthebung führen können, informiert die Strafverfolgungsbehörde nach Nr. 23 Abs. 2 MiStra die Rechtsanwaltskammer schon über die Einleitung des Verfahrens. Bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern erfolgt die Mitteilung gem. § 10 Abs. 1 StBerG und Nr. 24 MiStra.
419
Bei Ärzten und Zahnärzten kann nur ein schwerwiegendes, beharrliches steuerliches Fehlverhalten zur Annahme der Unwürdigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 BÄO und damit zum Verlust der Approbation gem. § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO führen.[1095]
420
Die Verurteilung geschäftsleitender Bankmitarbeiter i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 1 KWG wegen Steuerhinterziehung kann deren Unzuverlässigkeit gem. § 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG begründen und als Folge die Versagung der Erlaubnis des Kreditinstituts (§ 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG) oder die Abberufung der verantwortlichen Geschäftsleiter sowie die Untersagung der Ausübung ihrer Tätigkeit in anderen Instituten nach sich ziehen (§ 36 Abs. 1 S. 1 KWG).
421
Piloten droht bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung die Versagung der Zuverlässigkeit i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 4 LuftSiG und damit der Verlust der Fluglizenz.[1096] Einem Taxiunternehmer kann gem. § 1 PBZugV die Taxikonzession entzogen werden, weil ihm aufgrund von Verstößen gegen abgaberechtliche Vorschriften die Zuverlässigkeit i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG fehlt. Nach Ansicht des OVG NRW[1097] soll dafür bereits eine Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) ausreichen können, da Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit nicht erst bei einer strafgerichtlichen Verurteilung